Dieser "Vorstoß von unten" wurde möglich, weil sich die benachbarten Gemeinden schon lange gut verstehen und Synergie-Effekte nutzen. Zum anderen drehte sich das Personalkarussell: Im November 2017 verkündete Jonas Schiller überraschend, dass er sich um eine Stelle jenseits des Gemeindepfarramtes bewerben werde.

Anstatt seine Stelle auszuschreiben, dachten die Kirchenvorstände beider Gemeinden über die Möglichkeit, sich in Zukunft das Pfarrpersonal zu teilen, nach. Als Martin Brons Interesse bekundete, in einer neuen Konstellation eine ganze Pfarrstelle mit dem Schwerpunkt auf der Geschäftsführung beider Gemeinden zu besetzen und damit Schillers Part mit zu übernehmen, beantragte die Sebaldus-Gemeinde einen Ausschreibungsverzicht beim Landeskirchenrat in München, dem am Montag stattgegeben wurde.

"Wir gewinnen zwei volle Pfarrer für die Gemeindearbeit"

sagt Brons. Und die Gemeindegrenzen seien fließend. Man wolle der Logik folgen, wie die Menschen als Nutzer auf ihre Kirche zugehen und sich diesem Nutzungsverhalten anpassen. "Außerdem ist es Quatsch, wenn in dieser engen Region der Nürnberger Innenstadt ganz viele Angebote parallel laufen. Die Grenzen der Parochien finden nicht in den Köpfen der Menschen statt", meint auch Annette Lichtenfeld. Zeitgleich fänden sonntags zum Beispiel vier ähnliche Gottesdienste in den vier Innenstadtkirchen statt, während andere Dinge eben gar nicht liefen.

Auch Regionalbischof Stefan Ark Nitsche sowie Stadtdekan Körnlein waren sofort mit im Boot, die Idee umzusetzen. "So werden auftragsorientiert die Aufgaben gemeinsam angepackt", meint Körnlein. Seines Wissens nach gab es diese Situation, dass zwei Gemeinden sich die Pfarrstellen teilen, bisher noch nicht in der Landeskirche. Als die Idee vor einigen Wochen erstmals dem Landessynodalausschuss vorgestellt wurde, habe man offene Türen eingerannt.

Mittelfristig solle St. Sebald sein Profil als alte Parochiekirche stärken, während St. Egidien weiter als Kultur- und Veranstaltungskirche ausgebaut wird. Auch wollen die Beteiligten mit der Neuordnung einem drohenden "Streichkonzert" beim nächsten Landesstellenplan vorgreifen. Außerdem sei die Kooperation die logische Konsequenz einer Entwicklung, die bereits 2008 ihren Anfang nahm: Damals wurden die Gemeinden St. Egidien, St. Sebald, St. Lorenz und St. Jakob zum Gemeindeverbund der Innenstadtkirchen - mit gemeinsamen Pfarramt und gemeinsamen Pfarrgemeinderat.

Werden die beiden anderen Innenstadtgemeinden dem Beispiel bald folgen und ebenfalls Pfarrpersonal teilen? Das sei in den Augen von Stadtdekan Körnlein "Unfug": Zu unterschiedlich seien die Profile und Aufgaben von St. Jakob und St. Lorenz. Im bereits bestehenden Gemeindverbund aber, da klappe die Zusammenarbeit hervorragend.

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