Der kleine Gemeindeteil des Markts Eckental im Landkreis Erlangen-Höchstadt steht exemplarisch für die Zerrissenheit zahlreicher ähnlicher fränkischer Dörfer, in die verschiedene politische Herrschaftsbereiche ihre Konfession mitbrachten und über Wohl und Wehe der Bevölkerung entschieden.

Forth hat heute rund 3000 Einwohner. Bis 1900 waren es nur ein Drittel so viele, und die lebten strikt getrennt. Denn entlang der Hauptstraße durch den Ort verlief jahrhundertelang die Grenze der Gerichtsbarkeit des katholischen Kurfürstentums Bayern auf der einen und der protestantischen Freiherren von Bünau, die im Schloss nahe der Schwabach residierten, auf der anderen Seite. Zudem gab es eine stattliche Zahl an Juden in Forth. "Ein Mikrokosmos-Szenario des Nebeneinanders, das in größeren Städten kaum aufgefallen wäre", sagt Switalski. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts waren jeweils eine evangelische wie eine katholische Schule in Forth entstanden. Die auch in diesem Zeitraum geschaffene jüdische Schule erhielt keine staatliche Unterstützung.

Soziogramm der Jahre bis 1955

Ihr Buch sei auch ein Soziogramm der Jahre bis 1955, als ein bundesweites Schulgesetz einen lange schwelenden Schulkampf beendete. Da war die Synagoge in Forth schon ein paar Jahre Geschichte. Jochen Häselbarth, heute Pfarrer in Nürnberg-Fischbach, war von 2000 bis 2018 Pfarrer in Forth und hatte sich früh für die Geschichte der Juden in seinem Ort interessiert. Eine der Grundlagen für Martina Switalskis Buch sind rund 1200 Fotos, die er während seiner Jahre hier gesammelt hatte. "Es gab Leute, die mich vor allzu tiefen Recherchen regelrecht gewarnt haben", erinnert sich Häselbarth.

Bewegung in die Sache kam 2008, als Albert Kimmelstiel, 1923 in Forth geboren und dort aufgewachsen, seine alte Heimat besuchte. Er hatte als jüdischer Zwangsarbeiter die Konzentrationslager in Auschwitz und Mauthausen überlebt und war 1947 in die USA ausgewandert. Für viele Menschen im Dorf ein Anlass, alte Fotos aus den Familienalben herauszusuchen und dem Pfarrer zu geben, der sie digitalisierte und archivierte. "Ich habe nur eine Person kennengelernt, die jemals die alte Synagoge von innen gesehen hatte", wundert sich Häselbarth noch heute. Anhand der Bilder und Geschichten könne man "im Kleinen darstellen, was man im Großen nicht verstehen kann", so der Pfarrer.

Die jüdischen Linien waren nach dem Zweiten Weltkrieg aus Forth ebenso verschwunden wie aus anderen fränkischen Landgemeinden. Die Lebenswege zwischen katholischen wie evangelischen Bürgern kreuzten sich auch noch jahrzehntelang danach nur wenig. "Die Grenzen, wer miteinander wo unterwegs ist oder wer wen heiraten darf, lösten sich eigentlich erst zunehmend zur Jahrtausendwende auf", meinen Switalski und Häselbarth.

Erste Tankstelle und erstes Kino

Die meist auf Doppelseiten gedruckten Fotos aus dem Archiv Häselbarths bilden zusammen mit Switalskis Texten zur Dorfentwicklung, die mit zahlreichen Berichten von Zeitzeugen ergänzt werden, das Konzept des Buchs. Darin finden sich auch Beiträge zur 1886 fertiggestellten Bahn, der ab 1900 florierenden Gastronomie, Berichte über die erste Tankstelle im Ort und das Kino, in dem sogar der ehemalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß zu Gast war.

Heute ist Forth ein Zuzugsort auch für junge Familien. Konfessionelle oder gesellschaftliche Spannungen gibt es keine oder wenigstens kaum. Ein bisschen wehmütig werden Switalski und Häselbarth, wenn sie in ihrem Buch blättern. Früher war Forth schöner.

Das Buch ist unter dieser Mailadresse erhältlich.