Die Wurfschleuder ist fast immer auf Achse. Das Gerät, doppelt so groß wie ein Schuhkarton, ist unhandlich und braucht Platz. Wer sie angeschafft hat, baut sie vielleicht einmal im Jahr bei einer Gartenparty auf. Für die Gemeindebücherei Schwarzenbruck war die Wurfschleuder die teuerste Anschaffung in ihrer Abteilung "Bibliothek der Dinge", die bisher rund 25 Gegenstände umfasst. Mehr als ein Dutzend Mal haben Familien das Katapult schon ausgeliehen.

"Das ist keine Raketenwissenschaft: wenn mehrere Menschen das gleiche Teil benutzen und es sich nicht selbst kaufen, ist das natürlich umweltfreundlicher", sagt Monika Eibl vom Bücherei-Team. Amrei Noä, Bibliothekarin in der Stadtbücherei Altdorf, ist begeistert von der Abteilung Dinge, die es bei ihr seit Kurzem gibt. "Wir zeigen damit, Büchereien sind nicht nur alt und mopsig", sagt sie. Hängematte, Strommessgerät, ein Mikroskop oder ein digitales Lesegerät gehören in Altdorf zu den ersten Anschaffungen. . "Eine logische Konsequenz der Ausleihkultur", sagt Lambert Zumbrägel, seien die "Bibliotheken der Dinge". Er ist in der Stadtbücherei Würzburg für die Einrichtung zuständig, die vom Strandbollerwagen, einer Töpferscheibe, einem DJ-Mischpult bis zum 3D-Drucker sogar 180 Gegenstände anbietet. Damit ist die Würzburger Stadtbücherei mindestens in Bayern eine der größten öffentlichen Dinge-Ausleih-Anbieter. 50 bis 60 Prozent Ausleihquote haben die Dinge für Haus, Garten und Freizeit. Sie sind also über die Hälfte des Jahres ausgeliehen. Eine Quote, auf die Bücher nur kommen, wenn sie Bestseller sind.

"Im Unterschied zu einem kommerziellen Vermieter etwa von Musikinstrumenten oder Teppichreinigern müssen die Kunden der Bibliotheken keine Miete entrichten", sagt der Würzburger Bibliothekar. Man wolle aber keine Konkurrenz aufbauen: Was Baumärkte oder Drogerien zum (bezahlten) Ausleihen anbieten, gibt es in Bibliotheken nicht, betonen sowohl Eibl als auch Zumbrägel.

Am Lehrstuhl für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Würzburg hat eine Studie festgestellt, dass Bibliotheken der Dinge von Menschen genutzt werden, die etwas ausprobieren wollen, die Ressourcen sparen wollen oder die weniger Besitz als befreiend empfinden. "Das ist definitiv ein Trend, den wir auch fördern", sagt Norbert Hellinger, der in der Bayerischen Staatsbibliothek in der Nürnberger Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen arbeitet.

Kirchliche Büchereien, von denen es bundesweit auch über 5.000 gibt, springen auch auf den Zug - aber sehr zögerlich. Stefanie Schmettlach, Bibliothekarische Referentin beim Evangelischen Literaturportal in Göttingen, stellt fest, dass es gerade vier evangelische Einrichtungen bundesweit mit Dinge-Bibliotheken gibt. Das liege aber daran, dass Gemeindebüchereien oft sehr klein seien. An mehreren Orten gebe es aber Kooperationen mit Saatgut-Bibliotheken - das nimmt nicht viel Platz weg.

Hellinger von der Staatsbibliothek kann spontan allein in Mittel- und Oberfranken ein halbes Dutzend Einrichtungen aufzählen, die sich von der Fachstelle in Sachen Dinge-Bibliothek beraten ließen. Dort erfahren sie beispielsweise, dass es nicht klug ist, Küchengeräte anzuschaffen und zu verleihen. "Das haut hygienisch nicht hin", warnt Zumbrägel. Natürlich wäre es schön, eine Popcornmaschine zu haben, sagt Eibl. Aber sie dann anschließend sauberzumachen, dafür habe das Bücherei-Team keine Zeit. Eine Zackenschere oder ein Laminiergerät dagegen kommen sauber zurück.

"Wir finden das Angebot ganz wunderbar, weil wir nicht unbegrenzt Platz in der Wohnung haben", sagt Claudia Schlesinger, Kundin der Bücherei in Schwarzenbruck. Das Laminiergerät, die Wurfschleuder und ein Riesenmikado-Spiel hat sie schon entliehen. Ein Aktenvernichter hat der Familie schon gute Dienste geleistet, erzählt die Mutter von zwei Söhnen. Nach einer Umfrage im Freundeskreis sei ein solches Gerät jedenfalls nicht aufzutreiben gewesen.

Die Idee der Dinge-Bibliothek möchte Lambert Zumbrägel noch um eine Idee erweitern. Er will Gegenstände in der Nachbarschaft vermitteln und im Stadtteil damit Vernetzungsarbeit leisten. Auf Schwarzen Brettern würden Dinge wie Ausziehleitern oder Vertikutierer angeboten. Wer sich dafür interessiert, erhält als Mitglied der Stadtbücherei die Adresse des Verleihers. "Es muss ja nicht jeder alles besitzen", sagt der Bibliothekar.

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