"Wir bitten um Entschuldigung", ruft Jesuitenpater Jörg Alt in sein Megaphon, als er gemeinsam mit Wissenschaftlern 100 Sekunden vor 12 Uhr die Straße am Münchner Stachus blockiert. Mit wissenschaftlichen Papern und weißen Kitteln ausgestattet, wollen sie auf den Klimanotstand aufmerksam machen. Dazu gebe es keine Alternative als diese Störung, so der 61-jährige Priester. Er fordert von der Politik, den Klimanotstand einzugestehen.

Wissenschaftler solidarisieren sich mit zivilem Ungehorsam

Außerdem müsse auf eine Politik umgestellt werden, die den Ausstoß von Treibhausgasen vermeide. Drittens müssten die ärmsten Länder, die am meisten unter den Folgen des Klimawandels litten, finanziell unterstützt werden. Die Wissenschaftler, von denen sich einige bei Scientist Rebellion engagieren, wollen sich nach eigenen Angaben mit gewaltlosen Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen die Klimakrise solidarisieren. Solidarisch begleitet wird die Aktion von einer Gruppe katholischer Ordensleute rund um Jörg Alt.

Die Aktivisten rechtfertigten ihre Störung damit, dass der Zusammenhang zwischen fossilen Emissionen und globaler Erhitzung durch die Wissenschaft belegt sei. Doch die Wissenschaft würde von der Politik ignoriert, sagt einer der Beteiligten, der anonym bleiben möchte. Da typische Formen des Protests wie Gespräche oder Petitionen nicht gewirkt hätten, um die globale Erwärmung einzudämmen, müssten solcherlei Störaktionen durchgeführt werden, findet die Ökotrophologin Cornelia Huth von Scientist Rebellion.

Erkenntnisse der Klimawissenschaften bekannt machen

Ihr Appell, den unter anderem der Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt initiiert hat, ruft dazu auf, "alles zu tun, um die Erkenntnisse der Klimawissenschaften im öffentlichen Raum bekannt zu machen." Alt überreicht zu Beginn der Blockade den Appell an eine Frau aus der Gruppe, die die Botschaft zum gegenüberliegenden Justizpalast bringt. Anlass für die Aktion am Freitag ist der parallel in Augsburg stattfindende Parteitag der CSU.

Mit dem Appell wolle man die Entscheidungsträger auf politischer Ebene erreichen, um das "Weiter so" zu stoppen, sagt Alt, der sich im Verlauf der Störung mit einer Hand auf der Fahrbahn festklebt. Er kritisiert, dass die CSU als christliche Partei im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels mehr tun müsse, als Kreuze aufzuhängen.

Auch die Entscheidungsträger in der katholischen Kirche sollten ihren Einfluss geltend machen, "sodass der fossile Irrweg schnellstmöglich gestoppt und eine Wende vollzogen wird", fordert Alt. Angesichts des Notstands der Erde sei es nicht mehr möglich, Theologie zu betreiben, "die diese Notlage nicht als ihre zentrale Herausforderung begreift", heißt es in dem Papier, das rund 100 Wissenschaftler und Theologen unterschrieben haben.

Verdacht der Nötigung im Straßenverkehr

Angesichts der Dramatik der Situation "und der Unzulänglichkeit bisheriger Diskurswege" rufen die Initiatoren dazu auf, zivilen Ungehorsam gegen die ökologische und klimatische Krise solidarisch zu unterstützen. Wie die Pressestelle der Münchner Polizei mitteilte, wurden die blockierenden Personen zur Identitätsfeststellung und weiteren polizeilichen Sachbearbeitung ins Polizeipräsidium gebracht. Wegen des Verdachts der Nötigung im Straßenverkehr sowie Verstößen gegen das Versammlungsgesetz würde Anzeige erstattet, heißt es.

Der Jesuitenpater Jörg Alt klebte bereits im Februar bei Protesten in Nürnberg an der Straße. Er hatte sich zuvor schon für ein "Essen-retten"-Gesetz und eine Agrarwende stark gemacht. Im Dezember 2021 holte er brauchbare Lebensmittel aus Containern und verteilte sie anschließend in der Nürnberger Innenstadt. Daraufhin zeigte er sich selbst an, die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren ein, welches jedoch "mangels Tatbeweis" eingestellt wurde.