München, Eisenach (epd). Wissenschaftler aus München und Jena haben in einem Buch Entstehungsgeschichte, Tätigkeit und Nachhall des 1939 gegründeten Eisenacher "Entjudungsinstitut" untersucht. Das unrühmliche Wirken der Institution, die alles Jüdische aus der Bibel, Gesangbüchern oder Kirchengebäuden tilgen wollte, sei lange Zeit im Dunkeln geblieben, sagte der Jenaer Kirchenhistoriker Christopher Spehr am Freitag bei der Vorstellung. Als Grund vermutet er, dass führende Protagonisten ihre Karriere in der evangelischen Kirche nach dem Krieg fast nahtlos fortsetzten.

Als Beispiel führte er den 1976 gestorbenen Theologen Walter Grundmann an. Als erster Wissenschaftlicher Leiter des Instituts lehrte er an der Schiller-Universität in Jena Neues Testament und Völkische Theologie. Etwa ab 1954 war er nach Spehrs Angaben Rektor des Eisenacher Katechetenseminars und dort auch an der Kirchenmusikschule engagiert. Belastet seien zudem der Professor für Systematische Theologie, Heinz-Erich Eisenhuth, ab 1952 Superintendent im Kirchenkreis Eisenach, und Herbert von Hintzenstern, von 1968 an Leiter des Eisenacher Lutherhauses und von 1956 bis 1981 Chefredakteur die Kirchenzeitung "Glaube und Heimat".

Von Schuldbewusstsein sei bei den Theologen nach dem Krieg keine Rede gewesen, sagte der Münchner Kirchenhistoriker Harry Oelke. Vielmehr behaupteten sie, ihre Bemühungen hätten darauf abgezielt, die Kirche im Nationalsozialismus zu erhalten und den Glauben zu bewahren. Sogar eine Umwandlung des Instituts in eine ökumenische Forschungsstelle sei im Gespräch gewesen.