Im Westchor von St. Sebald in der Nürnberger Innenstadt steht ein Prachtexemplar der Nürnberger Gießkunst. Auf dem Taufbecken aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts sind etliche Heilige zu sehen, an vier Seiten wird es von den Evangelisten flankiert. Für den Sebalder Pfarrer Martin Brons ist dies ein theologisch ganz bedeutender Ort, "wenn man sich vorstellt, wer da durch die Jahrhunderte in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen wurde". Das wohl bekannteste Kind, das hier aus der Taufe gehoben wurde, war Albrecht Dürer (1471-1528).

Wie im ausgehenden Mittelalter üblich, war Dürer ein frommer Mensch "mit all den Nöten und Sorgen, die der damalige Glaube mit sich gebracht hat", weiß Manuel Teget-Welz, Kunsthistoriker an der Friedrich-Alexander-Universität und Autor des Stadtführers "Albrecht Dürer. Spurensuche in Nürnberg". Und so war die Kirche immer wieder Dreh- und Angelpunkt der wichtigsten Ereignisse im privaten Leben des Künstlers. 1494 heiratete er Agnes Frey, die Tochter eines mit seinem Vater befreundeten Kupferschmieds. Nach der Eheschließung vor St. Sebald schritten die frisch Vermählten durch das Brautportal in die Kirche. Doch auch traurige Lebensereignisse beging Dürer hier, wie die Messen zur Bestattung seiner Eltern. Wenn Pfarrer Martin Brons durch St. Sebald geht, dann spürt er: "Das ist Dürers Kirche."

Stationen des neuen Albrecht Dürer-Stadtführers

St. Sebald ist nur eine Station auf der Spurensuche des Stadtführers. Von dort aus geht es weiter die Burgstraße hinauf. Hier findet sich der "Mikrokosmos" Dürers mit seinem Elternhaus, den Wohnhäusern seines Lehrmeisters Michael Wolgemut sowie des Kaufmannes Sebald Schreyer, über den Dürer Conrad Celtis und damit den Humanismus kennenlernte. "Nürnberg war damals eine sehr vernetze Handelsmetropole", erzählt Autor Teget-Welz, "und die Burgstraße gehörte sicherlich zu den vornehmsten in Nürnberg, in der hochspezialisierte Handwerker, Maler und vornehme Handelsherren arbeiteten." An der Kaiserburg vorbei führt die Tour zu dem Haus, in dem Dürer ab 1509 wohnte und arbeitete und das heute noch als Dürerhaus besichtigt werden kann.

Entwicklung des Stadtführers von Verein "Geschichte Für Alle"

Obwohl Albrecht Dürer in praktisch jedem Stadtführer über Nürnberg Erwähnung findet, fehlte ein Werk, das seinen Lebensstationen vor Ort nachspürt. Dabei gab es beim Verein "Geschichte Für Alle" bereits spezielle Führungen zu Dürer, sagt Geschäftsführer Bernd Windsheimer. "Wir hatten schon lange die Idee, in unsere Publikationsreihe der Historischen Spaziergänge auch Dürer aufzunehmen." Erste Konzepte wurden vom wissenschaftlichen Mitarbeiter Martin Schieber angelegt, nach seinem überraschenden Tod aber zunächst nicht weiter verfolgt.

Der Kunsthistoriker Manuel Teget-Welz, der auch als Rundgangsleiter im Verein aktiv war, realisierte den Plan letztendlich innerhalb von zwei Jahren. Die größte Herausforderung sei gewesen, "eine Biografie anhand der topografischen Stationen zu erzählen." Nun lassen sich die 56 Lebensjahre Albrecht Dürers, von denen er bis auf drei große Reisen die meisten in seiner Geburtsstadt verbracht hat, komprimiert in zwei Tagen ablaufen. Vom Geburtshaus über das Germanische Nationalmuseum, in dem einige Originalwerke ausgestellt sind, bis hin zu seinem Grab auf dem Johannisfriedhof.

In den Nürnberger Buchhandlungen gibt es eine rege Nachfrage nach dem Büchlein, obwohl zur Zeit wenig Touristen in der Stadt unterwegs sind. "Offensichtlich stößt Dürer auch bei den Menschen in der Region auf Interesse", freut sich Bernd Windsheimer. Schließlich stehe Dürer für Nürnberg wie kaum eine andere Person. Für Manuel Teget-Welz macht auch die schiere Fülle an überliefertem Material den Reiz an Dürer aus. Neben seinen Werken geben auch zahlreiche Briefe und Tagebucheinträge Einblicke in Dürers Gedankenwelt und Vorstellungen, "und da ist er einfach einmalig in seiner Zeit."