Zwei erfahrene Theologinnen mit fränkischem Touch verstärken das evangelische Dekanat München im Schlussspurt seiner Strukturreform. Am Freitag (14. März) werden Stefanie Ott-Frühwald und Angela Smart in einem Festgottesdienst in der Matthäuskirche als Dekaninnen eingesegnet.
Die beiden Theologinnen sind bereits seit 1. März Teil des siebenköpfigen Dekane-Teams, das künftig die Geschicke der Protestanten in der Region leitet - zusammen mit der neu strukturierten Dekanatssynode, die ab Freitag zu ihrer ersten Arbeitssitzung zusammenkommt.
Stefanie Ott-Frühwald: Lust aufs Gestalten
Ott-Frühwald, gebürtig in der Nähe von Coburg, war zuletzt sieben Jahre Dekanin im oberfränkischen Michelau - nach Berufsstationen unter anderem in Magdeburg und Hannover. Die 54-Jährige hat eine klinische Seelsorge- und eine Supervisoren-Ausbildung absolviert und springt mit Neugierde in den laufenden Reformprozess im Dekanat München.
"Ich habe große Lust aufs Gestalten", sagt die Theologin, die sich auf die Teamarbeit im Dekane-Kollegium freut. Die geschäftige Atmosphäre mit vielen schnellen Beschlüssen liege ihr:
"Ich finde es schön, wenn Entscheidungen getroffen werden - das weist den Blick nach vorn."
Angela Smart: Erfahrung aus Südbayern und Oberfranken
Auch Angela Smart hat die letzten fünf Jahre in Oberfranken gearbeitet, in Eckersdorf bei Bayreuth. Das Traditionsbewusstsein von Gemeinden, die seit der Reformation evangelisch sind, war für die gebürtige Engländerin neu. Denn den größten Teil ihres Berufslebens hat Smart als Pfarrerin in Südbayern verbracht, erst in Burgau bei Günzburg, dann in Herrsching am Ammersee, immer eingebunden in Dekanats- und Reformprozesse.
Trotz der Dynamik, die im Münchner Strukturwandel gerade alle auf Trab hält, will sie sich Zeit nehmen fürs Kennenlernen. "Gerade in Umbruchsituationen sind Kommunikation und ein Gefühl der Sicherheit für alle wichtig", sagt die 61-Jährige, deren Stelle auf drei Jahre befristet ist.
Smart und Ott-Frühwald teilen sich das Büro des alten Prodekanats München-Ost, tragen aber die Personalverantwortung für jeweils einen der vier neuen Dekanatsbereiche. Dazu kommen Themenschwerpunkte, die bislang nur grob festgelegt sind: Finanzen, Seelsorge, Spiritualität, Kasualien.
Glaube zur Sprache bringen
Vieles ist derzeit noch im Fluss, doch ein Thema bringen die beiden Neuen schon mit für die kommenden Strategieplanungen. Als "Sprachfähigkeit" bezeichnet es Ott-Frühwald, die in ihrer Magdeburger Zeit erlebt hat, was es bedeutet, wenn Menschen gar nichts mehr vom Glauben wissen:
"Da muss ich als Christin Auskunft darüber geben können, was mich auch in schweren Zeiten trägt."
Wenn der Glaube mittlerweile auch vielen Menschen im traditionell kirchlichen Bayern immer weniger bedeute, "hat es auch damit zu tun, dass Kirche ihre Inhalte und Angebote nicht immer gut vermittelt hat", sagt sie. "Es ist unsere Aufgabe, den Glauben zur Sprache zu bringen und Begegnungsräume zu eröffnen", findet auch Angela Smart: "Damit die Menschen einen Geschmack fürs Unendliche bekommen."
Ein straffer Start für die neuen Dekaninnen
Viel Zeit zum Luft holen bleibt den Bürokolleginnen nach dem Festgottesdienst zu ihrer Einführung nicht. Schon am Montag darauf haben beide ihre erste Dienstkonferenz mit allen Pfarrerinnen und Pfarrern, Diakonen, Kirchenmusikerinnen und Religionspädagogen ihres Bereichs. Groß seien die neuen Strukturen, sagt Smart, umso wichtiger für sie, "dass sich alle darin zuhause fühlen".
Und Ott-Frühwalds Kalender füllt sich bereits fortlaufend mit Terminen für Abschiede und Neuanfänge in ihren Gemeinden – "keine andere Stelle hat mich schon im Vorfeld so beschäftigt, wie diese", sagt sie mit einem leisen Staunen.
Dekanatsreform: Neue Strukturen für die Zukunft
Statt der bislang sechs Prodekanate bilden die 62 evangelischen Gemeinden in und um München seit Anfang des Jahres ein Gesamtdekanat. Die Interessen der Gemeinden, Einrichtungen und Berufsgruppen vertreten 102 Delegierte in der Dekanatssynode, die sich zweimal im Jahr trifft. Die laufenden Geschäfte übernimmt der maximal 18-köpfige Dekanatsausschuss zusammen mit dem Dekane-Kollegium.
Die Reform ist dem prognostizierten Rückgang der Kirchenmitglieder um 50 Prozent bis spätestens 2050 geschuldet. Ziel ist eine inhaltliche Gesamtstrategie als Zukunfts-Fahrplan für das größte Dekanat der Landeskirche: Rund zehn Prozent der bayerischen Protestanten leben in der Region München.
Strukturreform im Dekanat München
Das Dekanat München besteht aus 62 evangelischen Gemeinden: Die kleinste ist die Jesajakirche im Stadtteil Fasangarten mit gut 1.000 Mitgliedern, die größte ist die Christuskirche Neuhausen mit mehr als 6.500 Mitgliedern. Die zum 1. Januar 2025 in Kraft getretene Strukturreform sieht vor, dass künftig vier bis fünf Gemeinden einen "Nachbarschaftsraum" bilden, in dem sie ihre Angebote koordinieren. Jeder Nachbarschaftsraum soll etwa 10.000 bis 15.000 Evangelische umfassen, um auch in zehn Jahren - bei sinkenden Mitgliedszahlen - noch als sinnvolle Größe arbeiten zu können. Die bislang sechs Prodekanate mit je eigenem Dekan wurden zum 1.1.2025 abgeschafft. Zuständig für das Gesamtdekanat ist jetzt ein Dekanekollegium mit aktuell sieben Mitgliedern. Stadtdekan Bernhard Liess und Barbara Pühl, die in den Dekaninnenrang erhobene Leiterin der Evangelischen Dienste (EDM), übernehmen allgemeine Leitungsaufgaben und steuern die kirchlichen Einrichtungen wie Jugendarbeit, Stadtakademie oder Altenheimseelsorge. Die 62 Gemeinden werden in vier Bereiche eingeteilt. Den gesamten Osten betreut die neue Dekanin Stefanie Ott-Frühwald, den Norden und Westen übernimmt Dekan Felix Reuter, die City teilen sich Christoph Jahnel und Claudia Häfner als Dekans-Stellenteiler. Mit der neuen Funktion einer "geschäftsführenden Dekanin" ist Pfarrerin Angela Smart - auf drei Jahre befristet - für den Süden zuständig. Die Dekanatssynode trifft sich zweimal im Jahr für einen Sitzungstag. Mit 102 Mitgliedern ist sie nur geringfügig kleiner als die bayerische Landessynode (108). Schuld daran sei die Dekanatsbezirksordnung (DBO) der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB), erklärt Stadtdekan Liess. Ihr zufolge entsende jede Gemeinde eines Dekanats einen Vertreter oder eine Vertreterin in das Gremium. Dazu kommen im Fall von München laut DBO bis zu zwölf Pfarrerinnen und Pfarrer. Die Evangelischen Dienste sind in der Synode hingegen lediglich mit drei Personen vertreten, andere kirchliche Berufsgruppen wie Diakone mit vier. Dieses Ungleichgewicht bildet Liess zufolge nicht mehr das Bild einer Kirche von heute ab. Die DBO zu ändern sei jedoch Sache der Landeskirche. |
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