Ohne ihn wäre das Heilsgeschehen schließlich nicht vollendet worden. Zumindest etwas Sinn muss seine Existenz also haben. Der Mensch der Gegenwart denkt ganzheitlich genug für eine Neubewertung von Jünger Nummer 13.

Seit 2000 Jahren versuche die Menschheit, ihn zu begreifen, sagt der Schauspieler Bernd Berleb, der den Charakter unter der Regie von Michael Schmidt derzeit in Mittelfranken interpretiert. "Eins kann ich Ihnen sagen: Die Menschheit hat es nicht geschafft. Die Mühe können Sie sich sparen", sagt Berleb in Richtung des Publikums.

Wer hat noch nicht gezahlt?

Das Ansbacher Theater hat eine solche moderne Judas-Figur auf die Beine gestellt. Gespielt wird in der Kapelle der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau. Die Autorin Lot Vekemans schrieb den Monolog "Judas". Ihre Bühnenfigur spricht eine moderne Sprache und erzählt von einem jungen, zornigen Mann, der sich vom Wirken Jesu Christi mehr erhofft hatte. Die Autorin stellt dabei die Kategorien Richtig und Falsch infrage. Denn wurde die Wiederauferstehung nicht erst durch den Verrat möglich? Am Ende lernt Judas, mit seiner Schuld umzugehen.

Judas war für Berleb ein Revolutionär, der sich gegen die Macht habe auflehnen wollen: "Er hat in Jesus einen Mitstreiter für seine Ziele gesehen. Aber Jesus verfolgte ein anderes Ziel", sagt das neue Ensemblemitglied. Der Name Jesus taucht kein einziges Mal an diesem Theaterabend auf. Berleb sagt immer nur "er". Im Text selbst gebe es eine namentliche Erwähnung. "Das habe ich konsequent rausgestrichen", so Berleb. Seit dieser Spielzeit ist er Mitglied des Ensembles. Er kommt aus München und machte von 1994 bis 1997 seine Ausbildung im Schauspielstudio Willschrei. Vor drei Jahren bekam er den Darstellerpreis der Theatertage Wasserburg.

Premiere war im November

Gleich zu Beginn des Stücks stürmt Judas aus der Kapelle und kommt mit einem Kästchen mit Münzen zurück. Er unterstellt dem Publikum, dass irgendwer noch nicht bezahlt habe. Das macht Berleb in strengem Tonfall. "Ich habe die Rolle nicht so ausgelegt, dass ich unsympathisch rüberkomme. Ich glaube nur, dass Judas sich diese Art zugelegt hat, weil er Angst vor Menschen hatte", erklärt der Schauspieler.

Premiere hatte das Stück "Judas" im November. Damit erreichte die Kooperation von Augustana und Theater eine neue Stufe. "Wir arbeiten schon seit über vier Jahren zusammen, auch mit der evangelischen Kirche in Form der Theaterpredigten", stellt Intendantin Susanne Schulz fest. Zum Reformationsjubiläum gab das Stadttheater die Uraufführung des Stücks "Luther" in St. Gumbertus. Aber die Zusammenarbeit beschränkt sich bisher auf die Bezirkshauptstadt. Schulz meint: "Der nächste Schritt ist rausgehen."

Enge Verwandtschaft von Theater und Religion

Für Susanne Schulz liegt die eigentliche Basis der Zusammenarbeit mit der Kirche in einer engen Verwandtschaft von Theater und Religion. Beide beschäftigten sich mit Menschen, Werten und philosophischen Fragen. Beide hätten mal mehr, mal weniger theatralische Elemente in ihrer Darstellung. "Wir arbeiten beide mit Blick auf die Gesellschaft auf das Gute hin, auf Bildung, Erziehung und den Verstand", so die Intendantin, die im kommenden Jahr das Ansbacher Theater verlässt. "Wir haben gemeinsame Wurzeln, da muss man einfach zusammenarbeiten."

Lot Vekemans greift immer wieder zu religiösen Stoffen, ihre Stücke finden sich im Moment auf vielen Bühnen in Deutschland wieder.