Für die katholische Kirche sieht Kardinal Reinhard Marx im nächsten Jahr eine ganze Reihe von Aufgaben und Herausforderungen - vom Klimaschutz bis hin zur Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. Die Kirche habe eine große Verantwortung für das "eine Haus der Schöpfung" und müsse sich deshalb für den Klimaschutz stark machen, sagte Marx am Dienstag im Münchner Presseclub. Von ihrem biblischen Auftrag her sei die Kirche auch den nachkommenden Generationen verpflichtet und den durch Klimawandel bedrängten Menschen auf der ganzen Welt, weil "Jesus der Bruder aller Menschen ist".
Mit Sorge sieht Marx, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, die Auswirkungen eines "ungebremsten Kapitalismus".
Dadurch nehme die soziale Ungleichheit in der Welt zu. Auch in Deutschland hätten immer weniger Familien die Chance, für ihre Zukunft zu sorgen, etwa durch den Kauf einer Immobilie. Diese wachsende Ungleichheit habe zu einem Bedürfnis der Menschen nach einfachen Antworten geführt, was Fundamentalismus und populistischen Parteien Aufwind gebe.
Angesichts dieser Tendenzen wolle die Kirche, die sich auch als Teil der Gesellschaft verstehe, für eine differenzierte Darstellung der Probleme eintreten, sagte der Kardinal. Ein "Schwarz-Weiß-Denken" führe nicht weiter. Deshalb verteidigte Marx den nicht unumstrittenen "synodalen Weg" der katholischen Kirche. Denn dabei gehe es bei den Zukunftsfragen der Kirche um ein gemeinsames Suchen und die Wahrnehmung verschiedener Strömungen.
Als Aufgabe für das nächste Jahr nannte Marx eine intensive Aufarbeitung der Missbrauchsfälle.
Ausgehend von der umfangreichen Studie zum Missbrauch in der Kirche müssten als nächstes "plausible Summen" an Entschädigungsleistungen gefunden werden. Die bisherige Praxis reiche nicht aus, die Opfer bräuchten eine "bessere Anerkennung des Leids". Deshalb müsse die Kirche ein stärkeres Zeichen setzen.
Erst wenn die Entschädigungssummen "einigermaßen plausibilisiert" seien, könne man über die Finanzierung reden. Nötig ist Marx zufolge auch eine Modifizierung des Kirchenrechts. Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, bei der die kritischen Punkte nicht ausgeblendet werden dürfen, könne nicht von oben angeordnet werden, sondern laufe in den einzelnen katholischen Bistümern unterschiedlich, sagte der Kardinal. Am Ende dieser Prozesse solle dann aber ein gemeinsames Vorgehen stehen.
Die Reformen innerhalb der Kirche seien "sehr mühsam", sagte Marx. Bei diesen Reformen, wie etwa der Einbindung von Laien, müsse der Papst die gesamte Kirche in ihren verschiedenen Strömungen im Boot behalten. Dabei stehe der Papst unter dem Druck konservativer Kräfte.