Bei einer verkürzten wöchentlichen Arbeitszeit würden Arbeitnehmende nach Auffassung der Sprecherin des Bundesausschusses "Transformation der Arbeit", Nina Golf, nicht weniger leisten. In einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte Golf, verkürzte Arbeitszeiten "ergeben weniger Reibungsfläche und ermöglichen mehr Dinge miteinander zu vereinbaren". Die Pflege von Angehörigen, Kindern oder Freundschaften, das Engagement in der Gemeinde oder die nachbarschaftliche Hilfe benötigten Zeit.
Es gibt ein Leben außerhalb der Arbeit
"Wir haben alle so viel zu tun", so Golf, sozialwissenschaftliche Referentin beim kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt in Bayern (kda). Sie ist Mitautorin eines jüngst erschienenen interaktiven "ABC der Arbeitszeitverkürzung", das der kda zusammen mit der Bremer Arbeitszeitinitiative und dem Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA) herausgegeben hat.
Die Publikation sei eine Argumentationshilfe angesichts gewerkschaftlicher Forderungen in den aktuellen Tarifverhandlungen nach kürzeren Arbeitszeiten und Stimmen aus Unternehmerverbänden, die Arbeitszeiten zu verlängern und das Renteneintrittsalter anzuheben, sagte Golf. Es sei Zeit, mit Arbeitszeitverkürzungen ein Zeichen zu setzen, "es gibt auch noch das Leben außerhalb der Arbeit". Auch von der Diakonie und den Kirchen fordert Golf, "von der 40-Stunden-Woche runterzukommen".
Weniger Arbeit, mehr Motivation?
Studien hätten gezeigt, dass frühere Pflegekräfte wieder in die Pflege zurückkehren würden, wenn sie weniger arbeiten müssten. Natürlich müssten solche Berufe dann auch auskömmlich bezahlt werden. Sie spricht sich daher für einen Lohnausgleich bei niedrigeren Lohngruppen und teilweisem Ausgleich bei mittleren Gehaltsstufen aus. Golf weist darauf hin, "alles, was die Leute nicht verdienen, belastet den Staat".
Die Expertin warnt vor dem "Zirkelschluss", dass Arbeitgeber immer gegen Arbeitszeitverkürzungen seien. "Für viele ist das ein echtes Anliegen." Bereits eingeführte Vier-Tage-Modelle in einigen Branchen würden fortgeführt, weil damit die Krankentage der Belegschaft reduziert worden seien, die Mitarbeitenden motivierter und konzentrierter seien.
Außerdem könnten die Betriebe mit solchen Arbeitsbedingungen Fachkräfte anlocken. Gerade die Frauen und Männer der Generation Z schauten genau, wie Berufliches und Privates vereinbart werden könnten. "Ich finde das ein legitimes Anliegen und eine tolle Haltung", sagte Golf.
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