Im Amtsblatt der evangelischen Landeskirche kann man im April nachzählen: Derzeit sind in Bayern 79 Stellen, einschließlich der theologisch-pädagogischen, unbesetzt. Dem stehen im März etwa 25 Bewerbungen gegenüber, wie eine Sprecherin berichtet. Und auch beim Nachwuchs sieht es düster aus: Im Jahr 2025 werden derzeit 48 angehende Pfarrerinnen und Pfarrer ausgebildet. Zahlen, die aufhorchen lassen.

Der übliche Weg, auf dem Gemeinde und Pfarrerin oder Pfarrer zueinander finden, ist die Ausschreibung im kirchlichen Amtsblatt. Dort können sich Pfarrerinnen und Pfarrer informieren. "Auch in Zeitungsartikeln wird bei Verabschiedungen gerne ein kleiner Werbeblock für die Neubesetzung geschaltet, was sich in letzter Zeit auch bewährt hat." Sie kenne aber auch mehrere Beispiele und Ideen von Gemeinden, die andere Wege gehen: Videos via Instagram und vereinzelt auch kurze "Werbe- und Vorstellungsreels". Auch das könne zum Erfolg führen.

Über Bewerbungsvideo ins Kleinlangheimer Pfarrhaus

Ende März wurde im unterfränkischen Kleinlangheim Pfarrerin Evelyn Beck-Pieler ordiniert. Nach dem Vikariat in Illesheim übernimmt sie dort ihre erste eigene Pfarrstelle, auf die sie in den sozialen Medien aufmerksam wurde. Auf Instagram war sie über einen einminütigen Clip gestolpert, auf dem sich die evangelische Gemeinde im Landkreis Kitzingen präsentiert.

"Jung und Alt waren da vertreten, stellten sich kurz vor und erklärten, warum es sich bei ihnen lohnt, zu leben und zu arbeiten", erinnert sie sich. Zu sehen war die Kirche St. Georg und Maria innerhalb der historischen Kirchenburg. Daneben aber auch das Pfarrhaus mitsamt Pfarramtssekretärin, Kirchenvorstände im Weinberg und freundliche Gesichter, die einladend wirkten.

Die Vikarin ließ ein "like" da – und das fiel Dekanin Kerstin Baderschneider auf, die Evelyn Beck-Pieler noch von früherer Zusammenarbeit kannte. "Sie sprach mich direkt an und ermutigte mich, mir die Gemeinde näher anzuschauen", erinnert sich die frisch gebackene Pfarrerin. Ein halbes Jahr später fand die Ordination statt – ihr Vorgänger Harald Vogt war erst im Oktober 2024 in Ruhestand gegangen.

Mit Weinprinzessin und Posaunenchor

Im Falle der Pfarrei "Am Tannenberg" mit den Gemeinden Markt Herrnsheim, Hüttenheim und Nenzenheim im Nachbardekanat Markt Einersheim sucht man auch seit dem Herbst nach einem Nachfolger für Matthias Subatzus. Bislang ohne Erfolg. Inspiriert von Kleinlangheim haben sich aus den drei Gemeinden im Weinparadies Franken, die es zusammen auf gut 1000 Evangelische bringen, nun auch Ehrenamtliche auf den Weg gemacht, ein Bewerbungsvideo online zu stellen.

Mit malerischer Landschaft, eifrigen Kirchenmusikern und schmucken Gebäuden will dieses Trio ebenso punkten wie mit Standortfaktoren wie ärztlicher Versorgung, Schulen oder der guten Anbindung an Bundestraßen wie Autobahnen. Dafür wurde das Video auch gleich ein paar Minuten länger. Denn auch die Nenzenheimer Weinprinzessin spricht ebenso ein kurzes Grußwort wie der Posaunenchor aus Markt Herrnsheim gleich mal eine Kostprobe seines Könnens gibt.

Schon 2019 mit Bewerbungs-Webseite versucht

Ganz neu ist die Idee, sich als Gemeinde selbst einem potenziellen Kandidaten im Internet für die Pfarrstelle anzubieten, nicht: Bereits 2019 versuchten es die Gemeinden Emetzheim und Holzingen im Dekanat Weißenburg, mit einer Bewerbungs-Webseite auf sich aufmerksam zu machen. Der Erfolg wollte sich damals leider nicht einstellen. "Wir hatten zwei Bewerbungen, die waren aber letztlich aufgrund mangelnder Qualifikation nicht ernst zu nehmen", erklärt Pfarrer Hans Rohmer, der damals die beiden Gemeinden von seiner Hauptstelle im benachbarten Weimersheim aus betreute.

Aus der Not wurde dann eine Tugend – seit 2023 bilden Emetzheim und Holzingen gemeinsam mit Weimersheim sowie mit den Gemeinden Alesheim, Trommetsheim sowie Kattenhochstatt die Pfarrei Flüglingen – weil der Flüglinger Berg in der Mitte der gemeinsamen Region liegt und so etwas wie einen Identifikationspunkt darstellt. "Ich hatte schon 2019 zu den Menschen gesagt: Wenn Ihr Gemeindeleben wollt, wartet nicht darauf, dass die Landeskirche euch jemanden schickt, der dies organisiert. Gemeinde bildet sich immer von unten heraus", so Rohmer rückblickend. Auch wenn das Webseiten-Projekt keinen Erfolg hatte – alle sechs Gemeinden seiner Pfarrei hatten genügend Ehrenamtliche gefunden, die bei den Kirchenvorstandswahlen im Oktober 2024 angetreten sind und somit sechs eigene Kirchenvorstände bilden.

Auch Evangelische Jugend sucht im Netz

Es sind nicht immer Kirchengemeinden, die im Netz nach Leitungspersonal suchen – im mittelfränkischen Bad Windsheim hatte die Evangelische Jugend im November zusätzlich zur offiziellen Ausschreibung um einen neuen Dekanatsjugendreferenten ein kleines Video ins Netz gestellt, in dem die Mädchen und Jungen zu fröhlichen Deutschpop-Klängen ebenso fröhlich abwechselnd beschriftete Schilder in die Kamera halten.

"Zuhören, Zusammenarbeit, Organisieren" aber auch "lachen" und "Kaffee trinken" stehen da als Attribute, die eine Bewerberin oder Bewerber mitbringen sollte. Beworben hatte sich leider – niemand.

"Solche Videos ins Netz zu stellen, ist kein Allheilmittel. In Zeiten, in denen viele freie Stellen wenigen Interessierten gegenüber stehen, sollte man vielmehr auf die persönliche Ansprache und Kontakte setzen", meint Diakon Ralf Romankiewicz, der für die Jugendarbeit in den Dekanaten Bad Windsheim und Uffenheim zuständig ist. Und so hat es dann auch geklappt: Religionspädagogin Fanny Schnerrer kannte jemand, sprach sie an – und ab dem 1. Juli wird sie die neue geschäftsführende Dekanatsjugendreferentin.

Dekanatsjugend Bad Windsheim
Die Dekanatsjugend Bad Windsheim suchte auch mit einem Video einen Referenten.
Die Kitzinger Dekanin Kerstin Baderschneider (links) und Ehemann Matthias Pieler umrahmen Evelyn Beck-Pieler bei ihrer Ordination als Pfarrerin in Kleinlangheim.

Kommentare

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PeterG am So, 20.04.2025 - 09:13 Link

Und dann gibt es solche wie mich, die nicht in den hauptamtlichen Dienst dürfen, weil sie schon älter als 49 Jahre sind.