Die Rummelsberger Brüderschaft will ihr Schutzkonzept gegen Missbrauch überarbeiten. Es war nach dem Missbrauchsskandal von 2007 in der Brüderschaft der Rummelsberger Diakonie entstanden.
Wie der Senior der Rummelsberger Brüderschaft, Peter Barbian, in einem epd-Gespräch sagte, hat eine Masterarbeit über das Konzept überraschend gezeigt, dass "es in Vergessenheit geraten ist und für viele Leute kein Thema mehr ist".
Viele in der Brüderschaft hätten den Inhalt des Schutzkonzepts nicht gekannt, habe der Autor der Masterarbeit, Damian Rieder, von der Hochschule in Landshut festgestellt. Man habe nun sofort eine Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Schutzkonzepts eingesetzt.
Alte Wunden und die Suche nach Aufarbeitung
Der damalige Rektor der Rummelsberger hatte im Rahmen eines sogenannten wissenschaftlichen Experiments Diakone und Diakonenschüler misshandelt. Sie erlitten seelische und körperliche Gewalt. Ihr Peiniger verbot ihnen, über das, was sie erlebten, zu sprechen. Die Betroffenen hätten vom Täter auf eine Entschuldigung und darauf gewartet, dass er seine Schuld anerkannte, sagte Barbian. Beides habe der nie getan.
"Versöhnung mit ihm herzustellen, war schon ein hoher Anspruch, der damals sehr stark von außen an die Betroffenen herangetragen wurde."
Vergleichbares passiere jetzt wieder bei der Debatte um die ForuM-Studie zum Missbrauch in der Evangelischen Kirche in Deutschland.
"Die Betroffenen leben bis heute und sind immer noch präsent, aber es gibt selten Gelegenheiten, bei denen sie das Wort erheben", sagte Barbian, "es ist wieder eine große Normalität eingetreten." Damals sei in der Brüderschaft drei Jahre lang ständig über das Thema gesprochen worden. Eine beauftragte "Kümmerin" habe danach einmal im Jahr in den Brüderschaftsversammlungen berichtet, "was der Stand der Dinge ist und wo noch etwas offen ist". So sei das Thema zwar wachgehalten geworden, aber es sei auch ein Trauma geblieben, "über das viele nicht mehr reden wollten".
Schutzkonzepte als Grundlage für eine Kultur der Achtsamkeit
Ein Schutzkonzept bewirke, sensibel zu bleiben und Strukturen sofort zu hinterfragen, die unter Umständen Machtmissbrauch unterstützen könnten, sagte Barbian. "An ganz vielen Punkten gibt es bei uns ein Vier-Augen-Prinzip, um Missbrauch zu verhindern." Ein Mitarbeiter, der in der Jugendarbeit von einem Jugendlichen beschuldigt werde, ihn angefasst zu haben, werde sofort suspendiert.
"Zugleich müssen wir aber auch sehen, dass falsch Beschuldigte wieder unbeschadet ihre Arbeit aufnehmen können."
100-prozentigen Schutz gebe es nicht, aber man könne Hürden aufbauen und innerhalb einer Organisation eine Kultur der Achtsamkeit entwickeln.
Seit dem Weggang des letzten Rummelsberger Rektors im Jahr 2021 gibt es in dem Diakonie-Unternehmen vor den Toren Nürnbergs keinen Rektor mehr, der über Jahrzehnte der Repräsentant der Landeskirche in Rummelsberg war. Der Wegfall dieses Postens sei wohl eine Spätfolge des Missbrauchsskandals, meint Barbian. "In der Diskussion über einen Rektor hat sicher unbewusst eine Rolle gespielt, was damals passiert war." Für die dienstrechtlichen Belange der Diakone und Diakoninnen ist heute die Personalabteilung der Landeskirche zuständig.
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