Was junge Leute in 20 Jahren in und mit der Kirche anfangen, darf in der Kinder- und Jugendarbeit der Kirche von heute keine Rolle spielen, ist die Ansicht des Nürnberger Jugendreferenten und Diakons Sebastian Heilmann. Die Erwachsenen müssten Jugendlichen heute vielmehr Angebote machen, "die Kirche zu ihrer eigenen zu machen und ihnen für sie die Schlüssel übergeben".

Heilmann wird am Wochenende (30. Mai bis 1. Juni) beim größten Ehrenamtlichen-Treffen in der Evangelischen Jugend Bayern (EJB) in Pappenheim zum Thema "Junge Menschen und moderne Spiritualität" sprechen. In einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) warnt er davor, es zum Ziel von Kinder- und Jugendarbeit auszurufen, junge Leute an die Kirche zu binden.

"Niemand will missioniert werden" sagte Heilmann, "auch Kinder und Jugendliche nicht".

Es gehe in der Jugendarbeit darum, die Partizipation zu stärken. "Wir müssen uns an dem orientieren, was nah an der Lebenswirklichkeit ist und die jungen Leute in die Gestaltung mit hereinnehmen."

Diakon Heilmann: Konfi-Arbeit muss mit Kinder- und Jugendarbeit verschränkt werden

Heute könne man etwa Konfirmanden keinen herkömmlichen Unterricht mehr anbieten. "Die Idee, ihnen in einem bestimmten Zeitrahmen etwas beizubringen, zu prüfen und sie zu richtigen Christen zu machen, funktioniert nicht - das ist genauso wie bei Mathe und Erdkunde", sagte Heilmann. Konfirmandenarbeit müsse man mit der Kinder- und Jugendarbeit verschränken.

Es habe sich gut bewährt, wenn junge Leute über Menschen, besonders über Erfahrungen mit Ehrenamtlichen, Beziehungen zur Kirche aufbauten. "Ich habe noch nie gehört, dass einer bei der Kirche geblieben ist, weil in der Predigt die Bibelstelle in Kolosser 4 so gut ausgelegt wurde, sondern sie bleiben, weil sie prägende Personen, schöne Erlebnisse und Lagerfeuer mit ihr verbinden."

Moderne Spiritualität

Der Landesjugendkonvent befasst sich in Pappenheim mit dem Schwerpunktthema moderne Spiritualität unter dem Motto "Zwischen lost & found - Jugendliche auf der Sinnsuche". Während früher Spiritualität viel mehr mit Gottesdienst verbunden gewesen sei, gebe es zu ihr heute "einen viel bunteren Zugang", sagt der Diakon.

Dazu gehöre etwa, die spirituelle Dimension der Schöpfung bei einem Spaziergang durch den Wald zu erleben. Bei kleinen Kindern habe gerade das Spiel "etwas Heiliges", sagt Heilmann. Und allein schon die Gemeinschaft in der Gruppe beschere spirituelle Momente, ebenso ein Bergwochenende oder ein Musikprojekt.

Vom Brause- oder Konfetti-Segen über Konficamps, Jugendkirchen, bis zum offenen Treff sei alles möglich. Mit solchen Angeboten könne man die Gottesbeziehung der einzelnen Jugendlichen und ihre Antennen dafür wecken.

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JohannesH am Sa, 31.05.2025 - 12:57 Link

Was Diakon Sebastian Heilmann für die evang. Kinder- und Jugendarbeit völlig zurecht beschreibt, gilt prinzipiell auch für alle weiteren Altersstufen in einer säkularisierten Lebenswelt und einer individualisierten Religion. Oder, um Matthias Kroeger zu zitieren: "Eine verständliche und religiös wie theologisch offene und lebendige Kirche, die die freireligiös-spirituellen Menschen auf ihren Wegen unterstützten und begleiten könnte, wäre in unserer Gesellschaft so nötig wie das tägliche Brot [...]. Eine Kirche, die die Menschen mit Respekt für ihre religiöse Autonomie zu begleiten sucht, in deren Schätze Menschen sich bergen könnten, wäre eine dringede gesellschaftliche Notwendigkeit" (2015, S.89). Das würde für Kirche und ihre Theologie nicht weniger als einen Paradigmenwechsel zur Folge haben. Nicht mehr eine ecclesia docens wäre das Leitbild, sondern eine Kirche, die offene und weite spirituelle Räume für Menschen eröffnet. (Johannes Haeffner, Diakon, Evang. Hochschule Nürnberg).