Wie viele Generationen von Ministranten schon auf den hölzernen Esel mit Rollen geklettert sind, der mitsamt seiner Jesusfigur am Palmsonntag bis zur Reformation durch die Gassen Schwabachs gezogen wurde, weiß Tobias Schmid nicht.

Der Leiter des städtischen Museums ist aber stolz, die Figur aus der Spitalkirche in die Ausstellung bekommen zu haben. Das Ensemble ist immer noch gut erhalten. "Nur die Ohren wurden erneuert", weiß Schmid.

Und bis vor kurzem waren Esel und Reiter noch in der Kinderkirche im Einsatz. "Wenn der Pfarrer hört, wie hoch wir dieses Ausstellungsstück versichern mussten, wird künftig vielleicht besser darauf aufgepasst", lacht Schmid.

Fahne aus dem Jahr 1502

Heraus aus dem Museumsdepot in die frisch renovierten Räume im zweiten Stock geschafft haben es noch einige echte Hingucker: Ein lebensgroßer Adler empfängt die Besucher in einem Raum, der restaurierte Teile des alten Fürstenstuhls beherbergt, der lange in den Heiligen Johannes und Martin geweihten Kirche stand.

Dort findet man hinter Glas auch die Affalterbacher Kirchweihfahne aus dem Jahr 1502, ein Beutestück aus einer Schlacht zwischen dem Ansbacher Markgrafen Kasimir und der Reichsstadt Nürnberg, in der um die Vorherrschaft um das im Schwarzachtal gelegene Dorf Affalterbach gerungen wurde. Kasimir siegte und stiftete die Fahne, die das Wappen der Stadt Nürnberg trägt, der Stadt Schwabach.

Laut Tobias Schmid ist sie das älteste erhaltene Stadtbanner in ganz Süddeutschland. Weitere Exponate sind unter anderem jahrhundertealte liturgische Gefäße, ein Ablasskasten oder uralte Bücher der Kapitelsbibliothek, die vor 550 Jahren gegründet wurde.

Comic-Film

Ein extra für die Schau produzierter Comic-Film veranschaulicht die besondere Rolle der Stadtgemeinde bei der Einführung der Reformation in Schwabach. Und erklärt dem Besucher auch gleich, warum die Ausstellung mit "600 Jahre Stadt + Kirche" überschrieben ist. In der Goldschlägerstadt ging der Impuls des Kirchenbaus nämlich nicht von der Geistlichkeit, sondern direkt vom Volk aus.

"Die Herren vom Kloster Ebrach erlaubten den Bürgern den Bau einer für deren Verhältnisse sehr großen Kirche, wollten aber mit der Finanzierung nichts zu tun haben", erklärt Tobias Schmid. Die wechselhafte Baugeschichte kann man anhand eines Modells nachempfinden, das farblich die einzelnen Abschnitte und deren Entstehungszeit nachstellt.

Auch die Einführung der Reformation war keine Idee eines Ortsgeistlichen, sondern kam "von unten". So erfährt man im Stadtmuseum, dass die Bürger Schwabachs ab 1523 zunehmend unzufrieden waren mit den Trinkgelagen der Priester im Mönchshof, der heute noch als Gaststätte betriebenen Schänke.

Der letzte katholische Pfarrer Johannes Linck wurde buchstäblich aus der Stadt vertrieben – sein von ihm noch zu Lebzeiten selbst in Auftrag gegebener Grabstein ist heute mit fehlendem Sterbedatum in einer Wand der Stadtkirche eingelassen.

Hohes Bürgerengagement

Das hohe Engagement der Bürger für ihre Stadtkirche reicht bis hin zur letzten großen Kirchensanierung zwischen 2010 und 2015, die am Ende der Ausstellung ihren Platz hat.

"Heute ist die Kirche wie im Mittelalter wieder ein Ort, an dem nicht nur gebetet und Gottesdienst gefeiert wird, sondern in der auch Konzerte und Ausstellungen stattfinden", meint Tobias Schmid. An einer weißen Wand können die Besucher abschließend noch ihre persönliche Beziehung zur Kirche und ihre Wünsche mit Post-It-Zetteln anheften.

Das Jubiläum kommt für die mittelfränkische Gemeinde etwas überraschend: Erst 1995 wurde die Grundsteinlegung der Stadtkirche vor 500 Jahren gefeiert. Bei einer dendrochronologischen Untersuchung der Balken des Dachstuhls kam allerdings vor wenigen Jahren heraus, dass das Holz bereits 1418 geschlagen wurde. Die Ausstellung läuft bis zum 28. Februar 2021.