Die Höhe der Kirchensteuer ist der wichtigste Grund, warum Menschen aus der evangelischen Kirche austreten. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Dekanats Fürstenfeldbruck, die am Wochenende bei der Dekanatssynode erstmals zur Diskussion gestellt wurde. Bei der telefonischen Umfrage des Instituts Emnid waren 312 Menschen befragt worden, die zwischen 2007 und 2009 ausgetreten waren. Der Dekanatsbezirk zählte im Jahr 2006 noch 43.288 Mitglieder, heute sind es rund 41.900 Mitglieder.

Der Dekanatsbezirk Fürstenfeldbruck gilt in der bayerischen Landeskirche als Modellregion für das Thema Mitgliederbindung. Die Umfrage sollte eine "solide Datenbasis" für die weitere Arbeit vor Ort bilden. Wie der zuständige Referent in der Landeskirche, Jörg Hammerbacher, den Synodalen erklärte, seien weitere Umfragen im Dekanat Schweinfurt und in Neumarkt in der Oberpfalz in Arbeit. "Die Erkenntnisse, die in den Modellregionen erprobt werden, sollen dann landesweit zum Tragen kommen", so Hammerbacher.

Wie auf Kirchenaustritt reagieren

"Uns beschäftigt seit längerem die Frage, wie wir auf Kirchenaustritte reagieren oder diese sogar vermeiden können", erklärte Dekan Stefan Reimers. Fürstenfeldbruck wolle bei Maßnahmen und Ideen zur Mitgliederbindung eine Vorreiterrolle spielen. Immerhin habe ein Viertel der Ausgetretenen laut Umfrage weiterhin Interesse an der Kirche gezeigt.

Das Geld, so wird an der Umfrage deutlich, ist bei den meisten Menschen ausschlaggebend für den Kirchenaustritt: Von den 312 Befragten gaben 46 Prozent an, wegen der Kirchensteuer ausgetreten zu sein. 21 Prozent nannten als Grund, sie könnten "auch ohne Kirche Christ sein"; zehn Prozent erklärten, sie bräuchten keine Religion in ihrem Leben.

Weitere Gründe waren die Unzufriedenheit mit dem Pfarrer oder kirchlichen Mitarbeitenden, mit dem Angebot der Gemeinde oder Ärger über kirchliche Stellungnahmen. Über die Hälfte der Befragten gab an, in den letzten Jahren an Kasualien wie Taufen oder Hochzeiten, Gottesdiensten und Veranstaltungen der Kirche teilgenommen zu haben.

Entscheidung zum Kirchenaustritt erfolgt alleine

Die Entscheidung zum Kirchenaustritt trafen die meisten Menschen (63 Prozent) alleine. Der Entscheidungsprozess dauerte meist mehrere Jahre und war mit "Momenten des Zweifels" (42 Prozent) verbunden. Knapp ein Drittel der Befragten (28 Prozent) erklärte, den Austritt als Erleichterung empfunden zu haben, andere empfanden Ärger (26 Prozent) oder Trauer (13 Prozent).

Nach Erscheinen der Studie wertete eine Arbeitsgruppe die Ergebnisse aus und erarbeitete ein Konzept zur Mitgliederorientierung: "Wir wollten möglichst konkrete Schritte zu formulieren, die dann auf unterschiedlichen Ebenen umgesetzt werden können", sagte Dekan Reimers. Dieses "Perspektiv"-Papier wurde von der Dekanatssynode auch weitgehend verabschiedet.

Das Konzept enthält konkrete Vorschläge für alle Ebenen. Die bayerische Landeskirche soll sich demnach intensiv mit dem Thema Kirchensteuer beschäftigen und beispielsweise erwägen, ob Menschen mit einem geringen Einkommen entlastet werden können und reiche Menschen künftig nur einen Höchstbetrag zahlen sollen. Weiterhin sollen Informationsbroschüren entwickelt werden, die etwa an Berufsanfänger oder Steuerberater gegeben werden können.

Angebote der Gemeinden verbessern

Auf Dekanatsebene geht es vor allem um Synergien: In Fürstenfeldbruck sollen künftig in der Verwaltung die Angebote der Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen besser vernetzt werden, um "wieder mehr Raum für die Seelsorge zu schaffen", wie Reimers erklärte. Der Dekanatsbezirk soll zu einem "Kompetenzzentrum" für Gemeinden und kirchliche Einrichtungen werden. Einzig die Empfehlung, eine eigene Informationsstelle für Fragen der Mitgliedschaft einzurichten, wurde von den Synodalen abgelehnt.

Laut Beschluss der Dekanatssynode sind auch die Gemeinden aufgerufen, sich mit der Mitgliederbindung zu befassen: Pfarrerinnen und Pfarrer sollen sich intensiv mit dem Thema Kasualien beschäftigen. Neben Hochzeiten oder Taufen sollen neue Kasualien entwickelt werden, so etwa zum Berufsanfang oder für den Einstieg ins Rentenalter. Weiterhin sollen die Gemeinden stärker die verschiedenen Zielgruppen in den Blick nehmen und überlegen, wie sie neue Mitarbeiter gewinnen können. Schließlich sollen Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, über Modelle wie etwa einen Freundeskreis weiterhin eingebunden werden.