Ein Guglhupf für zwei, Ratsch inklusive: Mit einer Programmwoche öffnet das ökumenische Nachbarschaftscafé "JoMa" am 9. Mai seine Kaffeehaustüren im Münchner Stadtviertel Au.
Das Café samt Veranstaltungsraum liegt im Neubaugebiet auf dem ehemaligen Paulanergelände und soll die Begegnung von Alteingesessenen und Neuzugezogenen ermöglichen. "Wir wollen die Menschen hier ermutigen, ihre Nachbarschaft selbst zu gestalten", sagte Projektleiterin Julia Schroll dem Sonntagsblatt.
Johanneskirche und Maria Hilf kooperieren
Das "JoMa" wurde vom gleichnamigen Verein ins Leben gerufen, der von der evangelischen Johanneskirche Haidhausen und der Pfarrei Maria Hilf in der Au getragen wird. Die Stadt finanziert 80 Prozent der laufenden Kosten, den Rest müssen die Kirchengemeinden aufbringen. Je 120.000 Euro Starthilfe haben die evangelische Landeskirche und die katholische Erzdiözese in die Begegnungsstätte investiert.
Das Café mit seinem Charme aus Flohmarktstühlen, antiken Lampen und schicken Möbeln dient als niedrigschwelliger Zugang für Passanten und Gesprächssuchende. Hier führt Gerald Kaufmann das Regiment: Der gelernte Koch hat viele Jahre lang Restaurants konzipiert, eröffnet und begleitet und bei Events wie der Bambi-Verleihung die Haute volée bewirtet. Jetzt bringt er mit seinem inklusiven Team von "diakonia inhouse" das "JoMa" in Schwung.
Gäste sollen erfreut nach Hause gehen
"Das Ziel von guter Gastronomie ist immer dasselbe: Der Gast soll erfreut nach Hause gehen", sagt der gebürtige Österreicher, der sich darauf freut, wieder selbst am Herd zu stehen. Das nötige Gespür für Menschen mit Vermittlungshemmnissen bringt Kaufmann von zu Hause mit: Seine Tochter hat Trisomie 21,
"von ihr habe ich viel gelernt."
Mit seinen Kolleginnen und Kollegen will er dem "JoMa" Kaffeehaus-Feeling einhauchen: Der Cappuccino aus der glänzenden Siebträgermaschine kommt samt Wasserglas auf dem Silbertablett, und der Keks dazu ist selbstgebacken. Regionale, nachhaltige Küche ohne Lebensmittelverschwendung ist Kaufmanns Ziel. Kuchen, Bagels und Brettljause gibt es hier den ganzen Tag - ergänzt um einen kleinen Mittagstisch mit gestaffelten Preisen.
"Der niedrigste Preis deckt nur die Lebensmittel ab, mit dem höchsten Preis übernimmt jemand die Betriebskosten für einen anderen", erklärt Julia Schroll das Konzept.
Die Sozialpädagogin ist bei der Caritas München-Ost angestellt und übernimmt die inhaltliche Seite des "JoMa". Sie will mit den Gästen ins Gespräch kommen "und schauen, was die Themen im Viertel sind". Dabei sei ein Treffpunkt für die Nachbarschaft nicht nur etwas für soziale Brennpunktviertel. "Auch Leute mit mehr Geld auf dem Konto können soziale Probleme haben", sagt Schroll.
Hilfe, aber auch Yogakurse und Krabbelgruppen
Wer Hilfe sucht, bekommt sie in Schrolls Büro oder bei einem der Pfarrer, die immer wieder - mit JoMa-Anstecker am Revers - auf einen Kaffee vorbeischauen wollen. Auch der Veranstaltungsraum, der einen halben Stock über dem offenen Café liegt und mit einem Vorhang abgetrennt werden kann, bietet sich für Gespräche an. Hier soll in Zukunft auch Platz sein für Yogakurse oder Krabbelgruppen, Vorträge oder Seniorentreffs. "Alles ist möglich", sagt die Projektleiterin - doch was die Menschen in der Au am Ende aus "ihrem" Begegnungsort machen, würden erst die nächsten Monate zeigen.
Denn was die Nachbarschaft ausmacht, ist für jeden etwas anderes. Für Julia Schroll bedeutet es,
"zu wissen, wer da eigentlich wohnt, wer gern auf eine Ratsch stehen bleibt - und wer das nicht so mag".
Schließlich leben Nachbarn zwar nebeneinander, teilen aber nicht unbedingt die gleichen Interessen und Einstellungen - ein möglicher Quell für Streitigkeiten aller Art.
Was man dagegen tun kann? "Sich auf eine gute Tasse Kaffee treffen und darüber reden, welche gemeinsamen Vorstellungen man trotzdem hat", sagt Schroll und lacht.