Timmy Joe Schlesinger (20) fällt eine Menge zu dem Lied ein. Er ist Vorsitzender der Evangelischen Jugend im Dekanat Weiden und stößt gerne Türen auf. "Einen Blick werfen in etwas, was man nicht greifen kann, was aber da ist", sagt er. "Wie könnte eine tolerante und offene Gesellschaft aussehen? Was könnte man dafür tun, damit sie es wird?"

Beim Kunst- und Kulturprojekt der Dekanatsjugend geht es um nicht mehr und nicht weniger als die Zukunft. 95 Thesen schlug Martin Luther 1517 an die Tür der Wittenberger Schlosskirche und initiierte die Reformation. 95 Türen wollen die Jugendlichen bis zum Jugendfestival am 1. und 2. Juli  2017 im Max-Reger-Park in Weiden präsentieren und Bewegung ins Dekanat bringen.

Bei den Vorüberlegungen spielte das Wort "Protestieren" eine Rolle. Es müsse nicht negativ besetzt sein. "Eigentlich bedeutet es: für etwas einstehen und tätig werden", sagt Schlesinger. Luther habe ja auch "einen neuen Zugang zum Himmel freigelegt mit der Reformation".

Team-Building gefragt

Ziel der Aktion sei es, möglichst viele unterschiedliche Menschen zu erreichen – auch Menschen, "die nicht aus dem kirchlichen Kosmos stammen". Sie sollen gemeinsam überlegen, diskutieren und kreativ werden. Eingebunden ist die Aktion in die bayernweite Kampagne "Reformation reloaded".

Die Teilnehmer kommen aus allen Regionen des Dekanats. Der Weidener Kirchenvorstand war schon Ende April aktiv. Unter Anleitung des Künstlers Udo Binder wurden Ideen in die Tat umgesetzt.

Türen des Kunstprojekts »Wir öffnen Türen«
Links: Der Kirchenvorstand Weiden malte eine Himmelsleiter. Rechts: Der Bezirksposaunenchor gestaltete auch eine Tür.

Der Farbpinsel wurde geschwungen, und eifrig wurden "Treppen zum Himmel" auf der Tür befestigt. Auf den Treppenstufen befinden sich Erwartungen und Wünsche an die Kirchengemeinde. Wer in den Himmel kommen will, muss vorher mit dem Hämmerchen anklopfen. In Wernberg-Köblitz öffnet sich beim Kirchenvorstand hinter der Tür ein Spiegel und suggeriert: "Man selbst ist die Antwort auf viele Fragen", erklärt Öffentlichkeitsreferentin Susanne Götte.

Anfang Juni waren schon 70 Türen angemeldet. Es machen Konfirmanden- und Kindergruppen mit, Menschen mit Behinderung, aus Wohnprojekten, außerdem Schulklassen, Pfadfinder, Katholischer Frauenbund, Flüchtlinge, Klinikseelsorger, Posaunenchöre und und und. Insgesamt hätten sich laut Götte bis dato 500 Personen daran beteiligt.

Es würden dabei die verschiedensten Techniken angewandt: bemalt und beklebt, Airbrush, Mosaik. Manche gestalten nur Türblätter, andere Türen seien zum Öffnen. Damit alle Türen stabil stehen können, seien vom Heilpädagogischen Zentrum in Irchenrieth sogenannte A-Ständer aus Holz gebaut worden. Am Samstag, 1. Juli 2017, ab 10 Uhr könnten die Türen von den teilnehmenden Gruppen angeliefert werden.

An jeder Tür erklärt ein "fact-sheet" Sinn und Bedeutung der Aktion. Und wer Lust habe, selbst aktiv zu werden, der könne noch beim Festival eine Tür mit Graffiti bemalen und gestalten, so Götte.