Sie sei in einem "sehr katholischen Elternhaus" aufgewachsen, erzählt Raphaela Holzinger. In Bad Abbach war sie die erste Ministrantin überhaupt und damit auch eine der ersten im Bistum Regensburg. Trotzdem war sie immer ökumenisch unterwegs. Das Miteinander der großen Kirchen hat sie geprägt:

"Ich habe nicht zwischen evangelisch und katholisch unterschieden, wichtig war der christliche Glaube".

Aus der katholischen Pastoralreferentin wird nun in wenigen Wochen eine evangelische Pfarrerin.

Pastoralreferantin in Schweinfurt

Das katholische Pfarrhaus Maria Hilf in der Schweinfurter Gartenstadt. Ein schlichtes Büro, ein kleines Kreuz an der Wand. Vor zwei Jahren hat die heute 52-Jährige dort das Amt der Pastoralreferentin übernommen, die Leitung der Pfarrgemeinde. Einen Tag vor ihrer offiziellen Verabschiedung zeichnet sie ihren Lebenslauf nach. Nach dem Abitur hat sie zunächst eine Banklehre absolviert, aber schnell gefühlt, dass der Bankberuf "nicht das Richtige sein würde". In Eichstätt begann sie ein Lehramtsstudium, später studierte sie dann Theologie.

Die weitere Ausbildung erlebte sie in gemeinsamen Kursen mit Priestern. "Pastoralreferentinnen haben die gleiche Ausbildung wie Pfarrer." Nach der Geburt ihrer vier Kinder kam sie in den Schuldienst. Seit 2020 war sie für Maria Hilf in Schweinfurt verantwortlich.

Ihr Leben ist katholisch geprägt. Warum jetzt der Wechsel?

Es sind ihre Erfahrungen mit der katholischen Kirche - sie passen nicht mehr zu ihrem Glaubensleben. Die katholische Kirche sei stark hierarchisch geprägt, das Kirchenrecht stehe über dem Glauben, das sei "unmenschlich".

Kritik an der katholischen Kirche

Konkret reibt sich Holzinger am katholisch-amtskirchlichen Umgang mit Homosexuellen, Transsexuellen, Geschiedenen oder Wiederverheirateten. In ihren Augen dürfte Kirche nicht von oben geführt werden, sondern müsse sich von unten heraus entwickeln. Sie arbeite gerne in der Seelsorge.

"Dabei komme ich immer wieder an Grenzen, durch die Struktur bedingt."

Darum "will ich die katholische Kirche nicht mehr nach außen vertreten". Das katholische Amtsverständnis als "einzig wahre Kirche" sei nie ihr eigenes gewesen, erläutert sie.

Wechsel auf evangelische Pfarrstelle

Das Luther-Wort von der "Freiheit eines Christenmenschen" ist Holzinger wichtig. Von Gott berufen sei jeder, der getauft ist. Darum dürfe kein Mensch Anspruch auf die einzige Wahrheit haben. Der persönliche Glaube sei wichtig - und das werde von der katholischen Kirche nicht gewürdigt.

Der Aus- und Übertritt seien ihr nicht leichtgefallen. Ihre Schwester, der evangelische Pfarrer Wolfgang Weich aus der benachbarten Christuskirche und eine Studienkollegin, die heute Pfarrerin in Coburg ist, haben sie in ihrem Schritt jedoch bestärkt.

Rahmenbedingungen für einen Wechsel

Der Wechsel von einem Amt in der katholischen Kirche auf eine evangelische Pfarrstelle ist äußert selten und an strenge Regeln gebunden. Von drei bis fünf Fällen pro Jahr spricht Günter Riedner, der das theologische Prüfungsamt im evangelischen Landeskirchenamt in München leitet.

Zunächst gibt es ein theologisches Gespräch, auf das man sich durch Literatur, aber auch Gespräche vorbereiten kann. Dieses Kolloquium dauert eine Stunde. Seitens der Landeskirche sind ein Theologieprofessor, ein Dekan und Riedner dabei.

Schließlich entscheidet die Landeskirche über die Berufung auf eine Pfarrstelle, sagt Riedner. Grundsätzlich wird die neue Pfarrerin oder der neue Pfarrer nicht im Bereich seiner früheren Diözese eingesetzt. Am 19. März wird Raphaela Holzinger von der Bayreuther Regionalbischöfin Dorothea Greiner zur evangelisch-lutherischen Pfarrerin von Bad Staffelstein ordiniert.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden