Folgte in der Geschichte der BRD der Ankündigung der Vertrauensfrage durch einen Bundeskanzler diese Gewehr bei Fuß, stellte Scholz, der auch an diese Praxis keine Erinnerung mehr zu haben schien, die Frage erst zwei Monate später in Aussicht. 

Wie es schon Angela Merkel – ebenfalls eine Meisterin der Illusion – pflegte, erklärte sich der Kanzler wenige Tage später im Exklusiv-Interview nach dem Tatort in der ARD und überraschte dort sowohl seinen SPD-Fraktions­chef als auch den der CDU mit der Ansage, sie mögen doch einen geeigneten Termin für Neuwahlen miteinander auskaspern. Folge: Am 16. Dezember legt uns der Kanzler (wahrscheinlich) die Vertrauensfrage unter den Christbaum. Und Mützenich und Merz haben sich für den 23. Februar 2025 als Neuwahltermin entschieden. 

Vor allem in Franken freuen sich die Narren über die Planungssicherheit ihrer Themen, findet doch zwei Tage zuvor wieder der Veitshöchheimer TV-Fasching statt. Freuen darf man sich schon jetzt auch auf die Neujahrsansprache des dann Noch-Bundeskanzlers, die diesmal kein lauwarmer Saalschleicher zu werden, sondern vor deftigem Wahlkampfgetöse zu triefen verspricht.

Wer weiß, wie lange die Simulation noch anhält und auch den Wahltag im nächsten Jahr überdauern wird?

Der Unterhaltungsfaktor im Land ist hoch. Wirtschaftsminister Habeck hat nur zwei Tage nach dem Ampel-Aus nicht nur seine Kanzlerkandidatur erklärt; der bisherige Kinderbuchautor fand sogar Zeit, einen Roman sowie das politische Werk "Den Bach rauf" zu verfassen, während die Wirtschaft selbigen runtergeht. 

Und das geschasste dritte Ampelmännchen Lindner? Der träumt von einem Comeback ins Amt, indem er seine gebeutelte FDP wieder über die Fünf-Prozent-Hürde hieven und als möglichen Koalitionspartner der CDU in einer neuen Regierung installieren möchte.

Wer weiß, wie lange die Simulation noch anhält und auch den Wahltag im nächsten Jahr überdauern wird? Sicher ist: Die Probleme des Landes, die aus Angst vor unerwünschten Mehrheiten bei Abstimmungen nun auch durch das Streichen von Themen von der Tagesordnung im Parlament aufgeschoben werden, lassen sich nicht hinter dem Wahlkampf oder Brandmauern wegsimulieren. 

Hinter denen lauern mit Alice Weidel und Sahra Wagenknecht im Übrigen zwei potenzielle Kanzlerkandidatinnen für die Bundestagswahlen des Jahres 2029. Wenn die nicht doch früher stattfinden, weil wieder eine Vertrauensfrage im Raum steht ...

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