Dekanate, so zeigt es ein Blick in die Geschichte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB), kommen und gehen. Schon immer wurden sie bei Bedarf gegründet - und auch wieder aufgelöst. Die Dekanatsebene habe schließlich vor allem eine "dienende Funktion", sagt etwa die Kitzinger Dekanin Kerstin Baderschneider.
Die mittlere Ebene: Unterstützen, Planen, Vernetzen
Als "mittlere Ebene" zwischen den Kirchengemeinden und der Kirchenleitung soll sie unterstützen und planen. Das bleibt auch in Zeiten von Mitgliederschwund und Finanzrückgang das große Ziel in Unterfranken. Um es zu erreichen, sollen dort aus den bislang neun kleinen Dekanaten - Aschaffenburg, Lohr, Kitzingen, Würzburg, Castell, Markt Einersheim, Rügheim, Schweinfurt und Bad Neustadt - bis 2027 drei Großdekanate werden.
Bei den aktuellen Strukturdebatten in der bayerischen Landeskirche geht es mitunter sehr emotional zu. Zuletzt war das etwa bei der Fusion der drei altbayerischen Kirchenkreise zu beobachten, bei der sich einige schwäbische Landessynodale nicht ausreichend mitgenommen fühlten. Oder auch bei der vorerst abgelehnten Fusion der kleinen Dekanate Markt Einersheim und Castell im Grenzgebiet zwischen Mittel-, Unter- und Oberfranken. Dass beim Vorstoß in Unterfranken alle gelassen bleiben, mag an der großen Einigkeit liegen, mit der die Dekaninnen und Dekane die Idee gemeinsam entwickelt haben.
Der Bad Neustädter Dekan Uwe Rasp benennt einen wichtigen Faktor: "Bedenkenträger gegen die Pläne sind bei uns in den Kirchengemeinden und Gremien sehr selten - da waren wir schon überrascht." Vielmehr gebe es "fast ausschließlich" positive Rückmeldungen, sagt sein Schweinfurter Amtskollege Oliver Bruckmann. Den meisten Gemeinden sei es nahezu egal, wie groß ein Dekanat ist oder wo sich der Dekanatssitz befindet. Entscheidend sei, dass es "in die Fläche hinein" eine gute Kommunikation und eine funktionierende "Unterstruktur" in den jeweiligen Regionen gibt.
Drei Großdekanate für Unterfranken: Ein Modell für die Zukunft
Konkret sehen die Pläne vor, dass Unterfranken in drei - aus evangelischer Sicht - gleich große Regionen aufgeteilt wird. Im Westen Stadt und Landkreis Aschaffenburg sowie die Landkreise Miltenberg und Main-Spessart, im Norden Stadt und Landkreis Schweinfurt sowie die drei Landkreise Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen und Haßberge. Den Süden bilden dann die beiden Landkreise Würzburg und Kitzingen sowie die Stadt Würzburg. In den drei geplanten Regionen leben aktuell jeweils 55.000 bis 80.000 evangelische Christen - die Untergrenze für Dekanate liegt seit einiger Zeit bei 35.000.
"Zum einen würden uns diese Größen die Sicherheit verschaffen, dass wir uns nicht in fünf Jahren gleich wieder mit Strukturfragen befassen müssen", sagt Dekan Bruckmann. Zum anderen mache die zumindest grobe Orientierung an den politischen Landkreisgrenzen Sinn, weil man eben auch mit staatlichen Stellen zusammenarbeite - etwa im Bereich des Religionsunterrichts. "Ein ganz wichtiger Aspekt ist", sagt Kitzingens Dekanin Baderschneider, "dass es bei dem Prozess keine Gewinner oder Verlierer gibt - hier wird niemand geschluckt, es entsteht etwas Neues."
Die Pläne in Unterfranken sind bayernweit einmalig. Normalerweise machen sich zwei oder auch mal drei Dekanate auf den Weg, um zu fusionieren. Manchmal verschwindet ein Dekanat von der Landkarte und wird auf seine "Nachbarn" aufgeteilt, wie vor einiger Zeit im mittelfränkischen Heidenheim am Hahnenkamm - das Dekanat war schlichtweg zu klein geworden. Aber dass sich gleich neun Dekanate auf ein gemeinsames Konzept verständigen, ist ungewöhnlich - bei der Kirchenleitung in München finden die Pläne jedenfalls Unterstützung.
Außerdem schauen die Dekaninnen und Dekane sogar über die aktuellen Kirchenkreisgrenzen von Ansbach-Würzburg hinaus. Seit Jahrzehnten gehört ein Teil Unterfrankens evangelischerseits zu Oberfranken: das Dekanat Rügheim, das große Teile des Landkreises Haßberge umfasst. Dekanin Anne Salzbrenner sagt, man habe sich beim Thema Fusionen zuerst nach Oberfranken orientiert - aber der unterfränkische Gesamtplan habe großen Charme: "Dass die Menschen vor Ort von Anfang an mit einbezogen wurden, das ist ein wichtiger Faktor."
Blick nach vorne: Umsetzung und Chancen der Fusionen
Wie es nun weitergeht? Die Vorgespräche sind abgeschlossen, nun gilt es die rechtlichen Details zu klären:
"2026 wird das Jahr der Vorbereitungen und Entscheidungen, ab 2027 beginnt die Umsetzung", erläutert der Schweinfurter Dekan Oliver Bruckmann.
Wichtig ist ihm, dass die neuen "Grenzen" der Dekanate keine "Mauern" sein sollen: "Unser Ziel ist eine funktionale Dekanatsebene, die Zusammenarbeit in den neuen Regionen ermöglicht - und selbstverständlich auch darüber hinaus." Entscheiden werden über diese Neuordnung die bisherigen regionalen Gremien.
Die seit etwas mehr als eineinviertel Jahren mit Nachdruck geplante Fusion der kleinen Dekanate Castell und Markt Einersheim ist mit den neuen Plänen zwar nicht gänzlich vom Tisch - "aber die Gremien bei uns wären durchaus auch bereit, diesen Schritt" zu einer großen Fusions-Lösung mitzugehen, sagt Markt Einersheims Dekan Ivo Huber. Am Ende komme es vor allem darauf an, wie bei der "gewöhnungsbedürftigen Dekanatsgröße" die Regionen weiter gesehen werden und ob partnerschaftlich miteinander umgegangen wird. Er sei da aber durchaus zuversichtlich, betont Huber.
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Die Gemeinden brauchen…
Die Gemeinden brauchen PfarrerInnen die Mit den Menschen leben und keine Amtspersonen die nur repräsentieren und keine Zeit haben .
Deshalb weniger Dekane und dafür gute PredigerInnen.Hoffentlich bringt das dann die neue Struktur.
Den allermeisten Menschen ist es auch egal zu welchem Dekanat sie gehören.