"Glühende Kohlen sind vom Himmel gefallen", erinnert sich Feuerwehrmann Felix Schanzmann an den Einsatz, den er vor genau zehn Jahren am 5. Juni leitete. Aus dem Dachstuhl der Nürnberger St.-Martha-Kirche schlugen die Flammen. Weil die 600 Jahre alte Kirche ganz nah an anderen Altstadthäusern steht, musste verhindert werden, dass das Feuer auf sie übergriff.
Menschen, die in der Nachbarschaft wohnten, wurden über Leitern aus ihren Häusern geholt. Einsatzkräfte legten eine fast 400 Meter lange Löschwasserleitung bis zur Pegnitz, damit genug Wasser zum Löschen da war.
Großer Feuerwehreinsatz
"Das war bis jetzt der größte Einsatz in meinem Berufsleben", sagt Schanzmann. "Das Szenario war wirklich eine Katastrophe."
Dankbar erinnert er sich aber auch daran, dass keiner seiner Leute verletzt wurde. "Das, was wir machen konnten, haben wir gemacht. Mehr ging leider nicht".
Der Dachstuhl zerstört, schwarz verrußte Wände, verkohlte Balken, eine zerstörte Orgel, deren Pfeifen geschmolzen waren. Als die Feuerwehrleute den Brandort freigaben und man die Reste der reformierten Kirche besichtigen konnte, war das ein trauriger Anblick. Auch für den damaligen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der selbst der reformierten Kirche angehört, und sich bei einem Besuch in Nürnberg den Brandort zeigen ließ.
Besonderheit an der Marthakirche
Und dennoch Glück im Unglück: Ein Highlight der Kirche, die historischen bunten Glasfenster, waren bereits vor dem Feuer wegen Restaurierungsarbeiten ausgebaut und eingelagert worden. Ebenfalls eine gute Fügung: Gegenüber der Marthakirche liegt die katholische Klarakirche. Dort bekamen die Reformierten in der Zeit des Wiederaufbaus "Asyl".
Unklare Brandursache
Vielleicht war es ein elektrisches Gerät, ein Lüfter oder eine Lampe. Aber die Sachverständigen von Kriminalpolizei und den Versicherungen haben nie herausfinden können, weshalb die Marthakirche plötzlich in Flammen stand.
Der damalige Pfarrer Dieter Krabbe hielt es zunächst für einen bösen Scherz, als ihn um 2.09 Uhr mitten in der Nacht ein Beamter der Polizei anrief: "Sind Sie der Pfarrer der Marthakirche? Ihre Kirche brennt." Danach kam "Schockstarre" erinnerte sich Krabbe kurz nach dem Brand.
Der heutige Pfarrer Georg Rieger, damals einfaches Gemeindemitglied, muss an sein Entsetzen über den Brand denken.
"Apokalyptisch" habe es bei der Kirche ausgesehen. Er stellt fest, "dass man keinen Gefühlshaushalt dafür hat, mit der Trauer um ein abgebranntes Gebäude umzugehen".
Zwei Tage nach dem Unglück hatte er beim Joggen einen Gedanken, der wohl für die "Auferstehung" von St. Martha entscheidend war: "Der Wiederaufbau muss koordiniert werden, und ich will das machen."
"Am Bauen sind schon Ehen kaputtgegangen", beschreibt er seine Sorge, der Neubeginn könne Streit bringen. Es könnte diejenigen geben, die alles wie zuvor haben wollen, und diejenigen, die die Chance auf etwas Neues sehen. Weil Rieger eine Coaching-Ausbildung hat und bei der evangelisch-reformierten Kirche bereits einmal als Krisenkommunikator eingesetzt gewesen war, übertrug man ihm den Job.
Es fällt schwer, sich an die verbrannten klobigen dunklen Kirchenbänke zu erinnern. Heute stehen Stühle auf dem gestampften, imprägnierten, grauen Lehmboden. Wer zur Decke hinaufblickt, entdeckt eine mehrschichtige Struktur aus diagonal versetzten Bretthölzern, dazwischen Hunderte kleiner Lämpchen. Ein "Abrahams-Himmel", der die Kirche zu einem guten Konzertsaal macht. Zudem hat das Gotteshaus heute den besten Brandschutz, den man sich vorstellen kann.
Wiederaufbau des Kirchengebäudes
Es habe sich im Prozess des Wiederaufbaus so vieles gut gefügt, blickt Rieger zurück. Die beteiligten Denkmalbehörden, die Handwerker, Architekten und die Gemeinde - "es hat vieles gepasst". Zwölf Millionen Euro hat der Wiederaufbau gekostet, der größtenteils von der Versicherung gedeckt war.
Bei der Wiedereröffnung im Herbst 2018 sagte Pfarrer Krabbe:
"Ich hätte auf den Brand verzichten können, aber heute hat die Gemeinde sehr viele Möglichkeiten".
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