Die Evangelische Jugend München (EJM) hat sich vom charismatischen Glaubenskongress UNUM24 in der Münchner Olympiahalle distanziert. Besonders mit Blick auf einige Redner im Programm "ist für uns klar, dass hier in Teilen ein Welt- und Gottesbild vertreten wird, welches mit unserem im absoluten Widerspruch steht", teilte die EJM am Mittwoch mit.

Die Evangelische Jugend ist seit 2016 aktives Mitglied der Pride Parade am Christopher Street Day (CSD) in München. "Wir glauben, dass Nächsten- und Gottesliebe allen Menschen gilt - egal welcher Hautfarbe, Identität oder sexuellen Orientierung", erklärte die EJM.

Bei dem charismatischen Kongress, der vom 20. bis 23. Juni stattfindet, träfen sich "verschiedene christliche, evangelikale, freikirchliche und zum Teil fundamentalistische Gruppen", die zum "gemeinsamen Gebet und Anbetung" und einem "Miteinander der Christen" aufriefen.

Ein Miteinander, das andere ausschließe, sei aber "kein Miteinander, sondern ein Gegeneinander", so die EJM-Vorsitzenden Anna Meyer und Marina Seidler.

Die Identitätssuche junger Menschen könne und solle durch offene und unterstützende Jugendarbeit begleitet und gefördert werden. "Niemand muss sein Innerstes verleugnen oder etwas verbergen - Gott liebt alle Menschen, bedingungslos", hieß es weiter. Aufgrund der zeitlichen und geografischen Nähe von UNUM24 und CSD betone man: "Uns findet man auf der Parade, nicht auf UNUM." Die Evangelische Jugend stehe "für eine offene, bunte und queere Kirche und Gesellschaft".

Bündnis kündigt Protest an

Die UNUM24 versuche sich als "harmlose Glaubenskonferenz" zu tarnen, teilte das Bündnis "#NoUNUM24" bereits am Dienstag mit.

"Glauben darf aber nicht missbraucht werden, um politische Herrschaftsansprüche zu begründen und insbesondere marginalisierte Menschen in ihren Grundrechten zu verletzen."

Die Kritik an dem Kongress richtet sich vor allem gegen den Hauptredner Bill Johnson, Gründer der Bethel Church in Kalifornien/USA. Der Charismatiker gilt als erzkonservativer Theologe, der gleichgeschlechtliche Partnerschaft, Abtreibung und offene Grenzen ablehnt. "#NoUNUM24" nennt ihn einen "homosexuellenfeindlichen Trump-Unterstützer".

Das Bündnis #NoUNUM24 wirft den Veranstaltern auf seiner Internetseite zudem vor, "gemeinsam mit nationalistisch-rechten, christlich-fundamentalistischen Gruppen (…) für eine Veränderung unseres Landes hin zu einem christlich dominierten Staat" zu beten. In diesem Zusammenhang fiel auch der Begriff vom "christlichen Gottesstaat". Für Freitagnachmittag ruft das Bündnis zu einer Protestaktion auf dem Olympiagelände auf.

Veranstalter sprechen von "abstruser Behauptung"

Die Veranstalter des charismatischen Treffens bezeichneten die Vorwürfe auf Anfrage als "eine abstruse Behauptung". Die Konferenz habe seit 2021 coronabedingt immer wieder verschoben werden müssen. Man sei nicht wegen des CSD, sondern "wegen unseres Glaubens" in der Stadt und überzeugt, dass "in einer weltoffenen Stadt wie München" Veranstaltungen wie

"die UNUM24, ein Konzert von Andreas Gabalier, die Fußball-EM und der CSD gleichzeitig stattfinden können, ohne sich gegenseitig in die Quere zu kommen".

Man lade alle Kritiker sowie die dritte Münchner Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) zum Gespräch ein, um die Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Dietl hatte zuvor laut Medienberichten gesagt, sie nehme die Informationen zu dem Treffen "verschiedener fundamental-christlicher LGBTIQ-feindlicher Akteure" am Wochenende des Christopher Street Day mit Sorge zur Kenntnis.

Sächsischer Landesbischof: Dynamik der Pfingstkirchen wünschenswert

Mittlerweile hat sich der evangelische Landesbischof von Sachsen, Tobias Bilz, zu Wort gemeldet. "Ich habe in Dresden in einem Queer-Gottesdienst gepredigt und mit Glaubensgeschwistern im schwul-lesbischen Stammtisch die Bibel gelesen", sagte Bilz auf Anfrage:

"Das ist für mich genauso wichtig wie der Besuch bei UNUM24." 

Bilz erklärte wiederum, er sei mit Timmerevers als Prediger beim Abschlussgottesdienst am Sonntag (24. Juni) eingeladen und werde in der Olympiahalle über die Sehnsucht nach Gottes Gegenwart predigen. Als Mit-Initiator der Aktion "Deutschland betet gemeinsam", die immer am 3. Oktober an die Friedliche Revolution und den Mauerfall erinnert, sei es für ihn "etwas Besonderes, mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Kirchen gemeinsam zu beten", sagte Bilz.

Als Rats-Mitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sei er auch Vertreter im Kontaktgesprächskreis mit der "Vereinigung Evangelischer Freikirchen". Dabei spiele auch der Kontakt zu den Pfingstkirchen eine wichtige Rolle. Die EKD betone dabei das Gemeinsame und habe im vergangenen Jahr eine Vereinbarung über Predigttausch und Kanzelgemeinschaft unterzeichnet. "Für uns als klassische Kirchen stellt sich die Frage, ob und wie wir mit den Einflüssen der weltweiten Pfingstbewegung umgehen wollen", erklärte Bilz. Was von der Dynamik der Pfingstkirchen "für unsere schrumpfenden Kirchen wünschenswert" sei und an "welchen Stellen wir vorsichtig sein sollten", darüber denke er "mit vielen anderen in der Evangelischen Kirche intensiv nach".

Zu dem viertägigen Kongress vom 20. bis 24. Juni werden rund 5.000 Menschen erwartet. In einer längeren Recherche setzt sich Philipp Greifenstein im Magazin "Die Eule" kritisch mit der Veranstaltung auseinander.

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