Es ist schon ein Kreuz mit diesen Wahlen. Da finden alle sechs Jahre Kirchenvorstandswahlen statt - und von den rund 2,13 Millionen Protestanten in Bayern gehen weniger als 20 Prozent wählen. Für den Urnengang zur  Kirchenvorstandswahl 2018 werden sich die Gemeinden, die Dekanate und die Landeskirche kräftig ins Zeug legen.

KV-Wahl bestimmt die Zukunft von 1.300 Kirchengemeinden

Für die rund 1.300 Kirchengemeinden in ganz Bayern ist die so genannte KV-Wahl von großer Bedeutung: Immerhin entscheiden die Kirchenvorsteherinnen und -vorsteher über die Finanzen einer Gemeinde, über Kindergärten und Konzerte, Freizeiten und Arbeitslosenprojekte. Ihre Meinung zählt, wenn eine neue Pfarrstelle besetzt oder ein Diakon eingestellt werden soll, sie sind gefordert, wenn es um die Sanierung der Kirche oder die Arbeit der Ehrenamtlichen geht.

Kirchenvorstand hat Macht und Gestaltungswille

Der Kirchenvorstand hat Macht, und, wie es der evangelische Theologieprofessor Herbert Lindner diplomatisch ausdrückt, er ist ein »guter Indikator für die Reichweite des gemeindekirchlichen Systems«. So werde an der KV-Wahl deutlich, wer zur »Kerngemeinde« gehöre und wer bereit sei, sich zu engagieren. Doch könne die Wahl kaum die Kirchenfernen erfassen. Schließlich gäbe es auch Menschen, die sich zwar nicht engagieren, aber dennoch zugehörig fühlten.

Ein weiteres Problem sei mit dem Amtsverständnis selbst verbunden. Denn welcher Manager mit Familie könne sich die Zeit nehmen für mehrstündige Kirchenvorstandssitzungen? Und welcher junge Spitzenverdiener sei bereit, sich für sechs Jahre festzulegen? Von einem bunten Querschnitt der Gesellschaft im Kirchenvorstand könne »nicht die Rede sein«, so Lindner. Vielmehr bestehe bei dem Gremium die Gefahr einer »einseitigen Steuerinstanz«, bei der zahlreiche Probleme gar nicht wahrgenommen würden, so ähnlich wie Berufspolitiker gewisse Themen aussparten.

Kirchenvorstand muss Hilfe einfordern

Lindners Weg aus diesem Dilemma: »Gemeinden und Kirchenleitung müssen das System pflegen«. So müssten die Kirchenvorsteherinnen und -vorsteher befähigt werden, fehlende Kompetenz zu erkennen und konsequent Hilfe einzufordern - also beispielsweise einen Juristen für die Vereinsgründung gewinnen oder einen Werbe-Fachmann für die Gestaltung und Produktion des neuen Gemeindebriefs zu engagieren. »Damit wird das Know-how in der Gemeinde verankert und die Gemeinde gestärkt«, erklärt der Hochschullehrer.

Hilfestellung bieten könnten hierbei Handbücher und Schulungen. Immerhin eines bleibt für den Gemeindeexperten Gewissheit: Das basisdemokratische Modell des Kirchenvorstands zeige langfristig eine »hohe Stabilität des Systems Volkskirche.«