München, Nürnberg (epd). Die Diakonie Bayern kritisiert die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber in Bayern. Die angeführten Argumente seien nicht stichhaltig und widersprächen den Einschätzungen von Experten, sagte Diakoniepräsidentin Sabine Weingärtner am Mittwoch. 75 Prozent aller Überweisungen ins Ausland gingen in andere Länder in Europa. Nur rund zwölf Prozent der Überweisungen gingen in Länder wie Syrien, Afghanistan oder den Irak, aus denen die meisten Asylbewerber stammten.

An diesem Donnerstag soll die Bezahlkarte in vier Pilotregionen starten, nämlich in den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Traunstein und Günzburg sowie der kreisfreien Stadt Straubing. Im Laufe des zweiten Quartals soll sie dann flächendeckend im Freistaat eingesetzt werden, kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Mittwoch in München an. Mit der Geldkarte wolle man Schleusern und Schleppern den Geldhahn zudrehen sowie die sozialen Anreizfaktoren für Asylbewerber reduzieren.

Eine Argumentation, der die Diakonie Bayern nicht folgen will. Überweisungen ins Ausland spielten erst dann eine Rolle, wenn die Betroffenen eine Arbeit und damit ein gesichertes, selbst erarbeitetes Einkommen hätten, sagte Weingärtner. "Die Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind viel zu gering, um größerer Beträge in die Herkunftsländer zu schicken." Gleiches gelte für das Argument, Geflüchtete würden mit ihren Sozialleistungen Schlepperbanden finanzieren.

Weingärtner stützt sich mit ihren Aussagen auf die Einschätzung der Diakonie-Beratungsstellen. Als Alternative schlägt sie die Überweisung der Leistungen auf ein Konto vor. Dies würde die hohen Einführungs- und Systemkosten einer Bezahlkarte sparen. Dadurch würden Asylbewerber auch nicht an der Teilhabe am sozialen und wirtschaftlichen Leben eingeschränkt. "Die Bezahlkarte ist nicht nur ein bürokratischer Mehraufwand. Sie entmündigt auch die Betroffenen und ist Ausdruck eines grundsätzlichen Misstrauens gegenüber Geflüchteten."

Mit der neuen Bezahlkarten können Asylbewerber laut Ministerpräsident Söder für Essen, Kleidung und Kommunikation bezahlen sowie 50 Euro im Monat Bargeld abheben, etwa für Bahntickets oder Pausensnacks. Online-Shopping, Glücksspiel und Überweisungen an Dritte oder ins Ausland seien nicht möglich. Außerdem könne ihr Einsatz auf ein bestimmtes Postleitzahl-Gebiet eingeschränkt werden. Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) betonte, dass die Bezahlkarte auf dem Mastercard-System basiere, das etabliert, anerkannt und weit verbreitet sei. Zusätzliche Verträge mit Händlern seien nicht nötig.

Die Kosten für die Entwicklung der Karte übernimmt der Freistaat Bayern. Konkrete Zahlen wollte Kirchner zunächst aber nicht nennen. Der Landrat von Fürstenfeldbruck, Thomas Karmasin (CSU), der zugleich Präsident des Bayerischen Landkreistages ist, sagte, dass die Bezahlkarte neben der Reduzierung von Pull-Faktoren auch eine Verwaltungserleichterung für die Kommunen bedeutet, weil nun kein Bargeld mehr ausgeben werden müsse. Eine Entwürdigung der Asylbewerber sehe er nicht, weil bargeldloses Bezahlen weit verbreitet sei. Die Bezahlkarten erhalten insgesamt 70.000 Asylbewerber ab 14 Jahren.

Die Ministerpräsidentenkonferenz und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatten sich im vergangenen November auf die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt. Auf eine bundeseinheitliche Einführung wollte Bayern laut Söder aber nicht warten. Im vergangenen Jahr hatten fast 330.000 Menschen in Deutschland einen Asylantrag gestellt, Söder rechnet für dieses Jahr mit ähnlich hohen Zugangszahlen.

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