"Wie bei einer großen Schwester habe ich mich gefühlt", der 38-jährige Ahmad Al Freej ist voll des Lobs, wenn er über seine Erfahrungen mit der Asylsozialberatung in einer Nürnberger Flüchtlingsunterkunft spricht. Seit fünf Jahren ist der gebürtige Syrer in Deutschland, er hat Kurse besucht, gut deutsch gelernt, konnte seine Schwester nachholen.

Ohne Monika Schandri von der Arbeiterwohlfahrt wäre er völlig überfordert gewesen von dem, was die Botschaft von ihm wollte oder den Anträgen an Jobcenter und das Sozialamt. Auch bei der Wohnungssuche braucht er Unterstützung, sagt er. Die ist bisher noch nicht erfolgreich gewesen.

Asylsozialberater fordern mehr staatliche Hilfe für Beratungsstellen

Vor kurzem hat die Grünen-Landtagsabgeordnete Gülseren Demirel bei einem Online-Fachtag mehr Stellen für die Asylsozialberatungen gefordert, damit beispielsweise jungen Flüchtlingen bei der Arbeitsplatzsuche besser geholfen werden könne. Nun drohen aber gerade für diese Arbeit Jobs wegzufallen. Landesweit würden die Sozialberatungsstellen von 620 auf 573 gekürzt, teilt Kristina Kühl von der Arbeiterwohlfahrt in Nürnberg mit.

Asylsozialberaterinnen- und berater aus Franken haben daher jetzt einen Offenen Brief an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) geschrieben. Sie fürchten, die Träger der Beratungsstellen würden nicht mehr lange über die finanziellen Möglichkeiten verfügen, "solche Arbeitsbereiche dauerhaft quer zu subventionieren". Daher müsse ihre Tätigkeit kostendeckend finanziert werden, fordern sie. Die schwierige finanzielle Lage gerade in Corona-Zeiten dürfe kein Grund sein, "ausgerechnet an den Schwächsten der Gesellschaft zu sparen".

Innenministerium: Mittel für Wohlfahrtsverbände wurden aufgestockt

Das Innenministerium allerdings kann gar nicht sehen, dass die finanziellen Mitteln für die Beratung in Flüchtlingsunterkünften gekürzt würden. Es gebe nach den jüngsten Verhandlungen mit den Wohlfahrtsverbänden sogar drei Millionen Euro mehr und eine Planungssicherheit für die kommenden drei Jahre, geht aus einer Auskunft aus dem Innenministerium auf eine epd-Anfrage hervor. Es sei der Wunsch der Einrichtungsträger gewesen, die staatliche Förderpauschale pro Beratungskraft anzuheben und zwar um 5.600 Euro. Dafür sinke nun die Gesamtzahl der förderfähigen Stellen.

Kirche muss sparen

In den Asylunterkünften, in denen diakonische Träger die Asylsozialberatung übernommen haben, hat die evangelische Landeskirche die Stellen bisher im Durchschnitt jährlich mit 19.000 Euro gefördert, wie Bettina Naumann, theologische Referentin bei der bayerischen Landeskirche für Fragen der Diakonie, erklärt. 1,9 Millionen Euro flossen in den vergangenen fünf Jahren jährlich in die Migrationsberatung. Weil nun aber auch die Kirche sparen muss, werde der Zuschuss ab 2021 voraussichtlich auf 14.000 bis 16.000 Euro sinken.

Der Freistaat hat die Mittel nicht gekürzt, räumt Naumann ein, aber er hat sie auch nicht so aufgestockt, dass die Kirche weniger drauflegen muss. Nun blickt die Pfarrerin mit Sorge auf diesen Bereich. Die Tätigkeit sei ein schwerer, verantwortungsvoller Job, sagt sie. Der müsse von gut ausgebildeten und gut bezahlten Fachkräften gemacht werden. Wenn diese Sozialarbeiter nicht mehr bezahlt werden könnten und abgezogen werden müssten, wolle sie sich nicht vorstellen, was das für ein Ankerzentrum bedeute, wenn die Flüchtlinge niemanden mehr haben, an den sie sich wenden können.

"Wir tragen erheblich zum Camp-Frieden bei"

"Wir sind kein Luxusartikel", stellt Stephan Höpfner fest, der für die Rummelsberger Diakonie in der Beratung arbeitet. "wir tragen erheblich zum Camp-Frieden bei", ist er überzeugt. "wir können vermitteln, weil man uns kennt". Das stellt auch die Regierung von Mittelfranken fest: Die soziale Beratung könne "schon vor der Konfliktentstehung positiv auf das Miteinander in Asylunterkünften einschließlich Anker-Einrichtungen einwirken", so ein Sprecher.

Doch das Dilemma für die Träger bleibt: Wenn die Staatsregierung die Förderung der Asyl- und Migrationsberatung nicht noch einmal aufstockt, machen die Träger "gewaltige Verluste", schreiben die Asylberater und Flüchtlingsunterstützer im Brief an den Innenminister. Verbände würden in ernsthafte Schwierigkeiten kommen und letztlich aus dem Arbeitsbereich aussteigen, so wie das die AWO, Kreisverband Nürnberg, bereits angekündigt hatte.

Sie wollen nicht, dass Geflüchtete alleingelassen werden. Sie wollen selbst aber auch nicht ihren Arbeitsplatz verlieren, schreiben die Berater dem Innenministerium. "Für uns Beschäftigte heißt dies Arbeitplatzverlust, soziale Unsicherheit, Zukunftsangst". Aber die betroffenen Asylbewerber sind diejenigen, die letztlich darunter leiden würden, wenn sich die Verbände die Beratung nicht mehr leisten können oder wollen. "Wenn das nicht mehr ist, was sollen wir Flüchtlinge machen?", fragt Ahmad.