Die Sirene heult! Von allen Seiten strömen Feuerwehrmänner und -frauen herbei, schlüpfen in die Schutzkleidung und springen ins Fahrzeug. Der Fahrer schaut in die Reihen und sagt: "Nein, wir können so nicht zum Löschen ausrücken. Es sind zu wenige Frauen an Bord." Absurdes Szenario? Nicht in der bayerischen Landeskirche.

Scharenweise treten Menschen aus der evangelischen Kirche aus. Es müsste Alarmstimmung herrschen. Was tut die Kirche? Beschäftigt sich wieder nur mit sich selbst. Diesmal mit der Frauenquote. Angefacht durch die Wahl "wieder eines Mannes" auf den Posten des Regionalbischofs von Bayreuth, die eine Dekanin in einem Video und einem Interview bei uns kritisiert hat.

Frauen sind klar in der Mehrzahl

Die Kritik macht aber hellhörig: Nur drei von 13 Mitgliedern des Landeskirchenrats sind Frauen. Warum ist das so: Bewerben sich weniger Frauen auf Leitungsposten? Sind die entscheidenden Gremien zu männlich besetzt und begünstigen die Geschlechtsgenossen? Müssen die Arbeitsbedingungen für solche zeitintensiven Jobs wie den eines Regionalbischofs überdacht werden, dass diese auch mit Familie und Kindern zu vereinbaren sind?

Blickt man in die Reihen des Pfarrpersonals in der Landeskirche oder auf den Nachwuchs im Predigerseminar, sind Frauen klar in der Mehrzahl. Die Gründe, weshalb sich nur wenige dieser ebenso gut wie ihre männlichen Kollegen ausgebildeten Theologinnen in leitenden Funktionen in der Kirche finden, liegen also woanders. Sicherlich nicht an mangelndem Amtsverständnis oder charakterlicher Eignung. Jede Frau, die durch eine Quote in ein höheres Amt kommt, würde also künftig hart damit zu kämpfen haben, das Etikett "Quotenfrau" abzuschütteln.

Eine Frauenquote ist keine Lösung

Eine Frauenquote ist keine Lösung. Und die Diskussion über sie zeigt, dass manche die genannten Fragen anscheinend mit einer solchen Regelung lieber abwürgen wollen. Und sich auch nicht der hinter allem stehenden Frage stellen möchten, wie man Menschen für kirchliches Leben begeistert oder bei der Stange hält.  

Christinnen und Christen, die sich noch für die Kirche interessieren, benötigen Führungskräfte, die geistlich mitreißen und diese Kraft auch bei Verwaltungsprozessen strahlen lassen können und die Menschen mit ihren Bedürfnissen ernst und mitnehmen.

Bei der Frage, wer einen Leitungsposten innerhalb der Kirche bekommt, sollte entscheidend sein, was die Person "drauf", nicht was sie "drin" hat – in der Hose. Dafür haben Frauen nicht jahrzehntelang gekämpft, dass das Ideal einer echten Gleichberechtigung auf dem Altar der leider modern gewordenen Identitätspolitik geopfert wird.

Kommentare

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MarkusHR am So, 14.07.2024 - 13:26 Link

Um in Ihren Bild zu bleiben, Herr Lechner: Hier versuchen engagierte und hochkompetente Frauen (zusammen auch mit einigen Männern) einen der kirchlichen Brandherde zu löschen. Und Sie meinen, der Kirche etwas Gutes zu tun, indem Sie mit Ihrem Schlauch diese Feuerwehrfrauen (und -männer) jetzt mal ordentlich abspritzen?

Timo Lechner am So, 14.07.2024 - 19:27 Link

Lieber MarkusHR, wenn Sie mit "meinem Schlauch" einen metaphorisch-verbalen meinen: Ja, ich denke, eine ordentliche kalte Dusche ist notwendig, um den Fokus vom Ämter besetzen von Geschlechts wegen weg zu bringen hin zu Ämter besetzen um (die Hoffnung und Zuversicht) auf echte fachliche und charakterliche Eignung wegen. Sonst ist es irgendwann so, dass ausgewogen viele Frauen in kirchlichen Leitungsämtern sind - aber keine Menschen mehr da, für die es zu leiten lohnt.

Timo Lechner am So, 14.07.2024 - 19:35 Link

Doch: Hinschauen, warum sich weniger Frauen auf Leitungsposten bewerben, Strukturen zu hinterfragen. Und nicht versuchen, per Quote Frauen in Ämter zu hieven, die augenscheinlich wenig attraktive Strukturen hinnehmen, aus welchen Gründen dann auch immer.