Haben Sie sich heute schon um den Zustand der Welt gesorgt? Mit dieser Frage leitet Sibylle Berg jedes ihrer sechzehn Interviews in "Nerds retten die Welt" ein. Sie spricht mit Wissenschaftler*innen aus den verschiedensten Disziplinen über deren Forschungsgebiete, die Bedeutung der Wissenschaft allgemein, Sexualität, das Patriarchat, Drogen, Männer, Frauen und den Klimawandel.

Große Themen - großartige Gesprächspartner*innen

Es geht also um die großen und weniger großen Themen unserer Zeit, wie man damit umgehen kann und wie weit der Forschungsstand in den einzelnen Wissenschaften ist. Die klare Stärke von "Nerds retten die Welt" liegt klar in der Auswahl der Gesprächspartner*innen, die aus Bereichen kommen, mit denen man sonst eher weniger in Kontakt kommt.

Sibylle Berg schafft es durch ihre Fragen dem Buch, trotz der unterschiedlichen Wissenschaften, die Überthemen nicht aus dem Blick zu verlieren. Charmant ist außerdem, dass man anhand der Fragen ganz klar Sibylle Bergs Standpunkte erkennen kann. Dadurch sind die Gespräch nicht neutral, aber überaus amüsant. Beispiele gefällig?

  • "Der Traum jeder Regierung ist die absolute Kontrolle. In den meisten Ländern des Westens können die Bürger weitgehend straffrei hetzen, sexuell übergriffig werden, den Arm zum Führergruß heben, sich besaufen, Kinder schlagen. Aber gepflegt in einem freundlichen Heroinhalbschlaf zu versinken, ist kriminell."

  • "Gerade konnte man Philipp Amthor in einem Video sehen, in dem er rassistische Dummheiten von sich gibt und dabei bei drei älteren Männern so um Anerkennung bettelt, dass man ein großes Mitgefühl für die Armseligkeit der männlichen Disposition bekommt. Wie kann ein Mann es schaffen, ohne die Anerkennung von fraternisierenden Männerbünden ein Selbstwertgefühl zuerhalten?"

Ein Buch über Probleme, aber mit jeder Menge Zuversicht

Auf den ersten Blick mag es nicht sonderlich erbaulich klingen, ein Buch zu lesen, das vor allem die Problemen unserer Zeit bespricht. Die Gesprächspartner*innen geben mit dem Einblick in ihre Forschung aber Zuversicht und rücken immer mal wieder Dinge in den Zusammenhang. Zum Beispiel, wenn Historikerin Hedwig Richter sagt:

"Demokratien führen außerdem untereinander so gut wie nie Krieg. Selbst weltweit hat die Zahl der Kriege gravierend abgenommen. (…) Sobald wir jedoch mehrere Jahrzehnte in den Blick nehmen, lässt sich eine Tendenz zu mehr Demokratie nicht abstreiten."

Na klar, haben wir aktuell viele Probleme, aber die Gespräche in "Nerds retten die Welt" geben mir als Leserin etwas Hoffnung zurück – und außerdem jede Menge spannende Forschungsgebiete und Personen, über die man gerne mehr erfahren möchte.

Mehr zu erfahren ist bei "Nerds retten die Welt" außerdem denkbar einfach.  Im Buch gibt es quasi eine Erweiterung ins Digitale, die es leicht macht, tiefer in Themen einzusteigen, die einen besonders interessieren: Bei jedem Gespräch finden sich am Rand der QR-Codes mit weiterführenden Links.

Fazit: Wahrscheinlich kein Buch, das man am Stück liest, aber perfekt für die Zeiten, in denen man sich ausklinken, aber dennoch etwas mit Substanz lesen möchte.