An diesem Wochenende sind die ohnehin hübsch anzusehenden Allgäuer Kühe besonders prächtig: Bunte Blumen schmücken ihre Häupter, schwere Schellen an farbigen Halsbändern kündigen ihr Kommen von weitem an. Es ist wieder Viehscheid-Zeit in Bayern: Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde kehren von ihrem Sommerurlaub auf den 1.400 bayerischen Almen und Alpen zurück ins Tal.

Mit den Viehscheiden im Allgäu und den Almabtrieben in Oberbayern geht im Herbst für rund 55.000 Rinder der bayerische Bergsommer zu Ende. "Unter dem Strich ist die Saison trotz der Trockenheit gut verlaufen", sagte Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) am Samstag beim Viehscheid in Pfronten. Zwar hätten die Bergbauern auf manchen Almen und Alpen Wasser für das Vieh heranfahren oder es vorzeitig ins Tal abtreiben müssen. Den größten Teil des Sommers über seien die Bedingungen aber sehr gut gewesen. Zudem habe es keine gravierenden Unfälle gegeben.

Der Sommer ist zu Ende

Auf den knapp 700 Alpen im Allgäu haben rund 30.000 Rinder, 500 Schafe und Ziegen sowie 300 Pferde den Sommer verbracht. Auf den ebenfalls rund 700 oberbayerischen Almen waren es 25.000 Rinder, 3.900 Schafe und Ziegen sowie 500 Pferde. Nach etwa 100 Tagen auf saftigen Wiesen in luftiger Höhe begleiten sie ihre Hirten im September zurück ins Tal. Dieser Almabtrieb, auch Viehscheid oder Alpabtrieb genannt, hat in den alpenländischen Regionen eine lange Tradition. Viele Regionen feiern damit das Ende des Sommers.

Die Bezeichnung "Viehscheid" kommt daher, dass die Tiere bei ihrer Ankunft im Tal voneinander "geschieden" und nach ihrem Sommerurlaub in den Bergen wieder an ihre Besitzer übergeben werden. So bekommen die Landwirte das durch Luft, Bewegung und bestes Weidefutter gestärkte Jungvieh zurück. Manche Orte begehen die Rückkehr wie einen Feiertag: So beginnt das Viehscheidwochenende in Pfronten nach Informationen der Touristeninformation immer mit einem Festumzug mit über 1.000 Teilnehmern aus den örtlichen Vereinen. Im Bierzelt gibt es einen Heimat- und Brauchtumsabend mit Darbietungen der Trachtenvereine.

1.400 bayerische Almen in Bayern

Von den insgesamt 1.400 bayerischen Almen und Alpen wurde in den letzten vier Jahrzehnten laut Landwirtschaftsministerium keine einzige aufgegeben. Für Ministerin Kaniber ein Beleg dafür, dass der Freistaat bei seiner Förderung der Bergbauern die richtigen Impulse setzt. "Wir brauchen aktive Bergbauern. Denn sie schaffen mit ihrer harten Arbeit unter oft schwierigen Bedingungen die Basis für einen vitalen Alpenraum: eine lebendige, attraktive und nachhaltig bewirtschaftete Kulturlandschaft", betont die Ministerin.

Doch nicht nur für Einheimische und Landwirte ist der Almabtrieb ein wichtiger Termin. Auch viele Urlauber wollen dabei sein, wenn die Tiere ihre Sommerstätten im Allgäu, in Oberbayern, Tirol, Österreich, der Schweiz oder Südtirol Richtung Tal verlassen. Demgegenüber folgt der Almauftrieb im Frühsommer um Pfingsten herum meist ohne größeres Aufsehen.

An diesem Wochenende starten die Almabtriebe im Berchtesgadener Land: Am 29. September kehren die Tiere zurück nach Ramsau und Anfang Oktober ist Almabtrieb am Königssee. Dort werden die Tiere mit Spezialbooten über den See gefahren, zur Seelände gebracht und von den Bauern festlich geschmückt.