Besondere Pausen finden dienstags und donnerstags in Nürnberg an den Nachmittagen statt. Pflegende Angehörige erledigen Einkäufe, besuchen einen Friseur oder einen Arzt. "Betreuungsbedürftige Verwandte werden dann bei uns von Ehren- oder Hauptamtlichen betreut", erklärt Gerontologe Georg Weigl die "Pause von Zuhause", die er mit dem Seniorenamt der Stadt Nürnberg im Café des Heilig-Geist-Spitals im Herzen Nürnbergs ins Leben gerufen hat.

An einem Tisch wird "Mensch ärgere dich nicht" gespielt, am anderen geknobelt oder einfach geratscht. Dazu gibt es ein Stück Kuchen oder einen Kaffee, jeweils gegen geringes Entgelt. Die Teilnahme ist kostenlos, erklärt Weigl, da das Projekt aus Mitteln des bayerischen Gesundheitsministeriums, durch die Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern und durch die Private Pflegepflichtversicherung gefördert werde. Als Modell für weitere Standorte werde es wissenschaftlich evaluiert.

Eben kommt ein Senior mit einer Frage zum Umgang mit dem Handy zu Peter Steinmüller. Der Diakon der Rummelsberger Brüderschaft ist zwar bereits im Ruhestand, macht aber auf Minijob-Basis im Projekt mit. "Ich bin von der Zielsetzung und auch der Umsetzung und der liebevollen Gestaltung der Angebote sehr angetan", beschreibt er sein Engagement. Dem älteren Herrn, dessen Angehörige die "Pause" gerade für einen Kurztrip in die Fußgängerzone nutzen, kann schnell geholfen werden. Dann geht es für Steinmüller mit Monopoly am Nachbartisch weiter. Zwei ältere Damen haben das Brett bereits aufgebaut. "Es entstehen hier auch ganz neue Kontakte. Pflegende Angehörige finden Menschen im selben Boot zum Austausch. Und wer beispielsweise mit einer angehenden Demenz zu kämpfen hat, kommt hier aus seinem Alltag heraus und erhält frische Impulse, die das Gehirn anregen", meint der Diakon.

Georg Weigl weiß, dass gerade Menschen im Anfangsstadium der Krankheit wache Phasen, aber auch welche haben, in denen sie hilflos sind. "Dann sind wir zur Stelle", versichert er. Zwar werde bei einem Besuch der "Pause" nicht nach Diagnose oder Pflegestufe gefragt, aber zumindest ein Aufnahmeprotokoll erstellt, mit dem man die Gäste besser einschätzen kann.

Weigl greift in den Schrank, der voll mit Büchern und Spielen ist und greift ein Spiel heraus, mit dem gerade dement werdende Menschen die grauen Zellen trainieren können. Der mehrfarbige Ball und die Stichwortkarten, mit denen Gespräche angeregt und Erinnerungen hervorgeholt werden, ist eines der kleinen Hilfsmittel, mit denen die Zeit an den Nachmittagen sinnvoll und kurzweilig genutzt wird. Es gibt aber auch Filmnachmittage, Musik oder Lesungen und Kreativgruppen. Unter dem Motto "Pflegekunst" bietet die Nürnberger Textilkünstlerin Sylvie Ludwig regelmäßige Workshops mit Kunst zum Mitmachen an.

Neben der Cafeteria läuft gerade eine Schulung zum "Alltagshelfer". Den Organisatoren sei eine professionelle Ausbildung für die Ehrenamtlichen wichtig, erklärt Weigl. Eine von Ehrenamtliche ist Diana Zipperlen. Die Nürnbergerin fand den Titel spannend. "Für die Leute, die hierherkommen, findet Entlastung in der Beziehung statt, egal, ob Tochter und Mutter oder Ehepartner", sagt sie. Und das gibt ihr und den anderen Mitarbeitenden auch viel zurück. "Eine demente Frau, die vergangene Woche zum ersten Mal hier war, hat mich wieder erkannt. Das ist doch schön - wow!"

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