Vor einiger Zeit bin ich mit einem Mann ins Gespräch gekommen, der mich mit einer Frage konfrontiert, die sicher nicht nur ihn, sondern sehr viele Menschen umtreibt: "Wo ist Gott? Wo ist denn Gott gegenwärtig?" fragt er mich. "Aus dem Alltag ist er weitgehend ausgezogen. Ab und zu sehe ich den alten Gott noch, wenn er als Kulisse für Folklore dient – aber in meinem Herzen fühle ich keinen Gott. Wenn ich in einem Gottesdienst bin, finde ich Gott dort auch nicht so richtig. Da wird viel davon erzählt, was ich tun soll als Christ. Ich merke, dass ich gar nicht bewältigen kann, was von der Kirche und von Ihnen, dem Pfarrer, meinem armen Ich zugemutet wird." Ziemlich betroffen steh ich da, denn schließlich bin ich offensichtlich beruflich auch an der Not des Mannes beteiligt. Er sagt es gar nicht zornig oder böse, sondern er beklagt, er bedauert es.

Ich mache einen ersten Versuch, ihm zu antworten: Man kann Gott überall begegnen. In der Natur, in der Schöpfung zum Beispiel. Aber da kommt der Mann erst richtig in Fahrt. Er sei Naturwissenschaftler und immer schon skeptisch gewesen, ob Gott überhaupt existiere. Er könne nicht verstehen, warum die Kirche immer noch an einen Schöpfergott glaubt. Die Wissenschaft könne die Natur längst ohne Gott erklären. Und die Natur könne prima ohne ihn existieren. Der Mensch sei nur eine Spezies unter vielen, und – mal ehrlich – gewiss nicht die verantwortungsbewusste Krone der Schöpfung. Und der Glaube, dass Gott Erde und Mensch irgendwann einmal in guter Absicht geschaffen habe, gehöre doch längst in die Mottenkiste der Vergangenheit.

Ich liebe solche Gespräche, liebe Hörerinnen und Hörer. Und freue mich über jede Gelegenheit dazu. Wie kann man Gott erfahren? Wie kann man Gott überhaupt denken?  Das ist keine theologische Spielerei. Es sind Fragen, die ich zu den wesentlichen zähle, die ein Mensch sich stellen kann. Mein Gesprächspartner ist da Gott sei Dank aus dem gleichen Holz wie ich. "Gott", sagt er, "ist so eine Art Lückenbüßer für alles geworden, was die Wissenschaft noch nicht erklären konnte. Vielen Gläubigen macht der Lückenbüßer-Gott Angst, weil sie befürchten, dass Gott irgendwann ganz vertrieben sein könnte. Und ganz ehrlich, Herr Pfarrer, dann sind Sie arbeitslos!" Rums, jetzt liegt der Ball wieder bei mir im Feld. Und er hat natürlich Recht. Als ich junger Student der Theologie war, hatte ein Zeitgenosse an die Außenwand der Theologischen Fakultät in großen Buchstaben gesprayt: ‚Gott ist tot‘. Diese Behauptung war ja nicht mehr ganz neu. Aber ein anderer schrieb drunter: ‚Und ihr alle seid arbeitslos!‘ Jetzt ging‘s ans Eingemachte! Professoren und Studenten beschlossen, dass diese beiden Sätze dort stehen bleiben und die Wand nicht gesäubert werden sollte. Nicht die eventuell drohende Arbeitslosigkeit, sondern das war die Herausforderung: Wie sollen wir von Gott reden in einer Welt, in der immer weniger Menschen Gott überhaupt denken können?

In der Menschheitsgeschichte ist diese Frage erst mal gar kein Problem gewesen. Nicht, ob Gott existiere, war fraglich, sondern wo ihn der Mensch finden könne. Zunächst ist der Himmel mit seinen Sternen die Wohnung Gottes gewesen. Die Sterndeuter und Astrologen betrachteten einen bestimmten Ausschnitt am Himmel, wo die Sterne mit ihren Konstellationen eine Art Richtschnur vorgaben, was auf der Erde gelten sollte. Dieser Himmelausschnitt war genau bemessen und abgegrenzt. Sie nannten ihn lateinisch ‚templum‘, aus dem später unser deutsches Wort ‚Tempel‘ wurde.

Ein Tempel war ein Stück Himmel auf Erden. So wie auch die Maße alter keltischer Steinkreise das genaue Maß eines Ausschnitts am Himmel bilden. Der Tempel war der Ort der Beobachtung, der Platz des Priesters, der den Himmel schaute. Ein bestimmter Ort auf Erden, wo der Priester eine Verbindung zwischen Oben und Unten, zwischen Himmel und Erde herstellte, wo die Menschen erkennen sollten, dass göttliche und menschliche Welt zusammengehören.

Wie der Tempel, so wurden auch die Kirchen im Glauben der Menschen zu Gottes Wohnung. Schon der Mönch Martin Luther meinte aber, dass wir uns nicht ganz so sicher sein sollten, dass Gott in der Kirche wohne. Als die alte Trennung von heiligen und weltlichen Orten aufgehoben war, konnte Gott auch beim Zwiebelschneiden erfahren werden. Gott war nun auch dort gegenwärtig, wo der Bauer auf dem Feld arbeitet oder der Arzt einen Menschen behandelt. Von nun an war es die Aufgabe eines jeden Christen, an allen Tage der Woche so zu handeln, wie er es am Sonntag in der Kirche gläubig bekannte: dass er Gott und seinen Nächsten liebe.

Wie eine Befreiung war das und deshalb ging von der Reformation auch so eine Initialzündung aus. Jeder und jede konnte Gott nahe kommen, unmittelbar, überall, ohne irgendeine Vermittlung eines Priesters, eines Pfarrers, einer Kirche. Gott war sozusagen im Alltag der Menschen angekommen. Der berufliche Alltag wurde zum weltlichen Gottesdienst. Ja, die ganze Welt war plötzlich ein Lebensraum, in dem jeder Gott begegnen und seinen Glauben leben konnte. Wo jeder zeigen konnte, was ihm im Glauben wichtig ist.
Und 500 Jahre nach Martin Luther? Das Wichtigste sei heutzutage – so erklären mir manche Christen und auch Nichtchristen – sich christlich zu verhalten und anständig zu leben. Damit einem niemand etwas vorwerfen kann; anstatt jeden Sonntag betont fromm in die Kirche zu laufen. So ein christliches Leben, das sich allein im Alltag als bessere Moral bewähren soll, ist ganz schön stressig. Christsein ist quasi ein moralisches Sein geworden. Es gehe nicht mehr um die ollen Glaubenssätze über die Erschaffung der Welt und ob die Maria eine Jungfrau oder Jesus zum Himmel gedüst sei – nein: Christsein sei eine Haltung geworden. Aber in einer Welt, in der der Sieg und das Gewinnen zählen und ‚das Christliche‘ eher hinderlich ist, sind ein paar christliche Werte und der Appell, Haltung zu zeigen, keine wirklich kraftvollen Lebensmittel.

Natürlich kommt es darauf an, dass der Glaube sich bewähren soll im Alltag. Aber das Gespräch mit dem Naturwissenschaftler macht mir klar, worum wir uns Christen manchmal schamhaft drücken: Um die geistige Auseinandersetzung mit unseren Zeitgenossen über die Fragen, wer Gott ist, wo Gott ist, was der Mensch ist, was Natur und was Schöpfung ist. Welche Bilder von Gott tragen wir im Kopf, die unser Denken prägen? Was ist denn eine Schöpfung, wenn der Mensch die Natur immer weiter erforscht und erklärt? Sind Schöpfung, Schöpfergott, Bewahrung der Schöpfung nur moralische Begriffe, die mit den harten Fakten der Natur nichts zu tun haben? Kurz gesagt: Die Wissenschaft versteht die Natur, und die Religion fordert lediglich, sie gut zu behandeln als Schöpfung Gottes. Das ist zwar eine nette Arbeitsteilung – aber ist das wirklich die Alternative? Natur oder Schöpfung?

Die Himmel erzählen die Ehre Gottes – in der Sprache der Psalmen und in der Musik von Heinrich Schütz ist die Spaltung noch nicht hörbar. Stellen Sie sich folgende unglaubliche Geschichte vor, liebe Hörerinnen und Hörer, die Geschichte eines Kalziumatoms:

Da ist ein Kalziumatom in meinen Knochen, das in einem der ersten Gestirne eine halbe Jahrmilliarde nach dem Urknall entstand und durch die Evolution dieses Sterns äonenlang im Weltraum trieb, bevor es von einer Gaswolke angezogen wurde, die zu einer neuen Sonne zusammenfiel, welche erneut explodierte: Ein Zyklus, der sich mehrmals wiederholte, bis dieses Atom vor fünf Milliarden Jahren von einer glühenden Staubscheibe eingefangen wurde, die sich zur Erde zusammenballte, um darauf Teil des Ozeans, einer Muschelschale, eines Kalkriffs und einer Ackerfurche zu werden, deren Pflanze ich gegessen habe, so dass es sich nun irgendwo in meinem Schlüsselbein oder Knie einlagert, um bald wieder abgebaut zu werden, im Urin ausgeschieden erneut in die Erde überzugehen und mit ihr in weiteren fünf Milliarden Jahren auf die dann nur noch planetengroße, ausgebrannte Sonne zu stürzen (Raul Schrott. Erste Erde Epos. Hanser München 2016, Seite 22)

Für den österreichischen Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Raoul Schrott, der diese Gedanken aufgeschrieben hat, ist das ein Beweis dafür, dass Gott als Schöpfer dieser Entwicklung – von Himmel und Erde, von Mensch und Tier – nicht mehr gebraucht werde, weil die Wissenschaft die Natur ohne Gott als Verursacher erklären kann.

Die Geschichte des Kalziumatoms ist eine großartige Erzählung. Doch nichts an ihr zwingt mich dazu, sie ohne Gott zu denken. Im alten Streit zwischen der Evolutionsgeschichte und der Genesis zur Erschaffung der Erde gibt es viele blinde Flecke. Und ich behaupte, nicht nur auf einer Seite. Es wäre im Gegenteil an der Zeit, dass sich manche Naturwissenschaftler von einigen Mythen verabschieden würden, an denen sie sich seit der Aufklärung abarbeiten. Zum Beispiel die Vorstellung, dass Christen Gott angeblich nur als Verursacher der Erde und der Menschen denken. Als wäre Gott bestenfalls ein Uhrmacher, der die Erde in den Weltraum gehängt habe wie eine Uhr an die Wand, und jetzt laufe die Natur ab wie ein Uhrwerk und die Naturwissenschaft versuche diesen Ablauf zu verstehen.

Der Physiker und Nobelpreisträger Steven Weinberg sagt einmal: Die letzten Naturgesetze, wenn wir sie entdeckt haben, (…) werden etwas Eisiges, Kaltes und Unpersönliches an sich haben. (Jörg Zink. Ufergedanken. München 2017, Seite 125).  Dennoch hinterlasse ihre Erforschung bei ihm ein Empfinden von Schönheit, des Staunens und eines Mysteriums. Denn, so sagt er in einem Gespräch, wie weit auch immer wir kommen werden auf der Suche nach einer letztgültigen Theorie, so werden wir doch nie erfahren, warum die Naturgesetze so sind, wie sie sind. Ein Geheimnis wird immer bleiben. (Steven Weinberg im Gespräch mit Stefan Klein. In: DIE ZEIT Nr. 15 vom 2. April 2009: https://www.zeit.de/2009/15/Klein-Weinberg-15/komplettansicht)

Aber das ist mir zu wenig, liebe Hörerinnen und Hörer, weil das Geheimnis religiös gesprochen wieder nur Gott zum Lückenbüßer machen würde.

Was ist das für eine eingeschränkte Vorstellung, dass das Kalziumatom aus einem Tohuwabohu kommt und in einem Tohuwabohu verschwinden wird? Ist das alles, was scheinbar objektiv über diese Erde gesagt werden darf? Nicht die harten Fakten der Naturwissenschaft stelle ich als Christ in Frage, sondern wie wir als Bewohner dieser Erde, umgeben von unserer Mitwelt, diese Fakten bewerten sollen – das ist die Frage, bei der die Religion gute Argumente hat. Die Geschichte des Kalziumatoms ist nämlich deshalb eine so großartige Erzählung, weil sie uns lehrt, dass die Elemente dieser Erde, ja des ganzen Alls, älter sind als wir – und sich immer noch vollziehen und geschehen und entwickeln und verändern! Ihre Rhythmen vollzogen sich lange und immer wieder, ehe der erste Mensch überhaupt die Augen aufschlug. Und das, was vor kaum vorstellbaren Äonen, vor Jahrmilliarden geschah, das geschieht auch in dieser Stunde heute Morgen. Und es geschieht in uns, ehe uns ein Gedanke dazu einfällt. Die Rhythmen, die hier am Werk sind, bewahren uns und unser Leben bis in die heutige Stunde und über sie hinaus.( Jörg Zink. Ufergedanken. München 2017, Seite 106f.)

Ich würde gerne die Natur als Schöpfungsraum wieder zurückerobern. Das Kalziumatom zeigt mir, dass der Geist Gottes nicht mehr über dem Wasser, über dem Tohuwabohu schwebt, wie es am Anfang des Schöpfungsliedes in den ersten Worten der Bibel heißt, sondern der Geist Gottes ist eingedrungen in die Erde, in die Menschen und in alles, was lebt auf Erden und im Himmel.

Damit ist eine Erzählung, ein Narrativ in der Welt, das erst einmal gar nichts mit Moral zu tun hat! Für mich ist es deshalb auch kein Widerspruch, dass das stoffgemisch aus dem unser blut und unser fleisch sind […] sich in derselben menge in der sonne und auch in der erde [findet] die sich aus allen elementen des universums zusammensetzt. (Raul Schrott. Erste Erde Epos. Hanser München 2016, Seite 236) Ich begreife vielmehr, dass ich den abgespalteten rationalen Geist des Menschen nicht für die einzige Art Geist im Kosmos halten sollte.

Ein Blick in die Bibel zeigt die Vorstellung von Gott, der in allen Dingen ist. Gott umgibt uns von allen Seiten, wie es der Psalm 139 sagt. Gott ist ein Raum, in dem wir leben, uns bewegen und uns entfalten. Gott umgibt mich, wie die Luft einen Adler oder das Meer einen Fisch umgibt. Wohlgemerkt: Gott ist nicht das Meer, und das Meer ist nicht Gott. Ich glaube nicht pantheistisch, als wäre Natur und Gott dasselbe. Aber es wäre zu wenig gesagt, dass Gott nur wie das Meer ist, als sei das Meer eben nur ein Gleichnis für Gott. Gott ist auch nicht im Meer, wie ich sage, dass ein Fisch im Meer ist. Aber Gott ist auch im Meer, so wie er in allen Dingen ist, auch wenn er nicht mit ihnen identisch ist. Ich komme an die Grenze meiner sprachlichen Möglichkeiten, um einen Lebensraum aller Geschöpfe zu beschreiben, in dem ich mit ihnen in Gott lebe. Die Mystiker reden von der ‚Einwohnung Gottes‘ in allen Dingen. Gott ist da und bleibt dennoch ein Gegenüber. Mit dem Geist Gottes in allem ist eine große Erzählung in der Welt. In ihr kann auch ich kleines Menschlein meinen Raum finden, weil dieselbe Natur mir zur Schöpfung wird.

Da wird die Luft, die wir einatmen, plötzlich zum Raum, in dem wir Menschen in Gott schweben. Da wird das Meer in seiner scheinbar unendlichen Weite zum Gleichnis für eine Tiefe in Gott, in die Menschen sich versenken. Da werden die Blumen, die der Sonne stille halten und sich öffnen für das ankommende Licht, zum Bild für den Menschen, der sich für Gott öffnet. Und der majestätische Adler, der sich zum Himmel aufschwingt, zum Bild für das Herz, das sich zu Gott erhebt.

Manchmal, wenn ich sehr früh am Morgen wach werde, gehe ich nach draußen und sehe das Gras im Garten im Licht der aufgehenden Sonne und erkenne Millionen von Tautropfen auf jedem Grashalm. Jeder Tropfen steht neben seinem Nachbarn, ohne sich mit ihm zu verbinden. Jeder spiegelt den ganzen Himmel mit seinem Glanz von oben. Die Mystikerin Mechthild von Magdeburg hat davon gesprochen, Gott komme zu der von ihm geliebten Seele wie ein Tau auf Blumen. (Wie Gott in die Seele kommt: Ich komm zu meinem Lieb wie der Tau auf die Blume (FLG I, 13) aus: Mechthild von Magdeburg, Das fließende Licht der Gottheit. Auszüge in Hochdeutsch aus: Das fließende Licht der Gottheit. Übersetzung,  Einführung und Kommentar von Margot Schmidt. MyGG I 11. Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog Verlag 1995.)

Maler, Fotografen, Dichter, Naturwissenschaftler – sie alle erforschen das Wesen des Tautropfens, die Fähigkeit zur Kohärenz, der Wasserspannkraft, der Spiegelungen, des Wachsens; sie erforschen, wann jener Moment gekommen ist, da das Gewicht des Wassers den Tropfen vom Grashalm löst durch die Erdanziehungskraft, und vieles mehr. Mit allen möchte ich in ein Gespräch kommen, in dem geistige und materielle Erkenntnisse nicht mehr auseinanderfallen. Und beide sich wertschätzen und befruchten, sich auch widersprechen und miteinander streiten, ohne Zwang einer Übereinstimmung aller Dinge.

Natürlich könnten wir den Menschen auch als den zweitgefährlichsten zweibeinigen Allesfresser betrachten, der aus dem Unterholz gekrochen ist, seitdem die Saurier ausgestorben sind. Wie er von da an mit seinen Schneide-, Reiß- und Eckzähnen – wie mit einem Rattengebiss ausgestattet – in alles hineinbeißt und zu verschlingen sucht.

Wir erfahren von Naturwissenschaftlern, dass man Säugetiere, also auch die Menschen, tatsächlich daran erkennt, dass ihr Gebiss und ihr Unterkiefer aus einem einzigen Knochen entstanden sind, und dass sie einen harten Gaumen im Mund haben, damit sie essen und zugleich atmen können.

Aber wir erfahren auch ganz und gar Erstaunliches, dass nämlich der Ansatz dieses Urknochens unser Ohr herausgebildet hat! Offensichtlich sind wir nicht einfach nur Tiere, sondern haben gelernt zu hören und zu sprechen, als sei das hören ein ersatz dafür die zähne nicht mehr in alles und jedes zu schlagen. (Raul Schrott. Erste Erde Epos. Hanser München 2016, Seite 501)

Am 14. Dezember 1972 verließ der letzte Mann auf dem Mond, der Amerikaner Eugene Cernan, den Erdtrabanten. Drei Tage lang, davon 22 Stunden im Raumanzug, sammelte er auf dem Mond über 100 Kilo an Bodenproben für wissenschaftliche Zwecke, beschriftete und dokumentierte sie. Bevor er zum letzten Mal die Stufen zur Raumfähre der Apollo 17 hinaufstieg, bückte er sich und schrieb die Initialen seiner damals neunjährigen Tochter in den Mondstaub: TDC – Teresa Dawn Cernan. Auf die Frage, warum er das gemacht habe, erzählte er später, dass er sich dabei vorgestellt habe, wie eines Tages in der Zukunft jemand die Fußabdrücke der Astronauten und auch die Buchstaben TDC im Staub entdecken würde.

Der Wissenschaftler und der Vater ließen sich offensichtlich nicht voneinander trennen. Natur oder Schöpfung wäre auch hier die falsche Alternative. Apollo 17 landete an der südöstlichen Ecke des Mare Serenitatis, das heißt übersetzt: Meer der Heiterkeit. Wir Europäer sehen in ihm auch das Auge des Mannes im Mond. Rechts unterhalb seines Auges schließen sich Berge an, dort befindet sich die Stelle mit den Fußabdrücken der Astronauten und den Initialen von Cernans Tochter Teresa. Und niemand sage mir, dass es nur eine wissenschaftliche Exkursion war. Es war und ist eine heitere Schöpfungserfahrung der Natur.  Wir müssten nur bereit sein, uns auch auf der Erde dafür zu öffnen.