Nach dem Neptun kommt, wenn man das Sonnensystem der Erde betrachtet, nicht mehr viel - nur die Ewigkeit. Bei der 37. bayerischen Landesgartenschau in Kirchheim (bei München) allerdings steht der Neptun, ein Schülerprojekt des dortigen Gymnasiums, in der "Garten-Sphäre" bei den Hochbeeten, und gleich dahinter kommt mit dem "Holy Garden" quasi "die Sphäre Gottes". So jedenfalls hat die Lehrerin den Jugendlichen erklärt, was sich da im "Paradiesgarten" der katholischen und evangelischen Kirche im nördlichsten Zipfel der Gartenschau abspielt, berichtet Andrea Strickmann vom Ordinariat München bei der Segnung des ökumenischen Treffpunkts am Eröffnungstag der Schau.
Hier, wo sich schon die "Mauern" einer Kathedrale aus Gräsern, Mohn und Kornblumen 40 Zentimeter in die Höhe strecken, haben Kardinal Reinhard Marx und Landesbischof Christian Kopp am Mittwoch das "Heilige Land" der Ökumene mit seinem "Paradiesgarten" aus acht Kunstwerken eröffnet. Marx bezeichnete den "Holy Garden" als "Gesamtkunstwerk", der zeige, wie Kirche sein solle:
"Wir arbeiten gemeinsam an einem Projekt, nicht an einem Problem."
Die Idee des "Heiligen" habe viel mit dem Gedanken einer anderen Welt zu tun, ergänzte Kopp: "Die Kunstobjekte hier können Menschen eine andere Welt eröffnen." Für diese Möglichkeit zur Inspiration lohne sich der weite Weg über die Brücke ins Heimat- und auch Kircheneck der Gartenschau allemal.
Kunst ist offene Sprache
Alle Kunstwerke - von den Munitionskisten-Gemüsebeeten über das Portal aus 4000 Jahre alten Moorschichten bis zu den scheuen Rehskulpturen in Flecktarn - thematisieren das Verhältnis von Mensch und Natur. Eine besondere Stellung nimmt das Salva-Vida-Feldkreuz des Künstlers Christian Schnurer ein, das den Abdruck einer Kinderschwimmweste von der Insel Lesbos zeigt und an das Schicksal tausender über das Mittelmeer Geflüchteter erinnert. "Kunst ist eine offene Sprache", sagte Andrea Strickmann, die zusammen mit ihrem evangelischen Kollegen Volker Herbert das Kirchenprogramm "zusammen blühen - wachsen - glauben" mit rund 700 Veranstaltungen auf der Gartenschau verantwortet. Sie spreche alle Menschen auf ihre Weise an und gebe ihnen eine Idee von dem, "was sein könnte".
Der kirchliche Treffpunkt selbst ist ebenfalls ein Kunstwerk: Das ganze Jahr über soll die luftige Pflanzenbasilika bis zu 70 Zentimeter hoch wachsen und immer wieder anders blühen, erklärte der Allgäuer Künstler Bruno Wank. Wie sich sein Konzept unter Echt-Bedingungen einer hochfrequentierten Gartenschau behauptet, bleibt spannend: Schon am Eröffnungstag nahmen einige Gäste lieber die Abkürzung quer über die "Mauer", statt die offiziellen Durchlässe zu benutzen. Wank sieht es gelassen: "Der Weg, den die Menschen selbst wählen, ist wichtig", findet er. Er werde die Ehrenamtlichen deshalb bitten, bei "Abkürzern" nicht einzugreifen: Analog zur römischen Kathedrale als Ort der Gerichtsbarkeit sollten die Wege der Menschen "zu ihrem Recht kommen."
Landesbischof Kopp: Holy Garden als Lebensraum
Landesbischof Kopp dankte bei der Eröffnungsfeier den über 40 Ehrenamtlichen, die bis zum Ende der Gartenschau am 6. Oktober täglich in zwei Schichten und "nicht nur bei gutem Wetter dafür sorgen, dass der Holy Garden ein Lebensraum für andere wird". In einer Zeit der gesellschaftlichen Polarisierung seien solche Orte der Zusammenkunft nötig, sagte Kardinal Marx:
"Auch die Landesgartenschau kann ein solcher Ort sein."
Die bayerische Landesgartenschau in Kirchheim trägt das Motto "Zusammen.Wachsen" und lädt vom 15. Mai bis 6. Oktober zu über 3500 Veranstaltungen ein. Das knapp 14 Hektar große Areal zwischen den Ortsteilen Kirchheim und Heimstetten ist in die fünf Sphären "Garten, Wildnis, Wasser, Wald, Wiese" unterteilt. 800 Bäume wurden für die Gartenschau laut Veranstalter neu gepflanzt, dazu Hecken, Sträucher und Stauden auf 20.000 Quadratmetern. Auf Kinder wartet ein eigenes Programm sowie zahlreiche Spielplätze.
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