Am 5. Oktober startete der Vorverkauf für die 42. Oberammergauer Passionsspiele, geplant für 2020, abgesagt wegen Corona, verschoben auf 2022. 

Obwohl zum jetzigen Zeitpunkt kein Mensch sagen kann, ob es zur Premiere am 14. Mai 2022 statt einer Latte behördlicher Auflagen schon Medikamente oder einen Impfstoff gegen SarsCoV2 geben wird, packt Vertriebschef Walter Rutz alle rund 500.000 Tickets in den Warenkorb.

Woher nehmen die Oberammergauer diese Chuzpe? "Wenn wir schon zweifeln, wer soll dann glauben, dass die Spiele stattfinden?", fragt Rutz.

Christian Stückl über die Passionsspiele

So sieht es auch Spielleiter Christian Stückl: "Wir senden heute ein deutliches Signal: Wir wollen und wir werden spielen - auch wenn wir noch nicht wissen, wie", sagt der Regisseur.

Mit Corona-Theater hat der Intendant des Münchner Volkstheaters im Sommer 2020 reichlich Erfahrung sammeln können. Pro Darsteller zehn Quadratmeter Bühne und keine Berührungen?

"Das funktioniert im Passionsspielhaus mit tausend Leuten auf der Bühne überhaupt nicht", sagt Stückl mit leichtem Schauder.

Also bleiben Glaube und Hoffnung, diese zwei: "Wir müssen den Virologen glauben, dass es bis dahin vielleicht einen Impfstoff gibt." Und dass man auf behördliche Beschränkungen zur gegebenen Zeit reagieren müsse - "bis dahin hoffen wir."

Optimismus unter den Kultur-Liebhabern

Walter Rutz, Werkleiter des Oberammergauer Eigenbetriebs, spürt, dass sich die Stimmung der Menschen wandelt. 225.000 Karten seien nicht storniert, sondern umgebucht worden.

Dabei habe sich ein Trend abgezeichnet: "Im April hatten wir 70 Prozent Stornierungen und 30 Prozent Umbuchungen - im Juni war das Verhältnis schon 50 zu 50 und im September haben 80 Prozent der verbliebenen Kunden umgebucht", berichtet er.

Bei den Menschen zeige sich Optimismus, "und den tragen wir mit".

Vorbereitung: Hygienemaßnahmen für 2022

Dennoch will Walter Rutz auf möglichst viele Szenarien vorbereitet sein. Schließlich dürfte er derzeit nach geltenden Vorschriften grade mal 400 der 4.500 Plätze im Passionstheater besetzen.

"Wir denken deshalb über Plexiglasscheiben zwischen Sitzen nach, über viel mehr Toiletten, über Zugangsschleusen mit automatischer Fiebermessung", zählt Rutz auf.

Das ausgeklügelte Sicherheitskonzept, das aufgrund möglicher Terrorakte für die Spiele 2020 erstellt worden war, zahle sich nun auch mit Blick auf Corona aus: "Es wird vor jeder Tür jemand stehen und auf den nötigen Abstand achten."

Weitere mögliche Maßnahmen 

Und falls die Behördenauflagen eine Vollbesetzung des Theaters verbieten, könnte das mit Hilfe eines extra Spieltags abgefedert werden.

"Der Gemeinderat diskutiert, ob wir dann statt an fünf Tagen an sechs Tagen spielen, damit wir die Leute nicht enttäuschen müssen", verrät Stückl.

Weniger Publikum, weniger Darsteller auf der Bühne - Überzeugungstäter Stückl ist zu beinahe allem bereit. Nur einem Live-Stream der Passion erteilt er eine Absage: "Unser Ziel ist die Bühne, der Stream ist fürs Theater nicht die Zukunft."

Weiteres Vorgehen bis 2022

Die nächsten Meilensteine auf dem Weg zur Passion 2022 sind bereits datiert: Nach dem Haar- und Barterlass am Aschermittwoch nehmen die Werkstätten im September ihre Arbeit wieder auf.

Ab Oktober probt die Musik. Probenbeginn für die Darsteller ist im Dezember 2021. "Es gibt ein großes Wollen bei Dorf, Gemeinderat und Spielern", sagt Stückl:

"Wir kriegen die Passion hin, wir werden unser Gelübde erfüllen - unbedingt."

Im Jahr 1633 hatten die Oberammergauer nämlich gelobt, alle zehn Jahre das Leiden und Sterben Jesu aufzuführen, damit Gott sie von der Pest verschone.