Der 1. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichtes (OLG) hat den Freispruch für den umstrittenen Pastor Olaf Latzel aufgehoben. Mit dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts geht das Verfahren zurück an das Landgericht. Es muss nun von einer anderen Berufungskammer neu aufgenommen werden. Das Landgericht hatte den evangelischen Theologen am 20. Mai des vergangenen Jahres freigesprochen.

Es ging bei diesem Revisionsverfahren wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zwar erneut um das, was der Theologe vor mehr als zwei Jahren in einer "biblischen Fahrschule zur Ehe" gesagt hat. Im Fokus des Gerichtes stand auf Antrag der Staatsanwaltschaft aber einzig die Frage, ob der Freispruch der Vorinstanz formal korrekt war - oder ob es Rechtsfehler und Verfahrensverstöße gibt.

Latzel: "Genderdreck" ist "Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung"

Das, was Latzel im Oktober 2019 abfällig über Genderthemen und Homosexuelle äußerte, hat bundesweit Schlagzeilen gemacht. Homosexualität sei eine "Degenerationsform von Gesellschaft", sagte der Pastor der evangelikalen Bremer St.-Martini-Gemeinde vor etwa 30 Ehepaaren. Er schwadronierte vor einer "Homolobby". Und auch:

"Überall laufen diese Verbrecher rum von diesem Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist zutiefst teuflisch und satanisch."

Eine Tonaufnahme davon war im März des Folgejahres mit Zustimmung des Pastors auf dem reichweitenstarken Youtube-Kanal des Theologen veröffentlicht worden, der aktuell mehr als 46.000 Abonnenten hat. Das Bremer Amtsgericht hatte den Angeklagten aufgrund seiner Äußerungen im November 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro verurteilt.

Freispruch in Berufungsverfahren

Im Berufungsverfahren vor dem Landgericht wurde Latzel im Mai vergangenen Jahres freigesprochen. Die Kammer folgte damit dem Plädoyer des Verteidigers Sascha Böttner, für den Latzels Äußerungen von der Religions- und Meinungsfreiheit gedeckt waren. Richter Hendrik Göhner argumentierte unter anderem, der streng konservative Pastor habe von der Bibel her argumentiert.

Damit schloss sich Göhner der Einschätzung des Wiener katholischen Bibelwissenschaftlers Ludger Schwienhorst-Schönberger an, der im Verfahren als Sachverständiger ausgesagt hatte. In gesellschaftlicher Hinsicht allerdings, ergänzte der Richter am Ende seiner Begründung, seien Latzels Äußerungen "mehr als befremdlich". Sie leisteten keinen Beitrag für ein Klima, "in dem alle Menschen gut miteinander auskommen".

In der evangelischen Kirche sorgte der Freispruch vielfach für Bedauern. Latzel selbst sagte in der Berufung, er habe sich gegen Homosexualität und Gender-Mainstreaming gestellt, nicht aber gegen homosexuelle Menschen. Er sehe sich an das Wort Gottes gebunden, das Homosexualität verurteile. Mehrfach hatte er sich für "missverständliche Äußerungen" entschuldigt.

Wie reagiert die Bremer Landeskirche?

Weiter unklar ist, wie die Bremische Evangelische Kirche als Arbeitgeber des Pastors reagiert, der seit Dezember 2007 in der St.-Martini-Gemeinde predigt. Sie hat ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das allerdings momentan ruht.

"Eigentlich hat sich an der Lage in den vergangenen Monaten nichts geändert", sagte Kirchensprecherin Sabine Hatscher dem epd. Sobald ein rechtskräftiges Urteil feststehe, werde das Disziplinarverfahren wieder aufgenommen. Der dann mögliche Strafrahmen hänge direkt vom finalen Urteil ab, das die Kirchenleitung auf der Basis der schriftlichen Urteilsbegründung prüfen und bewerten werde.

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