Ein Gespenst geht um in Deutschland, in Europa, in der westlichen Welt: das Gespenst des Populismus. Ziemlich wahrscheinlich wird auch der beginnende Bundestagswahlkampf vom Kampf gegen dieses Gespenst geprägt sein. Nicht nur das Zentralkomitee der Katholiken (ZdK) sieht die Demokratie in der Bundesrepublik bedroht und warnt, wie jüngst ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp, vor dem erstarkenden Populismus.

Eine Warnung sollte aber auch der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen bereithalten: Kamala Harris und die Demokraten haben, je länger der Wahlkampf dauerte, immer stärker auf die Warnung vor dem Demokratiegefährder Trump gesetzt. Doch die Warnung verfing nicht. Trump siegte deutlich. Wichtiger war den Amerikanern, was sie in den vergangenen Jahren beim Tanken und an der Supermarktkasse erlebten. Sie wählten nach dem einst vom Demokraten Bill Clinton ausgerufenen Motto "It’s the economy, stupid!" – und gegen ein "weiter so".

Inflation und wirtschaftlicher Niedergang sind Treiber in Sachen Populismus

Die Politikwissenschaft bestätigt es: Der Erfolg von Populisten lässt sich nicht dadurch verhindern, indem man nur vehement vor ihnen warnt. Im Gegenteil: Parteien wie AfD und Co. spielt genau das in die Karten, weil es ihren Systemsprenger-Status beglaubigt. Genau der ist wiederum die Grundlage ihres Erfolgs.

Inflation und wirtschaftlicher Niedergang (an dem die Ampel nicht allein schuld ist, der sich unter ihr aber beschleunigt hat) sind also Treiber in Sachen Populismus, weil sie das Vertrauen in das politische und wirtschaftliche System erschüttern.

Jeder Politiker muss in gewisser Weise "Populist" sein: Politischer Erfolg in der Demokratie hängt auch davon ab, wie gut es gelingt, politische Themen und Projekte verständlich-griffig auf den Punkt zu bringen. Der gegenwärtige "Populismus", wenn damit die Wahlerfolge von AfD und BSW gemeint sind, ist aber nicht Ursache, sondern Folge eines gesellschaftlichen Eskalationsprozesses. Er ist Symptom für einen immer tiefer gehenden Vertrauensverlust.

Die Demokratie rettet also auf Dauer nicht die Warnung vor den Populisten, sondern nur Politik, die zuhört und versteht, wo die Menschen der Schuh drückt – und die zugleich erfolgreiche Lösungen für offenkundige Probleme zu bieten hat.

Das macht die Themen Migration, Sicherheit, Energiekosten und überhaupt die wirtschaftliche Zukunft des Landes zu entscheidenden Themen nicht nur bei den nächsten Wahlen. Die Parteien der Mitte und der Vernunft müssen die "Populisten" hier mit den besseren Lösungen stellen. Doch das geht weder mit Hysterie, noch, wenn man wie bisher viel zu oft gegenüber dem Wahlvolk Debatten verweigert, Dinge beschönigt und Probleme verdrängt. Nur so kann man die Profiteure der Verunsicherung politisch schlagen.

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