Fühlen sich junge Menschen einsam? Zwei Umfragen zu diesem Thema kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Eine Umfrage für die Bertelsmann-Stiftung ermittelt, dass Einsamkeit unter jungen Menschen weitverbreitet sei. Eine Untersuchung im Auftrag der Techniker Krankenkasse indes besagt, junge Menschen seien gut vernetzt, fühlten sich aber gelegentlich einsam.
Junge Menschen: Einsam, aber gut vernetzt?
Bei einer Online-Befragung im Auftrag von Bertelsmann gibt fast die Hälfte der 16- bis 30-Jährigen (46 Prozent) gibt an, moderat oder stark einsam zu sein. Jeder Zehnte (11 Prozent) fühle sich stark einsam. Je nach Geschlecht und Altersgruppe schwanken demnach die Werte zwischen 33 Prozent und 51 Prozent. So seien junge Frauen häufiger von Einsamkeit betroffen als junge Männer. Am stärksten sei die Einsamkeit zwischen 19 bis 22 Jahren.
Faktoren, die zu Einsamkeit beitragen können, sind den Angaben zufolge Arbeitslosigkeit, ein niedriger Schulabschluss oder ein Migrationshintergrund. Ebenso seien junge Menschen häufiger von Einsamkeit betroffen, wenn sie geschieden oder verwitwet sind sowie in mittelgroßen Städten leben. Untersucht wurde auch die Lebenszufriedenheit. Demnach sind junge Menschen in Deutschland mit ihrem Leben mäßig zufrieden. Der Wert lag bei 6,75 auf einer Skala von 0 (überhaupt nicht zufrieden) bis 10 (völlig zufrieden).
Schon in der Corona-Pandemie seien junge Menschen stark durch Einsamkeit belastet gewesen, erklärte Anja Langness, Expertin bei der Stiftung für Jugend und Gesundheit. Der Anteil derjenigen, die sich sozial und emotional einsam fühlen, sei 2024 zwar etwas gesunken. Ein Grund zur Entwarnung ist dies der Stiftung zufolge jedoch nicht, da Einsamkeit bei jungen Erwachsenen insgesamt immer noch stark verbreitet ist und weiterhin über den Vor-Pandemie Werten liegt. Es zeige sich, dass Einsamkeit längst nicht mehr ein Phänomen sei, das ausschließlich ältere Menschen betrifft, betonte Langness, die von einer "neuen Risikogruppe" sprach und gezielte Maßnahmen forderte.
90 Prozent haben enge soziale Bindungen
Die Umfrage im Auftrag der TK indes kommt zu dem Schluss, dass 90 Prozent der jungen Erwachsenen in Deutschland enge soziale Bindungen haben. 93 Prozent der 18- bis 25-Jährigen hätten demnach mindestens einen engen Freund oder eine enge Freundin. 90 Prozent würden einen guten Kontakt zur Familie pflegen und ebenfalls 90 Prozent hätten angegeben, ein erfüllendes Hobby zu haben, teilte die Techniker Krankenkasse unter Bezug auf eine von ihr in Auftrag gegebene Umfrage mit.
Trotzdem fühle sich knapp ein Viertel (24 Prozent) von ihnen einsam, hieß es. TK-VorstandsvorsitzenderJens Baas warnte:
"Dauerhafte Einsamkeit kann psychisch krank machen."
Das Gefühl sozialer Isolation versetze den menschlichen Organismus in Stress und dieser könne auf Dauer der Gesundheit schaden, sagte er. Mögliche Folgen seien beispielsweise Angststörungen, Schlaflosigkeit und Depressionen.
Dabei würden besonders digitale Medien zu diesem Ergebnis beitragen. Diese würden zwar die Kontaktaufnahme erleichtern, könnten aber nicht die Qualität echter sozialer Interaktionen ersetzen, hieß es. Das Bundesfamilienministerium hatte daher im Dezember 2023 eine Strategie gegen Einsamkeit gestartet, um das Bewusstsein zu schärfen und konkrete Unterstützungsangebote zu fördern. Baas empfiehlt, bestehende Freundschaften zu pflegen und neue Kontakte über gemeinschaftliche Aktivitäten zu knüpfen.
Die beiden Umfragen
Die unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich zumindest teilweise durch die verschiedenen Altersgruppen erklären, die ins Auge gefasst wurden.
Die Meinungsforschungsinstitute Verian (früher Kantar Public) und ISG Research Advisors hatten die Onlinebefragung vom 13. bis 29. März im Auftrag der Bertelsmann Stiftung realisiert. Ausgewertet wurden Angaben von 2.532 jungen Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren, die in Deutschland leben.
Für die bevölkerungsrepräsentative, telefonische Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse hatte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Februar und März 2024 bundesweit 1.445 Personen von 18 bis 25 Jahren befragt.
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