Während der Corona-Pandemie ist die Zahl der Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern um rund die Hälfte gesunken. Das Bundesinnenministerium bestätigte am Dienstag in Berlin einen Bericht der Zeitungen der Funke Mediengruppe, wonach sich die Zahl der Abschiebungen in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 10.951 auf 5.022 reduziert hat.
Die Gesamtzahl der Ausreisepflichtigen ist den Angaben zufolge bis Ende Mai innerhalb eines Jahres von 245.597 auf 266.605 gestiegen.
Von diesen Menschen hatten aktuell 215.613 und im vorigen Jahr zum selben Zeitraum 139.044 eine Duldung. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte zu den Zahlen, im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verweigerten zahlreiche Staaten weiterhin die Einreise ausländischer Staatsangehöriger oder beschränkten diese auf unabdingbare, wenige Fälle.
Die zuständigen Bundes- und Landesbehörden arbeiteten intensiv daran, dass trotz widriger Umstände vor allem Gefährder und Intensivstraftäter in ihr Heimatland zurückgeführt werden könnten. Das Innenministerium dringe bei den Herkunftsstaaten "auf eine baldige Wiederaufnahme von Rückführungen", erklärte der Sprecher.
Zunächst sollten Rückführungen in Regionen aufgenommen werden, wo praktische Hindernisse keine entscheidende Rolle spielten, wie beispielsweise in Westbalkan-Länder.
Dem Bericht der Funke Zeitungen zufolge führt die Bundespolizei eine Liste mit 121 Zielstaaten, die nach einem Ampelsystem aufgebaut ist.
Grün bedeute, dass Abschiebungen möglich sind, bei Gelb nur im Einzelfall und bei Rot seien sie untersagt. Nach Funke-Informationen wird derzeit kein Staat auf der Liste unter Grün eingestuft.
"Angesichts der stetig wachsenden Asylzugangszahlen sollten die Länder auch das Thema Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer wieder aufnehmen und forcieren", sagte der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster den Funke-Zeitungen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte, ihm sei wichtig, "dass wir entsprechend dem Rückgang der Infektionszahlen auch wieder zur Normalität bei den Abschiebungen zurückkehren".
Er sei fest davon überzeugt, "dass ein Asylsystem auf die Dauer nur dann akzeptiert wird, wenn der Rechtsstaat seine positiven wie negativen Entscheidungen auch konsequent umsetzt."
Die AfD forderte, die versäumten Abschiebungen zügig nachzuholen und die Zahl der Abschiebungen insgesamt deutlich zu erhöhen.
Der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Tino Chrupalla, erklärte, es müsse zur vorrangigen Aufgabe der deutschen Diplomatie werden, auf die Heimatländer der Ausreisepflichtigen einzuwirken und deren zügige Rückkehr zu ermöglichen.