Der alte Traum vom Frieden

Berlin 1999. Ich bin 13 Jahre alt und das erste Mal in der Stadt – Konzertreise mit meinem Schulchor. Und zum ersten Mal spaziere ich auf diesem weißen Streifen entlang  Hier hat früher die Mauer gestanden, sagt mein Musiklehrer. Die Mauer, die Berlin und Deutschland so lange geteilt hat, die Familien zerrissen und Liebe zerstört hat. Mit 13 ahne ich davon noch nichts.

Fast 20 Jahre später gehe ich an der "Eastsidegallery" am Spreeufer entlang. Es ist ein warmer Sommertag, auf der Wiese zwischen Spree und Mauer picknicken Familien, ein junger Mann spielt Gitarre und hinter einem Coffeebike verkauft eine Frau Café Latte. Inzwischen weiß ich mehr über die Mauer und die Zeit der DDR. Ich habe Freunde, die in der DDR gelebt haben, die gelitten haben. Ich weiß von Menschen, die für ihre Freiheit gekämpft haben, die Frieden wollten, das alte Feindbild "Westen" ablegen.

Viele wurden dafür eingesperrt – sie haben einen hohen Preis für ihren Traum vom Frieden und offenen Grenzen bezahlt. Und ich weiß von dem Wunder, das 1989 geschieht: Gewehre bleiben stumm, Panzer bleiben in Kasernen, dafür rollen Trabbis über die Grenze und fremde Menschen liegen sich in den Armen, als ob sie sich schon ewig kennen.

Ich spaziere an den bunten Mauerwänden entlang und bin glücklich, dass ich das so einfach kann. Ich bin aber auch bedrückt. Die Geschichten meiner Freunde gehen mir durch den Kopf, das Schicksal der Menschen, die hier ihr Leben verloren haben. Ich denke an das Wunder vom friedlichen Mauerfall und bekomme eine Gänsehaut. Da ist etwas Großes passiert damals. Ein alter Traum wurde war: Alle Grenzzäune sind eingefallen, Schranken stehen offen, Wachtürme stehen verlassen und Frauen und Männer spazieren über Grenzstreifen.

Es ist ein alter Traum vom Frieden, doch in mir ist er hellwach. Das spüre ich an dem Sommertag in Berlin und das spüre ich noch heute. Denn vor meinen Augen spielt sich etwas ganz anderes ab: Boote, die im Mittelmeer in Seenot geraten, übervoll mit Menschen, die um ihr Leben kämpfen.

Ein wütender Mobb, der sich vor dem Capitol in Washington versammelt, Fenster einschlägt und Türen aufbricht, mit Schlagstöcken und Elektroschockern das Parlament stürmt. Zeltplanen auf schlammigem Boden, Frauen, Männer und Kinder stehen für ein paar Fladenbrote und eine Schale Reis an. In europäischen Städten, auch hier in München, bieten junge Mädchen in kurzen Röcken, ihren Körper an, in Wohnungen mit verdunkelten Fenstern. Das Geld ihrer Freier wandert direkt in die Taschen des Zuhälters.

Das Jahr ist neu, aber die Grausamkeiten, die Menschen erleben, sind alt. Genau so alt wie der Traum vom Frieden. Der große Traum vom Frieden, von einem friedlichen Zusammenleben von den Völkern, von Armen und Reichen, von Frauen und Männern, den träumen viele Menschen in der Bibel.

Die Geschichte von Rut erzählt davon: zwei Frauen kämpfen um ihr Überleben und gegen alte Traditionen des Patriarchats. Ihre Geschichte ist ein Fenster in die vergangene Zeit und in die Welt heute. Sie ist eine Geschichte von Liebe, Verantwortung und Großherzigkeit. Dabei beginnt sie mit einem Alptraum, mit einer Hungersnot, Flucht und Tod.

Zu der Zeit, als die Richter richteten, entstand eine Hungersnot im Lande. Und ein Mann von Bethlehem in Juda zog aus ins Land der Moabiter, um dort als Fremdling zu wohnen, mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen. Der hieß Elimelech und seine Frau Noomi und seine beiden Söhne Machlon und Kiljon; die waren Efratiter aus Bethlehem in Juda. Und als sie ins Land der Moabiter gekommen waren, blieben sie dort. Und Elimelech, Noomis Mann, starb, und sie blieb übrig mit ihren beiden Söhnen. Die nahmen sich moabitische Frauen; die eine hieß Orpa, die andere Rut. (Rut 1,1-4)

In die Fremde ziehen

Die Moabiter sind nicht gerade die Lieblingsnachbarn der Israeliten. Sie sind Feinde, seit vielen Jahrhunderten. Doch Elimelech und Noomi haben keine Wahl: entweder im eigenen Land verhungern oder rüber ins Feindesland und dort auf ein besseres Leben hoffen. Sie kommen aus Bethlehem, das heißt "Brothaus". Dort sollte es eigentlich genug Brot geben, aber noch ist es nicht so weit.

Bethlehem- , wo der Hirtenjunge David geboren wird, der König von Israel, der das Reich groß und mächtig macht. Bethlehem, wo Jesus auf die Welt kommt, so erzählt es das Lukasevangelium. Jesus, Gottes Sohn, der uns vorlebt, was Frieden ist und Nächstenliebe. Mit der Geschichte von Noomi und Rut beginnt auch die Geschichte von Bethlehem als Stadt des Friedens.

Doch zuerst ist eine Familie auf der Flucht. Dabei hat sie Glück: Die Moabiter lassen sie bei sich wohnen. Sie geben von ihrem Land ab. Sie helfen den Flüchtlingen in der Not. Ein wesentlicher Grundsatz auch bei den Israeliten: Den Flüchtling aufnehmen, dem Hungrigen Brot geben. So steht es in der Tora, dem Gesetz, das Gott seinem Volk gegeben hat. Gott zu lieben heißt auch: In der Not helfen, egal, woher jemand kommt. Bei den Moabitern erleben Noomi und ihre Familie genau das, obwohl das Volk der Moabiter eigentlich nicht an Gott Jahwe glaubt.

Das Gastrecht und die Gastfreundschaft verbinden Menschen und Kulturen. Sie helfen beim Ankommen. Unsere Kirchengemeinde in München-Sendling gibt immer wieder Menschen Kirchenasyl, die von Abschiebung bedroht sind. Hier haben sie ein Bett, Essen, Deutschunterricht und einen sicheren Ort, solange ihr Verfahren geprüft wird. Und es ist mehr als ein Obdach: wir leben zusammen, lachen und weinen auch mal. Wir halten das Leben zusammen aus. Wir leben Nächstenliebe und die alten Gebote, die Gott seinem Volk in der Wüste gegeben hat und die auch für Noomi gelten. Eine erste Friedensspur.

In der Fremde ankommen

Die Söhne heiraten Moabiterinnen. Damit ist die Familie richtig angekommen. Aus der Fremde wird ein Zuhause. Dann sind Mauern in den Köpfen überwunden, die sagen: Die gehören nicht zu uns, zuerst sind wir dran. Von solchen Mauern erzählen mir alte Menschen in ihren Fluchtgeschichten nach dem zweiten Weltkrieg. Gastarbeiter der 1960er Jahre kennen es.

Deren Kinder und Enkel sind hier in Deutschland geboren, sind mit mir zu Schule gegangen und saßen in der Mensa neben mir. Doch sie bekommen immer wieder zu hören, dass sie nicht dazu gehören. Diese Stimmen werden lauter in den letzten Jahren. Sie werden unverhohlen geäußert und kosten Menschen sogar das Leben. Das macht mich wütend. Und dann ist er wieder hellwach, der alte Traum in mir, vom Frieden und grenzenloser Liebe. Und ich weiß: ich träume nicht allein.

Manchmal geht es gut, Noomi und Elimelech sind angekommen im Land der Moabiter. Doch das heile Leben zerbricht: Noomis Mann stirbt und dann auch ihre beiden Söhne. Damals heißt das: Noomi steht ohne Versorgung da. Damals ist eine Frau darauf angewiesen, dass ein Mann sie versorgt. Ohne Mann ist sie der Armut und der Willkür anderer Männer ausgeliefert. Das einzige, was Noomi bleibt, sind ihre beiden Schwiegertöchter. Alle drei teilen das Schicksal, Witwe zu sein.

Noomi will in ihr Heimatland zurückkehren, dort, wo ihre Verwandten leben, Die Hungersnot dort ist zu Ende, es gibt genug Brot. Noomi geht freiwillig zurück.

Und als sie unterwegs waren, um ins Land Juda zurückzukehren, sprach sie zu ihren beiden Schwiegertöchtern: Geht hin und kehrt um, eine jede ins Haus ihrer Mutter! Gott tue an euch Barmherzigkeit, wie ihr an den Toten und an mir getan habt. Gott gebe euch, dass ihr Ruhe findet, eine jede in ihres Mannes Hause! Und sie küsste sie. Da erhoben sie ihre Stimme und weinten und sprachen zu ihr: Wir wollen mit dir zu deinem Volk gehen. Aber Noomi sprach: Kehrt um, meine Töchter! Warum wollt ihr mit mir gehen? Mein Los ist zu bitter für euch, denn Gottes Hand hat mich getroffen.

Da erhoben sie ihre Stimme und weinten noch mehr. Und Orpa küsste ihre Schwiegermutter, Rut aber ließ nicht von ihr. Sie aber sprach: Siehe, deine Schwägerin ist umgekehrt zu ihrem Volk und zu ihrem Gott; kehre auch du um, deiner Schwägerin nach. Rut antwortete: Bedränge mich nicht, dass ich dich verlassen und von dir umkehren sollte. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Gott tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden. (Rut 1,7b-17 in Auszügen)

Gott als Lebensbegleiter

Rut bleibt bei ihrer Schwiegermutter. Sie gibt dafür einiges auf: ihre Familie, ihr Heimatland, ihre Religion, die Möglichkeit, bald wieder zu heiraten. In Ruts Kopf sind die Grenzen zwischen Ländern und Völkern gefallen. Sie bleibt bei Noomi aus Liebe und Verantwortung. Dafür gibt sie Noomi ihr Versprechen: Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch.

Diese Sätze werden gerne von Brautpaaren als Trauspruch ausgesucht, weil sie die Geschichte dahinter nicht kennen. Ich habe schon einige darauf aufmerksam gemacht, dass es sich hier um ein Versprechen handelt, das der Schwiegermutter gegeben wird. Alle Paare haben darauf hin etwas gezögert und wollten sich das noch einmal überlegen. Am Ende haben sie sich aber doch für diese Sätze als Trauspruch entschieden. Es muss ja die Schwiegermutter nicht wissen, wer hier eigentlich gemeint ist.

Ich kann das gut verstehen, denn es ist ein wunderbares Versprechen. Das ist wahre Liebe, egal, ob zur Schwiegermutter, zum Ehemann oder zur Freundin. Liebe reißt Mauern und Grenzen ein – in Köpfen und in der Welt. Wenn ich liebe, ist es egal, welche Hautfarbe und Geschlecht der und die Geliebte haben, wie ihr Kontostand ist und welche Religion er hat. Manches wird schwer zu tragen und ertragen sein. Ich werde nicht alles gut finden, aber ich werde mich damit arrangieren, wenn ich liebe. Dann bin ich auch bereit, etwas aufzugeben und die Heimat zu verlassen. Ich selbst habe wegen der Liebe meine Heimat, das Ruhrgebiet und das westfälische Land verlassen und bin nach München gekommen. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Ich hatte auch ein bisschen Angst davor, aber die Sehnsucht hat gewonnen und ich bin glücklich hier, wo ich bin.

Doch ein Satz lässt mich stocken:

Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Rut, die Moabiterin, wechselt nicht nur in ein neues Land, in eine neue Familie. Sie vertraut sich damit auch Gott Jahwe an, dem Gott, der Noomi durch das Leben begleitet. "Die Hand Gottes hat mich getroffen", sagt sie verbittert, als ihr Mann und ihre Söhne sterben. "Gott tue an euch Barmherzigkeit, wie ihr an den Toten und an mir getan habt." Das ist ihr Segensspruch für die Schwiegertöchter. Sie ist tief verwurzelt im Gottvertrauen. Sie nimmt alles aus Gottes Hand an. Gott ist die Ernährerin für Leib und Seele, die Geberin des Lebens. In Flüchtlingsgeschichten ist es ein großes Wunder, wenn das Gottvertrauen erhalten bleibt. Und das zieht die junge Schwiegertochter Rut an. Sie wird nicht gezwungen, zu konvertieren, weil die Gesetze der Religion es erfordern. Es geschieht von innen.

In Rut ist eine Liebe gewachsen, die über Grenzen hinaus geht. In der Liebe zu Noomi entdeckt sie die Liebe zu Gott. Zwischen mir und dir gibt es etwas Drittes: die Liebe, die uns verbindet, die Fürsorge, die Treue. Gott zwischen mir und dir – das überschreitet Grenzen und Mauern in unseren Köpfen. Die zweite Fährte zum Frieden in dieser Geschichte.

Frauen sind gefährdet

Doch die Geschichten nimmt noch einmal eine Wendung. Zwei verwitwete Frauen kommen in eine Stadt, die eine als Ausländerin, die andere als ehemalige Emigrantin. Sie haben keine engen Verwandten, die ihnen Geld leihen oder sie mit Essen versorgen. Es bleibt nur eine Möglichkeit: das Nachlesen auf dem Feld. Es ist damals Brauch in Juda, dass die Armen und Witwen die Reste von Getreide auf dem Feld aufsammeln dürfen, das, was von den Erntehelfern liegen gelassen wurde. Eine mühsame Arbeit für Rut: mit der Hand sammelt sie einzelne Körner im lehmigen Boden, in der prallen Sonne. Und sie muss sich beeilen, damit andere nicht alles vor ihr wegsammeln.

Dazu kommt noch: als Frau ohne Mann ist man damals Freiwild für die Männer. Auch Rut schwebte in Gefahr, belästigt und vergewaltigt zu werden.

Das ist heute leider immer noch so. Auf der ganzen Welt werden Frauen täglich Opfer von Vergewaltigung und Misshandlung. Auch Männer erleiden das, aber viel, viel seltener als Frauen. Es passiert im Flüchtlingslager, auf dem Heimweg, bei der Arbeit und Zuhause. Im Krieg sind Vergewaltigungen Teil der strategischen Kriegsführung. Wenn ich Berichte von Frauen lese, die so etwas erlebt haben, liegt es wie ein Stein auf meiner Brust. Ich fühle mich hilflos und wütend, würde am liebsten schreien. Ich möchte etwas tun, sofort. Ich trage diese Wut in mir und erzähle davon, immer wieder. Es bleibt unsere Aufgabe, dagegen zu kämpfen! Frauen und Männer gemeinsam!

Und es gibt – Gott sei Dank – schon viele Menschen, die für die Opfer da sind. Hier in Deutschland ist der "Weiße Ring". Rund um die Uhr erreichbar unter der Nummer 116 006.

Ich habe vor zwei Jahren Karolina Plewniak kennengelernt. Sie arbeitet für die Frauenrechtsorganisation "medica mondiale". In ihren Programmen werden Frauen psychisch und medizinisch betreut, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden sind. Sie gründen Selbsthilfegruppen in Afghanistan und in Westafrika und bilden Frauen zu Traumaassistentinnen aus. Und sie geben workshops, in denen Männer und Frauen die traditionellen Rollenbilder hinterfragen. Ein Projekt in Norduganda arbeitet mit den mächtigen Chiefs  vor Ort. Sie lernen, welche Vorteile es hat, wenn Mädchen zur Schule gehen und Frauen ihr eigenes Geld verdienen können. Die Chiefs bringen ihre neuen Erkenntnisse dann in ihre Dörfer und langsam findet ein Umdenken statt.

Frieden zwischen Mann und Frau

Die Geschichte erzählt, dass Rut Gott an ihrer Seite hat, als sie auf dem Feld Getreidekörner sammelt. Und den Feldbesitzer Boas, ein entfernter Verwandter von Noomi:

Da sprach Boas zu Rut: Hörst du wohl, meine Tochter? Ich habe meinen Knechten geboten, dass dich niemand antaste. Und wenn dich dürstet, so geh hin zu den Gefäßen und trinke von dem, was meine Knechte schöpfen. Da fiel sie auf ihr Angesicht und beugte sich nieder zur Erde und sprach zu ihm: Womit hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, dass du mir freundlich bist, die ich doch eine Fremde bin? Boas antwortete und sprach zu ihr: Man hat mir alles angesagt, was du getan hast an deiner Schwiegermutter nach deines Mannes Tod; dass du verlassen hast deinen Vater und deine Mutter und dein Vaterland und zu einem Volk gezogen bist, das du vorher nicht kanntest. Gott vergelte dir deine Tat, und dein Lohn möge vollkommen sein bei Jahwe, dem Gott Israels, zu dem du gekommen bist, dass du unter seinen Flügeln Zuflucht hättest. (Rut 2, 8-12)

Nun fallen auch in Boas Kopf die Grenzen: Es spielt keine Rolle, dass Rut Ausländerin ist. Für ihn ist entscheidend, dass sie Noomi nicht verlassen hat und jetzt für sie sorgt. Die Grenzen zwischen Mann und Frau sind in seinem Kopf eingerissen. Er sorgt für sie wie für seine Erntearbeiter. Und am Ende heiratet er Rut. und verpflichtet sich, auch für Noomi zu sorgen.

Und es gibt sogar ein Happy End: Rut und Boas bekommen einen Sohn zusammen und der wird später der Großvater von König David. Damit ist Rut, die Ausländerin, Uroma von König David. Das nenne ich gelungene Integration.

Dass Männer Frauen respektieren und sie gleiche Rechte haben und kein Spielzeug sind, das fordert Aretha Franklin in ihrem Lied: Do right woman, do right, man.

Der Traum vom Frieden ist hellwach

Die Geschichte von Rut durchbricht auf vielerlei Weise Grenzen. Das Besondere ist: die Hauptfiguren sind zwei Frauen, die sich dem Leben stellen und es meistern, obwohl sie am Abgrund stehen. Das ist einmalig in der Bibel. Sie bricht mit den üblichen Erzählungen, die aus Männersicht geschrieben sind, mit dem festgefahrenen patriarchalen Weltbild.

Sie durchbricht auch das Denken in Ländern und Nationen, in Hautfarbe und Religionszugehörigkeit. Da werden Grenzen durchlässig und alte Feindbilder abgelegt. Auch zwischen Mann und Frau kann so etwas wie der Same zum Frieden keimen.

Wenn ich an die Geschichten denke, die mir jeden Tag aus den Nachrichten entgegen schreien, sehe ich noch viele Grenzen und Mauern zwischen Ländern und in Köpfen. Darum ist der alte Traum in mir hellwach: Alle Grenzzäune sind eingefallen, Schranken stehen offen, Wachtürme stehen verlassen und Frauen und Männer spazieren über Grenzstreifen.

Was mir Hoffnung macht: dass es jetzt schon Frieden gibt. Offene Grenzen hier in Europa, sofern ein Virus sie nicht wieder verschließt. Ein vereintes Deutschland. Menschen, die sich in so vielen Projekten und Organisationen für andere einsetzen – und dabei ist es ganz egal, woher sie kommen.

Es ist der alte Traum, der in mir hellwach ist. Ein Traum, den Gott mit uns Menschen träumt. Darum schenkt er uns Geschichten wie die von Rut.

 

Evangelische Morgenfeier vom 24.1.2021  mit Pfarrerin Dr. Stephaie Höhner, München, Thema: Jenseits der Grenzen blüht der Frieden