Julia Arnold hat lange für den Raum gekämpft. Die Pfarrerin im Nürnberger Stadtteil Zerzabelshof ist mit halber Stelle seit zehn Jahren auch Beauftragte für Altenheimseelsorge im Prodekanat Nürnberg-Ost, in dem sich seit 1939 das August-Meier-Heim mit seinen rund 150 stationären Pflegeplätzen sowie Tagespflege befindet.
Als im September 2020 der Spatenstich zum Neubau stattfand, sei ihr klar geworden, dass ein neuer Andachtsraum gleichsam eine neue Chance für die Heimbewohnerinnen und -bewohner sowie das ganze Stadtviertel wäre. "In Zeiten, in denen Kirche sich teilweise aus der Fläche zurückzieht, wollen wir hier etwas entgegensetzen", erklärt sie. Menschen in Heimen bräuchten zweckfreie Räume der Besinnung, in denen sie beten können und wir Gottesdienste feiern.
Kunstwettbewerb ausgelobt
Die evangelische Kirchengemeinde holte Holger Felten von der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste und Helmut Braun vom Kunstreferat der Evangelisch-Lutherischen-Kirche in Bayern für einen Kunstwettbewerb mit ins Boot. Von den sieben eingereichten Entwürfen überzeugte die Jury der "Raum der Besinnung und Stille" von Stella Wanisch, der einen Gegenentwurf darstellt zum lichtdurchfluteten und offenen Neubau des August-Meier-Hauses Die junge Künstlerin, die als Goldschmiedin begonnen hat und im nächsten Jahr ihr Diplom machen will, erhält dafür ein Preisgeld in Höhe von 4000 Euro.
Zentrales Element des rund 50 Quadratmeter großen Raums ist ein Findling, der auch als Altar fungieren kann. Wanisch gefällt der "Findling" auch in metaphorischem Sinne als "Stein, der durch die Gezeiten von einem Ort zum anderen getragen" werde, wie auch der Mensch während seines Lebens seine Wohnung wechselt. Durch ein schmales Fenster soll Licht in den Raum fallen, das Ahnungen verbreiten und zum Innehalten anregen soll. Die Bänke dienen auch nicht nur zum Sitzen, sondern werden ebenfalls künstlerisch gestaltet.
Orgel und liturgische Elemente verschwinden hinter einem seitlich geöffneten Wandelement, das sowohl eine gestalterische als auch eine Aufbewahrungsfunktion besitzt. Evangelische, katholische und andersgläubige Menschen sollen den Raum gleichermaßen nutzen und auf ihre Bedürfnisse hin umgestalten können. So werde bewusst auf ein Kreuz als zentrales Element verzichtet.
Mit Geld aus Erbe mitfinanziert
"Bei uns wohnen auch viele Menschen ohne christliche oder jegliche Konfession, auch für diese wollen wir etwas bieten", erklärt Heimleiter Gerhard Jaksch. Bisher habe man einen Andachtsraum im ersten Stock – der neue neben der Cafeteria sei zudem barrierefrei zugänglich.
Wie teuer der Raum werden wird, darüber war man sich bei der Vorstellung des Entwurfs noch nicht sicher. NürnbergStift hat sich aber auf Vorschlag von Pfarrerin Arnold darauf eingelassen, dass ein höherer fünfstelliger Nachlassbetrag aus einem Erbe dafür eingesetzt wird, dass es im neugebauten August-Meier-Haus einen Andachtsraum gibt, der von der Fläche her diesen Namen auch verdient.
Die Umsetzung des Raums wird vom Kunstreferat der Landeskirche bezuschusst. Der für die Region zuständige katholische Pfarrer Burkhard Lenz habe finanzielle Unterstützung zugesagt. Auf jeden Fall sei jeder Euro hier aber gut investiert – nicht nur für die im Heim Lebenden, sondern auch für die Menschen aus der Region. Die Künstlerin selbst will die Arbeiten begleiten.