München, Nürnberg (epd). Am 15. April vor einem Jahr sind die letzten drei deutschen Atomkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland vom Netz gegangen. Damit endete das Atomzeitalter in Deutschland. Doch während Atomkraftgegner, Umweltschützer und auch die Grünen das zum ersten Jahrestag als großen Erfolg feiern, gibt es nach wie vor Atomkraft-Befürworter, zum Beispiel den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Söder hält neue Atomkraftwerke aus Klimaschutzgründen für nötig - vor allem Kernfusion und Kleinstreaktoren befürwortet er. "Hirngespinste", kontert der Bund Naturschutz in Bayern (BN).

Der BN-Vorsitzende Richard Mergner sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch, es sei eines Ministerpräsidenten "nicht würdig", beim Thema Atomenergie immer wieder bewusst Falschaussagen und Halbwahrheiten zu verbreiten. Strom aus Atom sei mit den derzeit verfügbaren Technologien weder sicher noch sauber oder billig. Alle - auch von Söder - beschworenen Horrorszenarien seien mit der Abschaltung der drei deutschen AKW nicht eingetreten: "Weder sind die Lichter ausgegangen oder die Strompreise explodiert, noch wurde mehr Kohle verstromt. Stattdessen haben die erneuerbaren Energien Rekordwerte erreicht!"

Auch die Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag erinnerte an den bevorstehenden Jahrestag der AKW-Abschaltung am kommenden Montag. "Bayern ist ohne Atomkraft sicherer", sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze laut Mitteilung. Ein Jahr nach dem finalen Atomausstieg sei klar, dass alle Befürworter der Atomenergie falsch gelegen hätten: "Wir hatten und haben ausreichend Strom zur Verfügung." Die Strompreise seien heute niedriger als vor dem AKW-Aus, erläuterte Schulze weiter. Bayern brauche keine Staatsregierung, "die im Gestern festhängt", einem "Technologie-Dinosaurier" nachtrauere und "AKW-Mythen" erzähle.

Auch Mergner bedauerte die "unlautere Panikmache" vor allem von konservativen Politikern: "Das soll nur dazu dienen, die Atomkraft auch bei uns wieder salonfähig zu machen." Fakt aber sei, dass die Atomkraft keine der aktuellen Herausforderungen löse. "Der Freistaat will bis 2035 klimaneutral sein", weist Mergner auf die selbst gesteckten Ziele der Staatsregierung hin: "Alle ernstzunehmen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sagen, dass bis dahin keine einsatzfähigen Kernfusionsreaktoren existieren werden." Die Staatsregierung wolle mit ihrem Atom-Kurs von eigenen Fehlern, etwa beim Windkraft-Ausbau, ablenken.

Mergner erinnerte an die schweren Atomunglücke der vergangenen Jahrzehnte. "In Bayern werden immer noch viele Wildschweine in die Tierkörperverwertung gegeben, weil sie zu hoch mit Strahlung belastet sind", sagte er mit Blick auf den Super-GAU von Tschernobyl 1986. Auch in Japan seien in der Region Fukushima nach wie vor viele Hundert Quadratkilometer Sperrzone mit verstrahlter Landschaft, "Man kann das natürlich alles ausblenden und weiter falsche Dinge behaupten - Mitglieder der bayerischen Staatsregierung sollten das aber nicht weiter tun."

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