München (epd). Senioren in Bayern sind deutschlandweit laut dem Sozialverband VdK am stärksten von Armut bedroht. 21,8 Prozent der Menschen ab 65 im Freistaat seien im vergangenen Jahr armutsgefährdet gewesen, sagte die Präsidentin des VdK Bayern, Verena Bentele, bei der Jahrespressekonferenz am Mittwoch in München. Bundesweit seien es 17,5 Prozent gewesen. Auch bei der allgemeinen Armutsgefährdung liegt Bayern unter den Bundesländern vorn: 18,4 Prozent der Männer im Freistaat sind laut Bentele armutsgefährdet, bei den Frauen sogar 24,5 Prozent. Das weiß-blaue Idyll, das die bayerische Staatsregierung gern zeichne, habe auch seine grauen Seiten, sagte Bentele weiter.

Bentele kritisierte die Staatsregierung vor allem für ihre am Dienstag beschlossene Bundesratsinitiative für eine grundlegende Reform des Bürgergeldes. Es mache sie fassungslos, wie herablassend über Menschen mit wenig Geld und schlechten Perspektiven gesprochen werde. Ihnen werde ein grundsätzliches Misstrauen entgegengebracht. Das Mantra der Staatsregierung sei: "Arbeit muss sich lohnen." Dies unterstreiche sie jederzeit, sagte Bentele. Aber: "Arbeit lohnt sich dann, wenn sie gut bezahlt wird." Hier sieht sie Nachholbedarf in Bayern.

Denn: Rund 1,1 Millionen Beschäftigungsverhältnisse in Bayern lägen unter der Schwelle von 12,50 Euro, sagte Bentele. Um den Abstand zwischen Lohn und Bürgergeld zu vergrößern, dürfe nicht das Bürgergeld abgesenkt werden, sondern der Mindestlohn müsse auf mindestens 14 Euro angehoben werden. Der Niedriglohnsumpf in Bayern könne außerdem ausgetrocknet werden, wenn es ein Tariftreuegesetz in Bayern geben würde, sagte Bentele weiter. Wenn Arbeit besser bezahlt würde, dann müssten nicht so viele arbeitende Menschen in Bayern Bürgergeld zum Aufstocken beziehen.

Sozialministerin Ulrike Scharf hatte am Dienstag nach der Kabinettssitzung die Bundesratsinitiative für eine Bürgergeld-Reform damit begründet, dass das Bürgergeld falsche Anreize setze. In Bayern beziehen derzeit laut Ministeriumsangaben rund 445.500 Menschen Bürgergeld.

Der VdK Bayern hat aktuell 800.000 Mitglieder, im Jahr 2000 waren es noch 400.000. Landesgeschäftsführer Michael Pausder betonte, dass viele Menschen im Umgang mit den Behörden überfordert seien. Der VdK Bayern habe in den vergangenen zwölf Monaten Nachzahlungen für seine Mitglieder in Höhe von 119 Millionen Euro erstritten - so viel wie noch nie. Den größten Teil der Nachzahlungen machten Rentenleistungen aus.

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