Die letzte Kundin des Tages legt an der Kasse des Unverpacktladens Ansbach selbst mitgebrachte Glasbehälter in ihren Einkaufskorb. Gefüllt mit Nüssen, Nudeln und anderen Lebensmitteln - alles ohne Verpackung. "Die Menschen legen viel Wert auf Nachhaltigkeit, doch nur die wenigsten handeln dementsprechend", sagt Ladenbesitzerin Sarah Robinson.

Nach Zahlen des Umweltbundesamts verursachte 2019 jeder Deutsche im Schnitt über 220 Kilogramm Verpackungsmüll.

Damit liegt Deutschland weit über dem EU-Durchschnitt. Beim Lebensmitteleinkauf in sogenannten Unverpacktläden bringen Kunden ihre eigenen Behälter und Beutel mit. Somit kann Plastik eingespart werden.

Robinson hat den Unverpacktladen im Herzen Ansbachs während der Corona-Pandemie eröffnet. "Während des Lockdowns haben die Leute viel gebacken und gekocht. Das war eine gute Ausgangslage für uns", sagt sie. Als Restaurants dann wieder geöffnet wurden, vernahm sie einen Umsatzeinbruch. "Man hat gemerkt, die Leute wollen wieder raus, wollen essen gehen." Dadurch hätten sie beim Lebensmitteleinkauf gespart.

Das Konzept "plastikfrei einkaufen" hat in den letzten Jahren im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte immer mehr Zuspruch erhalten.

In Deutschland gibt es aktuell um die 200 Unverpacktläden, rund 50 davon alleine in Bayern. Doch in den vergangenen zwei Jahren mussten einige Läden wieder schließen. Wie hängt das mit der Pandemie zusammen? Haben die Menschen Angst vor Hygienemängeln?

Der Berufsverband der Unverpackt-Läden wurde im April 2018 in Nürnberg gegründet. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Ressourcen schonende Wege des Konsumierens aufzuzeigen und Verbrauchern Umweltprobleme bewusst zu machen. Vorständin Insa Dehne: "Meiner Meinung nach besteht kein Hygieneproblem. Viel mehr haben wir die Problematik, dass Kundinnen und Kunden weniger mobil und durchs Homeoffice nicht mehr regelmäßig in den Innenstädten sind."

Ihrer Ansicht nach hat sich der Trend hin zum Online-Shopping ausgeweitet.

"Die Menschen möchten möglichst alles an einem Ort besorgen. Das macht es für Fachgeschäfte, die auf Beratung ausgelegt sind, schwierig, sich zu behaupten."

Robinson bestätigt: "Durchs Homeoffice sind viele, die in den Firmen und Behörden in der Nähe arbeiten, in der Mittagspause zuhause geblieben." Durch die Pandemie hätten sich aber auch neue Kundengruppen erschlossen. "Ansbacher, die in Nürnberg arbeiten, sind durchs Homeoffice hiergeblieben und haben bei uns eingekauft."

Dehne ist auch Gründerin und Geschäftsführerin des Hamburger Unverpacktladens "Stückgut". Aus eigener Erfahrung weiß sie: "Bestehende Geschäftsmodelle müssen vermutlich überdacht werden, um sich gegebenenfalls breiter und krisensicherer zu positionieren. Grundsätzlich sind wir davon überzeugt, dass das Konzept "Unverpackt" funktioniert." Auch die Politik sieht sie in der Pflicht: "Wir fordern, dass unverpackte Produkte und Mehrweg-Lösungen finanziell begünstigt werden."

Die steigenden Lebensmittelpreise und die hohe Inflationsrate zwingen aktuell viele Menschen dazu, bei den Lebensmitteln zu sparen.

"Wir wissen aktuell nicht, wie es weitergeht. Wir waren zunächst nicht betroffen durch die steigenden Einkaufspreise, da wir alles regional beziehen. Aber wir merken die Unsicherheit der Kunden seit Beginn des Ukraine-Krieges", sagt Robinson.

Den Unverpacktladen Würzburg hat es schwer getroffen. Während die Geschäfte in der Pandemie noch gut liefen, verzeichnete der Laden hohe Umsatzeinbußen durch die gestiegenen Preise in den vergangenen Monaten. Die Gründerin Susanne Waldmann musste für den seit 2017 bestehenden Laden Insolvenz anmelden - er befindet sich nun in den Händen einer Genossenschaft. Ihr Nachfolger Mario Schrader kämpft als neuer Marktleiter um das Bestehen von "Unverpackt Würzburg".

Der 25-Jährige bleibt optimistisch: "Wir tun alles dafür, dass wir den Laden erhalten können." In kleineren Städten wie Würzburg sehe er gute Chancen. "Die Menschen legen hier sehr viel Wert auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit", sagt der gelernte Einzelhandelskaufmann: "Viele Kunden kommen auf mich zu und betonen, wie wichtig es ihnen sei, dass es in Würzburg einen Laden gibt, bei dem man regional und ohne Plastik einkaufen kann." Das mache ihm Hoffnung.