Die Diskussion um mehr Frauen in Führungspositionen in der bayerischen evangelischen Landeskirche geht in die nächste Runde. Die Synodale Constanze Pott, Expertin für das Thema "Frauen in Führungspositionen", lehnt eine flexible Frauenquote ab - und fordert eine Quote von mindestens 50 Prozent.

"Frauen sind in der Kirchenleitung eine benachteiligte Gruppe. Männer derzeit nicht",

betont sie in ihrer Antwort auf ein Schreiben des landeskirchlichen Personalchefs Stefan Reimers vom Freitagabend. Reimers hatte am Donnerstag eine flexible Frauenquote zwischen 40 und 60 Prozent bei Leitungsämtern ins Gespräch gebracht, eine starre Quote von 50:50 hingegen lehnt er ab.

Pott fordert zeitlich begrenzte Mindestquote von 50 Prozent

Damit aber will sich Constanze Pott, die die Interessen der Synodalen in der Frauenfrage vertritt und sich in dem Schreiben als "Prozessbegleitung für die synodalen Bestrebungen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zu mehr Frauen in Führung, Chancengleichheit und strategische Führungskräfte-Förderung" bezeichnet, nicht zufriedengeben.

Eine gerechte und wirksame Beteiligung an der Kirchenleitung erfordere eine zeitlich begrenzte Mindestquote für Frauen von 50 Prozent, schreibt Pott. Und zwar so lange, bis die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an der Kirchenleitung erreicht und gesichert sei.

"Nur wenn Frauen in Leitungsgremien und Führungspositionen für eine Zeit von mindestens 20 Jahren mit einer klaren Mehrheit beteiligt sind, kann ein echter Struktur- und Kulturwandel in der Kirchenleitung gelingen."

Eine 40-Prozent-Quote auch für Männer würde von vornherein ausschließen, dass Frauen in Zukunft auch einmal eine Mehrheit von mehr als 60 Prozent in Leitungsgremien und Führungspositionen erreichten, gab Pott zu bedenken. Für sie ist Frauenförderung zugleich auch Nachwuchsförderung, denn: Frauen bildeten unter den theologischen Mitarbeitenden in absehbarer Zeit eine deutliche Mehrheit.

Pott kündigte zudem an, dass die synodalen Bestrebungen in der Frauenfrage darauf abzielten, "konkrete Gesetzesänderungen und sehr konkrete Maßnahmen in der Herbstsynode 2024 und den folgenden Tagungen zu fordern und zu beschließen".

Oberkirchenräte: Zehn Jahre keine Frau bei Neubesetzung 

Die Diskussion um eine Frauenquote für landeskirchliche Führungsämter war Mitte Juni aufgekommen, als mit Jonas Schiller erneut ein Mann für einen Regionalbischofs-Posten ausgewählt wurde. In den vergangenen zehn Jahren war keine Frau bei Neubesetzungen von Oberkirchenrats-Posten zum Zug gekommen. Die zwölf Oberkirchenrätinnen und Oberkirchenräten gehören zu den einflussreichsten Personen der bayerischen Landeskirche. Zusammen mit dem Landesbischof bilden sie den Landeskirchenrat, den man im Politikersprech als Kabinett oder Exekutive bezeichnen könnte. Derzeit sitzen zehn Männer und drei Frauen in dem Gremium.

Personalchef Reimers und der für die Besetzung von Oberkirchenrats-Posten zuständige Berufungsausschuss veröffentlichten am Mittwoch in kircheninternen Schreiben, die dem Sonntagsblatt vorliegen, Zahlen zur Bewerbungslage von Frauen für Führungsämter. Dabei kam heraus, dass in den zwei mehrheitlich ehrenamtlich besetzten Führungsgremien "Landessynode" und "Landessynodalausschuss" jeweils mit rund 53 Prozent ein kleiner Frauenüberschuss herrscht. Im Landeskirchenrat hingegen, wo hauptamtliche Führungskräfte sitzen, sieht die Sache anders aus. Hier gingen Frauen besonders oft leer aus.

Laut dem Berufungsausschuss gab es in den vergangenen zehn Jahren neun Besetzungsverfahren in den derzeit sechs Kirchenkreisen - also fürs Regionalbischofsamt. Beworben haben sich insgesamt 29 Männer, zwölf Frauen und vier Ehepaare. Die Stellen wurden fünfmal mit einem Mann, dreimal mit einer Frau und einmal mit einem Ehepaar besetzt.

Auch die Abteilungsleiter im Landeskirchenamt in München, der Verwaltungszentrale der rund 2,1 Millionen Protestanten im Freistaat, sind Oberkirchenräte. In den vergangenen zehn Jahren haben sich zwölf Männer und drei Frauen auf Theologische Oberkirchenrats-Posten beworben - dreimal kam ein Mann zum Zug. Auch Juristische Oberkirchenrats-Posten wurden viermal mit einem Mann besetzt - obwohl sich neben 39 Männern auch 15 Frauen beworben hatten.

In den Zahlen sind allerdings auch Bestätigungen im Amt enthalten: Die Amtszeit eines Oberkirchenrats oder einer Oberkirchenrätin dauert zehn Jahre, danach kann der Landeskirchenrat die Person im Amt bestätigen. Bei Neubesetzungen von Oberkirchenrats-Posten hingegen wurde nach sob-Recherchen in den vergangenen zehn Jahren keine Frau berücksichtigt. Der Landeskirchenrat und seine Zusammensetzung stehe derzeit besonders im Fokus und offenbare den größten Handlungsbedarf, konstatierte Pott.

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