Als Reformation (von lateinisch ‚reformatio“ für ‚Wiederherstellung, Erneuerung‘) werden die kirchlichen Erneuerungsbewegungen des 16. Jahrhunderts bezeichnet. Der Ablasshandel der katholischen Kirche sowie die Käuflichkeit von kirchlichen Ämtern (Simonie), die den Klerus korrupt machten, trafen in dieser Zeit auf immer mehr Kritik. Nach und nach traten Persönlichkeiten hervor, die öffentlich gegen diese Entwicklungen wetterten. Martin Luthers Thesenanschlag von 1517 gilt heute als offizieller Beginn der Reformation. Erst mit dem Abschluss des Westfälischen Friedens von 1648, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, waren die neugegründeten Konfessionen gleichgestellt und das Reformationszeitalter galt als beendet.

Martin Luther ermutigte das Volk, bei der Bibelauslegung dem eigenen Gewissen zu vertrauen. Letztlich hatte dieser Gedanke auch Auswirkungen auf das Selbstverständnis des Einzelnen. Die Menschen wurden selbstbestimmter und entwickelten sich zu mündigen Bürgern gegenüber Kirche und Staat. Die uneingeschränkte Macht der bisherigen Autoritäten wurde nicht länger ungefragt hingenommen. Außerdem nahm die Alphabetisierung der Bevölkerung zu, wodurch sich das Selbstbewusstsein der unteren Schichten zusätzlich stärkte.

Wie die Reformation das Leben veränderte

Im Mittelalter galten Priester als unverzichtbar für das persönliche Heil. Luthers Botschaft von „sola scriptura, sola gratia, sola fide“ (allein durch die Schrift, allein durch Gnade, allein durch Glaube) veränderte das kirchliche Leben und Denken somit grundlegend. Die Bedeutung des Mönchtums nahm ab und Sünden wurden nicht länger gegen Ablasszahlungen erlassen. Ein neues Verständnis der Institution Kirche entstand.

Die Reformation war kein plötzliches Ereignis, das unvorhergesehen hereinbrach, und wurde auch nicht alleine von Martin Luther ausgelöst. Schon seit dem 13. Jahrhundert gab es kritische Stimmen gegen die römisch-katholische Kirche. Renaissance, Humanismus und die Erfindung des Buchdrucks waren wichtige Voraussetzungen für kommende Veränderungen. Persönlichkeiten wie Petrus Waldes, John Wyclif, Jan Hus und Girolamo Savonarola waren schon vor Luther wichtige Wegbereiter für die Reformation. Und auch neben Luther existierten bedeutende Reformatoren, die die Erneuerung der Kirche prägten.

Bedeutende Reformatoren im Überblick:

 

1. Jan Hus (1370-1415)

„Einem irrenden Papst Widerstand leisten ist so viel wie dem Herrn Christus gehorchen.“

Jan Hus wirkte als Dozent, Prediger und Rektor an der Universität Prag. Er kritisierte als einer der Ersten den Ablasshandel und die Korruption innerhalb der katholischen Kirche. Außerdem predigte er in tschechischer Sprache, so dass ihn auch das gemeine Volk verstehen konnte. 1410 wurde Hus aufgrund seiner Reformvorschläge mit dem Kirchenbann belegt. Daraufhin floh er aus Prag und übersetzte auf dem Land die Bibel ins Tschechische. 1488 ging diese Bibelübersetzung in den Druck. Trotz aller Gefahren reiste der Reformator zum Konstanzer Konzil, denn er hoffte auf einen Dialog mit der katholischen Kirche. Doch kaum war Jan Hus in Konstanz angekommen, wurde er wegen Ketzerei angeklagt. Ein Widerruf seiner Lehren hätte den frühen Reformator vor dem Tod bewahrt, doch er weigerte sich und wurde 1415 vor den Toren der Stadt Konstanz verbrannt.

 

2. Huldrych Zwingli (1484-1531)

„Die Seele ist eine Masse, in welche Gottes Bildnis eingedrückt ist.“

Der Schweizer Philosoph Huldrych Zwingli ließ sich in seinen Predigten stark von Luthers Schriften beeinflussen. Auch er kritisierte öffentlich die katholische Kirche, verfasste 67 Thesen und ebnete damit den Weg für die Zürcher und Genfer Reformation, aus welcher später die reformierte Kirche hervorging. Doch der Versuch, sich mit Martin Luther zu verbünden, scheiterte 1529 bei den Marburger Religionsgesprächen am sogenannten Abendmahl-Streit - also an der Frage, ob Christus beim Abendmahls-Gottesdienst real oder lediglich symbolisch in Wein und Brot anwesend sei. Zwingli gilt als radikaler Reformator, der auch nicht davor zurückschreckte, die Bürger mittels Ratsbeschluss zum Gottesdienstbesuch zu zwingen oder eine Allianz gegen die Romtreuen in den Krieg zu schicken. Am Ende starb er als Prediger auf dem Schlachtfeld.

 

3. Johannes Calvin (1509-1564)

„Wir selbst sind Gottes Tempel.“

Der Franzose Johannes Calvin erregte 1533 mit Forderungen nach Reformen in der Kirche und scharfen Angriffen auf die Scholastik großes Aufsehen. Als die Reformationsbewegung 1534 Unruhen in Frankreich auslöste, setzte die Verfolgung der Protestanten ein. Calvin floh nach Straßburg und Basel. In der Schweiz begann der gelernte Jurist sein Theologiestudium und begründete schließlich die Bewegung des „Calvinismus“ – beeinflusst von den Lehren Zwinglis. Sein radikales Programm scheiterte jedoch immer wieder. Er selbst hielt allerdings bis zu seinem Tod an seinen Bestrebungen fest. Zuletzt schrieb Calvin jährlich 200 Predigten, die in über 30 Bänden dokumentiert sind. Nach jahrelanger Krankheit starb der Reformator an Lungentuberkulose und Nierenkoliken.

 

4. Philipp Melanchthon (1497-1560)

„Almosen geben armet nicht: Kirchengehen säumet nicht.“

Philipp Melanchthon wurde bekannt als Humanist, Philosoph, Theologe und Lehrbuchautor. Er half Martin Luther bei der Übersetzung des Alten Testaments und strebte neben der kirchlichen Reform vor allem eine Bildungsreform an. Bekannt wurde Melanchthon daher auch unter dem Namen „Praeceptor Germaniae“ (Lehrer Deutschlands). Er nahm an den Reichstagen in Speyer (1529) und Augsburg (1530) teil und verfasste in großen Teilen die protestantische Bekenntnisschrift Confessio Augustana. Auch nach Luthers Tod prägte er als führender Kopf die Wittenberger Reformatoren, gründete Schulen sowie Universitäten und stand mit Gelehrten in ganz Europa in Kontakt.