Die angehenden Pfarrerinnen und Pfarrer der evangelischen Landeskirche, ihre Ausbilder und das Hauspersonal des bisherigen Predigerseminars in Nürnberg haben zum Haus am Wöhrder See Adieu gesagt. Nach einem Abschiedsfest sei er "natürlich auch wehmütig, aber vor allem zukunftsgerichtet" sagte der Rektor des Studienseminars für Pfarrausbildung, Manacnuc Lichtenfeld im Gespräch mit dem Sonntagsblatt. Ende August werde er die Schlüssel zur Veilhofstraße 24 übergeben.

Die Pfarrausbildung der bayerischen evangelischen Kirche wird danach nicht mehr in dem romantisch am See in der Großstadt gelegenen Haus beheimatet sein. Dort waren 102 Jahre lang Vikarinnen und Vikare ausgebildet worden. Notwendige bauliche Maßnahmen und die 2023 eingeführte neue Vikariatskonzeption hatten einen solchen Schritt nötig gemacht. Man werde in Zukunft nicht nur einen einzigen "Identifikationsort, sondern eine Vielzahl von Identifikationsorten haben", sagte Lichtenfeld.

"Wir werden in die Regionen gehen und an viele Tagungsorte der Landeskirche."

Übergangsweise bezieht das Studienseminar-Team für die kommenden drei Jahre Büros in der Nürnberger Innenstadt. Danach sei ein Umzug in ein kirchliches Tagungshaus vorgesehen, in dem voraussichtlich die Hälfte der Ausbildung stattfinden werde. "Wir werden ein Studienhaus als Standbein haben und nicht nur auf Wanderschaft sein", versicherte Lichtenfeld. Welches Haus das sei, stehe noch nicht fest. Keine Perspektive sei für die Pfarrausbildung aber der geplante Evangelische Campus am Nürnberger Rathenauplatz.

Regionen sollen gestärkt werden

Die Landeskirche müsse sehen, wie sie mit ihren vielen Immobilien umgehe, so der Studienseminar-Leiter. Dafür brauche es eine "nüchterne und ökonomische Sichtweise". Die Pfarrausbildung breche neu auf und werde räumlich entgrenzt, erläuterte er. Dazu zähle er auch Kooperationen mit anderen Partnern oder die Vorbereitung auf die Arbeit im digitalen Raum.

Zum Studienseminar-Team gehören nach Auskunft ihres Leiters derzeit fünf ganze Theologenstellen. Von denen würden ab Herbst drei mit je zwei Frauen besetzt sein, die sich die Stelle teilen und mit einem anderen Stellenanteil in weiteren Bereichen, etwa in Gemeinden, arbeiten. Ihren Wohnsitz hätten die meisten nicht mehr nur im Nürnberger Raum, sondern auch in Schwaben, der Oberpfalz und Oberbayern. Dadurch werde die "Realitätswahrnehmung der verschiedenen Regionen stärker und wir sind in ganz Bayern stärker verankert", verspricht sich Lichtenfeld.

Zum neuen Konzept der Pfarrausbildung gehört, dass die bayerischen Vikarinnen und Vikare ab September 2025 gemeinsam mit denen aus der sächsischen Landeskirche ausgebildet werden. Im derzeitigen Vikarskurs, der im Frühjahr 2024 begonnen hat, lernen 21 Frauen und Männer, im Herbstkurs gebe es 20 Anmeldungen, sagte der Studienseminarleiter. Das Ausbildungsreferat rechne ab kommendem Jahr mit 15 Bayern und fünf Sachsen, die halbjährlich neu beginnen. Ein Jahr lang liefen noch das bisherige und das neue Ausbildungskonzept parallel.

Das Predigerseminar (PS) in Nürnberg

Das Predigerseminar, intern "PS" genannt, wurde 1922 unter anderem von Hans Meiser, dem späteren ersten Landesbischof der bayerischen Landeskirche gegründet. Er war gleichzeitig dessen erster Rektor. Der Pfarrernachwuchs könne gerade in der Großstadt "die Erfordernisse der Neuzeit kennenlernen, das Leben von Industriearbeitern, die sozialen Fragen im städtischen Bereich und die Herausforderungen an Prediger des Evangeliums in dieser neuen Zeit", sagte Meiser damals.

Das Gebäude des Predigerseminars steht auf dem Gelände des früheren "Veilhofs", eines landwirtschaftlichen Anwesens mit Bürgersitz. 1863 zog die "Nürnberger Erziehungsanstalt für arme und verwahrloste Kinder" in ein ehemaliges Fabrikgebäude in der Nähe dieses Bauernhofs. Dessen Neubau aus dem Jahr 1902 erwarb die Landeskirche 1922.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude von Brandbomben zerstört. Die charakteristischen Giebel und der neubarocke Dachstuhl wurden nicht wiederaufgebaut. Nach Kriegsende zogen Flüchtlingsfamilien in die Ruine, im Erdgeschoss fand das Hilfswerk des Landesvereins der Inneren Mission eine Unterkunft. Das Predigerseminar konnte im Sommer 1949 den Betrieb wieder aufnehmen.

Bis Ende der 1960er-Jahre wohnten die angehenden Pfarrer nach dem Theologiestudium ein Jahr lang im "PS", um ihre Studien fortzusetzen. In umliegenden Gemeinden und Schulen sollten sie erste Erfahrungen in Gottesdienst, Katechese und Seelsorge sammeln. Pfarrerinnen kamen erst seit der Einführung der Frauenordination 1975 dazu. Bis heute wurden an dem Ort etwa 3.000 bayerische Pfarrerinnen und Pfarrer ausgebildet.

Im Jahr 2022 beschloss die Landeskirche ein neues Konzept für die Ausbildung der Pfarrerinnen und Pfarrer. Das sieht nun vor, dass die Ausbildung an verschiedenen Orten und mit unterschiedlichen Kooperationspartnern stattfindet.

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