Die Bund-Länder-Vereinbarungen zur Verlängerung des Lockdowns bis Monatsende ernten ein geteiltes Echo. Zwar begrüßten die meisten Vertreter von Kommunen, Ärzten und Sozialverbänden die Beschlüsse vom Dienstag im Grundsatz, übten aber Kritik an Details.

Umstritten sind die verschärften Kontaktbeschränkungen im privaten Umfeld, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit in sogenannten Hotspots und die fortdauernde Schließung von Kitas und Schulen.

"Ich habe meine Zweifel, ob mit Bewegungseinschränkungen und Kontaktverboten zu mehr als einer Person außerhalb des eigenen Haushalts nicht der Bogen überspannt wird", sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager (CDU). Kinderärztepräsident Thomas Fischbach kritisierte die bundesweit geplante Verlängerung der Schulschließungen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) nannte die noch einmal verschärften Kontaktbeschränkungen für den privaten Bereich "unumgänglich".

Lockdown-Beschlüsse von Bund und Ländern

Bund und Länder hatten sich am Dienstag darauf verständigt, den seit Mitte Dezember geltenden Lockdown, der unter anderem die Schließung von Schulen, Kitas, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, der Gastronomie sowie großer Teile des Einzelhandels umfasst, bis zum 31. Januar zu verlängern und in Teilen zu verschärfen.

Mitglieder eines Hausstands dürfen sich nur noch mit einer nicht im Haushalt lebenden Person treffen. Personen in Regionen, in denen die Zahl der Ansteckungen bei mehr als 200 pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche liegt, sollen sich nur noch in einem Radius von 15 Kilometern um den Wohnort bewegen.

Kontaktbeschränkungen und Bewegungsfreiheit

Landkreistagspräsident Sager sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch), die Bewegungseinschränkungen brächten "große Teile der Bevölkerung in Schwierigkeiten, auf deren Mitmachen wir angewiesen sind".

Vor allem in ländlichen Räumen wirkten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit auf einen Radius von 15 Kilometern besonders. Bei den Schulen wiederum müsse es gelingen "spätestens im Februar, nach Möglichkeit zumindest in Landkreisen mit einer Inzidenz von unter 100, früher zu Öffnungen zu gelangen".

Der Deutsche Städtetag indes hält die Fortsetzung des Lockdowns und auch die Schulschließungen zur Verhinderung von Neuinfektionen für notwendig. "Bei den Kontaktbeschränkungen darf es keine Tabus geben. In der aktuellen Ausnahmesituation sollten auch an Schulen und Kitas die Kontakte so gering wie möglich gehalten werden", sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung (SPD) der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Mittwoch).

Unterricht an Schulen

Die Länder sollten verbindliche Regelungen für die Notbetreuung erlassen. "Die Maßnahmen des Lockdowns sollten so lange nicht gelockert werden, bis ein stabiler Abwärtstrend der Neuinfektionen in ganz Deutschland erkennbar ist", forderte der Leipziger Oberbürgermeister.

Kinderärztepräsident Fischbach sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch):

"Je jünger die Kinder sind, desto wichtiger ist der Präsenzunterricht. Für Kinder bis zehn Jahre, die erwiesenermaßen bei der Pandemie keine entscheidende Rolle spielen, müssen Kitas und Schulen unter Wahrung angemessener Hygieneregeln zumindest dort so schnell wie möglich wieder aufmachen, wo die Inzidenzwerte nicht im tiefroten Bereich sind."

Wo das Corona-Infektionsgeschehen besonders dramatisch sei, müssten natürlich Ausnahmen gemacht werden, dann müsse auch mal im Grundschulunterricht eine Maske getragen werden, räumte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte ein.

Anders als bei Kita- und Grundschulkindern sei die Lage bei Jugendlichen, die fast so infektiös seien wie Erwachsene. "Da muss man vorsichtig sein, hier braucht es Hybridmodelle, Online-Unterricht und so weiter", sagte der Verbandspräsident.

Familienministerin Giffey sagte, die besonderen Einschränkungen für Familien und Kinder müssten "sehr, sehr kurz" bleiben.

"Die ersten, die dran sind bei den Lockerungen, müssen die Kinder sein", sagte sie am Mittwoch im Deutschlandfunk. Aus Sicht des Berliner Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) sind Prognosen zu einer Öffnung von Schulen derzeit kaum möglich.

"Unsere Zahlen geben das noch nicht her, dass wir wieder in den Präsenzunterricht gehen können", sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch im "Morgenmagazin" der ARD. Erst in etwa zehn Tagen könne man sagen, ob eventuell für Grundschüler oder besondere Jahrgänge ab dem 18. Januar wieder Unterricht in Präsenz möglich ist.

Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) kündigte am Dienstagabend an, dass ein eingeschränkter Schulbetrieb für alle Klassen in Sachsen vom 8. Februar an wieder aufgenommen werden soll. Allerdings müssten vorher "die Zahlen deutlich runtergehen". Sachsen will die diesjährigen Winterferien von regulär 14 Tagen auf eine Woche verkürzen. Zudem soll der Ferienbeginn auf den 1. Februar vorgezogen werden.

Finanzen

Unterdessen sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), er halte die Belastung des Staatshaushalts durch den Corona-Lockdown für verkraftbar. "Wir können das lange durchhalten", sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Das Land habe in den vergangenen Jahren finanzielle Vorsorge getroffen. Deshalb könnten die notwendigen Hilfen nun bereitgestellt werden.

Akzeptanz der Bevölkerung

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie hält es wegen der weiterhin hohen Infektionszahlen und vielen Todesfälle für folgerichtig, den Lockdown zu verlängern. Doch nur eine überzeugende Strategie sichere auch die Akzeptanz der Kontaktbeschränkungen in der Bevölkerung. "Bei den Schulen und Kitas fehlt leider weiter eine solche kohärente Strategie. Das Ergebnis ist ein widersprüchlicher föderaler Flickenteppich", sagte Lilie.

Auch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hält die verschärften Corona-Schutzmaßnahmen für notwendig, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.

"Es ist richtig, die Bremse weiter anzuziehen", sagte die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Mittwoch).

"Ohne die Kontakt- und Aktivitätsbeschränkungen der vergangenen Wochen wäre unser Gesundheitswesen kollabiert", sagte Johna. Wo immer es möglich sei, sollten die Menschen Kontakte vermeiden. Mit der Verfügung von Maßnahmen allein sei es aber nicht getan, sie müssten auch durchgesetzt werden.