Zum 100. Geburtstag des Predigerseminars in Nürnberg ist auch Rückblick gehalten worden. Aber der Blick in die Zukunft der Ausbildung des Pfarrernachwuchses war beim Festprogramm am Samstag in Nürnberg noch wichtiger. Der evangelische bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm ging dazu auf den Gesamteindruck der Kirche in der Gesellschaft ein und forderte von seiner Kirche, die Alltagssorgen der Menschen besser zu kennen.

Bei der Veranstaltung zum 100-jährigen Bestehen der Ausbildungsstätte für den Pfarrernachwuchs sagte der Bischof, die Kirche müsse etwa "Wärmenetzwerke bilden, wenn im Winter Menschen nicht mehr genügend Geld zum Heizen haben. "Wenn wir wirklich fromm sind, dann müssen wir wahrnehmen, was in der Welt abgeht und werden selbst wahrgenommen", sagte er.

Er plädierte auch für eine größere Offenheit und Pluralität der Gesamtheit der Pfarrerinnen und Pfarrer. Die Gesellschaft sei lebendig und bunt, aber die Kirchen seien immer noch "ziemlich homogen".

In der Diskussion zur Ausbildung in der Kirche schlug die Vorsitzende der evangelischen Jugend Bayern, Katrin Vogelmann, mehr Angebote für junge Erwachsene vor. Sie könne sich vorstellen, ihnen in kirchlichen Gärten zu ermöglichen, Salat anzubauen oder ihnen Gemeindehäuser als Homeoffice-Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. "Probiert etwas aus - ohne Bürokratie", sagte Vogelmann.

Die Referentin für theologische Ausbildung im Landeskirchenamt, Isolde Schmucker, erklärte, der Pfarrerberuf sei im Kontext der Gesellschaft immer anspruchsvoller geworden. Eine Reform der Ausbildung wolle "die Wahrnehmung auf Welt und Wirklichkeit schärfen" und angehende Pfarrerinnen und Pfarrer für Veränderungsprozesse stärken.

Es gebe "ganz viele unterschiedliche Wege", wie Menschen der Zugang zur Kirche neu eröffnet werden könne, sagte in seinem Grußwort der Personalchef der evangelischen Landeskirche, Stefan Reimers. Die Persönlichkeiten der angehenden Pfarrerinnen und Pfarrer zu stärken, sei daher wichtig, "denn nicht alle können dasselbe". Das Vikariat müsse die Gemeinde und die Arbeitsfelder abbilden und müsse daher nicht mehr an den Ort Predigerseminar gebunden sein.

Predigerseminar Nürnberg wird geschlossen

Das Aus für das traditionsreiche Haus in der Veilhofstraße im Jahr 2024 war im vergangenen Jahr beschlossen worden. Notwendige Umbauten und die Brandschutztechnik machten es nötig, "über Alternativen nachzudenken", hieß es. Reimers verteidigte die Entscheidung, entschuldigte sich zugleich aber auch dafür, "dass wir dieses Haus aufgeben".

In einem abschließenden Gottesdienst zum Jubiläum in der Jugendkirche LUX sagte er, Pfarrerinnen und Pfarrer, die die Begegnung von Menschen untereinander und Menschen mit Gott "pflegen, feiern und leben", würden gebraucht. Denn Menschen "gehen einander an", weil man im Leben gemeinsam "auf schmalen Wegen" unterwegs, voneinander abhängig und aufeinander angewiesen sei. "Lebens-Netzwerke" zu stärken, sei eine zentrale Aufgabe der Kirche und damit auch der Pfarrerinnen und Pfarrer.

Das Predigerseminar am Wöhrder See wurde 1922 gegründet. Bis heute wurden hier etwa 3.000 bayerische Pfarrerinnen und Pfarrer ausgebildet. Zurzeit durchlaufen etwa 100 Vikarinnen und Vikare in fünf festen Gruppen den zweieinhalbjährigen Vorbereitungsdienst. Davon verbringen sie fünf Monate in Ausbildungskursen im Predigerseminar unter Leitung von Rektor Manacnuc Lichtenfeld und seinem Team. Die restliche Zeit arbeiten sie in Kirchengemeinden unter Anleitung einer Pfarrerin, eines Pfarrers.