Erzpriester Radu Constantin Miron, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), regt dazu an, Ökumene als Perspektivwechsel zu definieren. Wenn die Ökumenische Gebetswoche ein "Zeichen der Umkehr und des Perspektivenwechsels" im persönlichen, innerkirchlichen, zwischenkirchlichen und gesellschaftlichen Miteinander werde, dann lohne es sich, sie "wieder und wieder" zu feiern, sagte er beim zentralen Gottesdienst der Gebetswoche für die Einheit der Christen am Sonntag in der Kathedrale der Rumänisch-Orthodoxen Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa in Nürnberg.
Im Mittelpunkt des in Burkina Faso erarbeiteten Gottesdienstes stand die biblische Erzählung des barmherzigen Samariters. Die Geschichte sei weit über die Kirchengrenzen hinaus bekannt und habe verschiedene theologische Interpretationen erfahren, sagte Miron. Ein rumänischer orthodoxer Theologe präsentiere eine moderne Interpretation, in der ein Mann täglich auf dem Weg zur Arbeit und zurück von verschiedenen Räubern, Dieben und Betrügern, überfallen wird. Der Mann warte lange vergebens darauf, dass ihn ein Samariter rette. Am Ende sei es ein reuiger Räuber, der sich seiner annimmt.
Ökumene und der Barmherzige Samariter
"Diese ungewohnte, neue Perspektive, dieser Perspektivenwechsel könnte also der Versuch einer ökumenischen Lektüre unseres Gleichnisses sein", sagte der Erzpriester. Niemand werde zum barmherzigen Samariter, wenn er nicht zuvor zum reuigen Räuber wird. Reue als kontinuierliche Umkehr und ständiger perspektivischer Neuanfang gebe es in der Ökumene bereits als "healing of memories" ("Heilung der Erinnerungen"). Diese theologische und kirchliche Idee stamme aus Südafrika und beinhalte den gemeinsamen Gang durch die Geschichte, das Teilen des Schmerzes des Anderen und schließlich die gemeinsame Zurüstung auf die Zukunft. Dies seien auch Ausdrucksformen eines Perspektivenwechsels. "Beginnen kann das alles nur mit dem gemeinsamen Gebet", sagte Miron.
Vorbereitet wurden die Materialien zum ökumenischen Gottesdienst zunächst in Burkina Faso von einem Team, in dem verschiedene christliche Traditionen Westafrikas vertreten waren. Im Anschluss griff ein internationales, multikonfessionelles Team die Anregungen auf und erstellte eine weltweite Vorlage. Beim deutschen Gottesdienst mitgewirkt haben unter anderem der Vorstand der Evangelischen Allianz in Deutschland (EAD), Reinhardt Schink, der württembergische evangelische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl, Bischof Harald Rückert von der Evangelisch-methodistischen Kirche, der neue Erzbischof von Bamberg, Herwig Gössl, sowie Metropolit Serafim Joantă.
Bis zum 25. Januar geht die Gebetswoche für die Einheit der Christen. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben und deinen Nächsten wie dich selbst". Am Sonntag endete außerdem die Allianzgebetswoche der EAD unter der Überschrift "Gott lädt ein - Vision für Mission". Beide Veranstalter erwägen in Zukunft eine stärkere Verknüpfung der beiden Aktionen.
Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) wurde 1948 von fünf Kirchen gegründet. Inzwischen gehören ihr 18 Kirchen unterschiedlicher Traditionen an, weitere sieben Kirchen sind Gastmitglieder und fünf ökumenische Organisationen haben Beobachterstatus. Die EAD ist ein Netzwerk von evangelischen Christinnen und Christen sowie Organisationen aus verschiedenen Kirchen und Gemeinschaften.
Gebetswoche zur Einheit der Christen
Zum Motto der Gebetswoche
Für das Jahr 2024 wurde der ökumenische Gottesdienst von einem Team vorbereitet, in dem verschiedene christliche Traditionen in Burkina Faso vertreten waren und das von der örtlichen Gemeinschaft Chemin Neuf (GCN) unterstützt wurde.
Die Auswahl der biblischen und liturgischen Texte ist inspiriert vom Bild des barmherzigen Samariters aus dem Gleichnis (Lk 10,25-37), in dem Jesus auf eine Frage zum alttestamentlichen Gebot deutlich macht, was es bedeutet, den Nächsten zu lieben: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben … und deinen Nächsten wie dich selbst" (Dtn 6,5 und Lev 19,18b).
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