"Prüft alles und behaltet das Gute!" Zu den Bibelversen, die es zum geflügelten Wort geschafft haben, gehört auch dieser Vers aus dem ersten Paulusbrief an die Thessalonicher – die christliche Losung für das neue Jahr 2025.
Zuständig für die Jahreslosungen ist die Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen. Im Auswahlgremium soll es kontroverse Diskussionen gegeben haben, ob der Vers nicht als "belangloses Allerweltswort" missverstanden werden könnte. Gott kommt nicht darin vor. Die Karriere des Bibelspruchs zum Sprichwort hat das vermutlich beflügelt.
Welchem der beiden Satzteile messen wir die größere Bedeutung zu? Dem Prüfen oder dem Bewahren? Maßstab für das "Gute" ist, so wie Paulus den Satz meint, immer der Christusglaube – und der beginnt mit dem Kind in der Krippe. Ein Kind, das kein "Palästinenser" war, wie heute sogar viele Christen meinen, sondern das Kind einer jüdischen Mutter, ein Jude aus Nazareth. Dieses Wissen in Herz und Hirn zu bewegen gehört zum Guten, das es zu behalten gilt.
In einer Zeit der Krisen, in der sich gefühlt die Herausforderungen täglich vervielfachen, ist es eine Versuchung, sich der Apokalypse-Lust hinzugeben. Das Klima? Wir sind nicht mehr zu retten! Donald Trump 2.0? Der Untergang der Demokratie ist besiegelt! Migration? Deutschland schafft sich ab! Die Reihe der Apokalypse-Lust-Themen lässt sich leicht fortsetzen. Immer schreit die Apokalypse-Lust nach extremen Maßnahmen. Sie ist Treibstoff für die Kraft, die behauptet, für das Gute zu stehen, und doch das Schlechtere oder gar Böse schafft. Häufig schüttet sie das sprichwörtliche Kind mit dem Bad aus.
Prüfen und Behalten – politisch ist dies das Spannungsfeld zwischen dem angeblich "Progressiven" und dem vermeintlich "Konservativen". Eine kräftige Wirtschaft und Wohlstand sind die Voraussetzung, um die Herausforderungen durch den Klimawandel zu bestehen. Zusammenhalt und Wir-Gefühl zu fördern wird immer wichtiger, je "bunter", "diverser" und damit auch konfliktbeladener eine Gesellschaft wird. Nicht in Panik und hochgezogenen Grenzen liegt die Antwort, sondern in maßvollen, vernünftigen und vor allem funktionierenden Lösungen.
Obwohl er mit der Apokalypse rechnet, ist es bei Paulus gerade nicht Apokalypse-Lust, die seinen Blick lenkt, sondern Dankbarkeit und auf Erfahrung beruhendes Gottvertrauen. Eine Haltung, aus der sich völlig andere Zukunftsperspektiven ergeben.
Apropos Vergangenheit und Zukunft: Die Jahreslosung 2026 wird lauten: "Gott spricht: Siehe, ich mache alles neu!" (Offenbarung 21, 5) Und die des vergangenen Jahres war: "Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16, 14) Man sollte alle drei Verse zusammen begreifen. Denn wir Menschen sind zum "alles neu machen" weder bevollmächtigt noch in der Lage. Aber zur Liebe.
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