Lokale Webangebote im Netz haben Konjunktur. Ob 360-Grad-Videos, Nachrichtendienste oder interaktive Online-Angebote – in der Region haben Medienhäuser und kommerziellen Anbieter inzwischen längst auf die Digitalisierung reagiert. Auf der Local Web Conference (#lwc) 2017, die parallel zu den Lokalrundfunktagen in Nürnberg stattfand, wurden neue Projekte vorgestellt.
Snapchat bei der Pforzheimer Zeitung
Die Pforzheimer Zeitung möchte über Snapchat vor allem jüngere Zielgruppen erreichen. Wie Simon Walter erklärte, nutzt die Zeitung den Kanal für die lokale Berichterstattung und profitiert davon, mit jungen Leserinnen und Lesern ins Gespräch zu kommen. »Unsere Tageszeitung hat eine ältere Leserschaft im Durchschnittsalter von 58 Jahren, mit Snapchat erreichen wir die 14- bis 28-Jährigen«, erklärte Walter. Zwar lassen sich damit keine Erlöse generieren. Doch erreicht die Zeitung damit eine Zielgruppe, an die sie bislang nicht herankam.
Am Beispiel eines Bundesligaspiels zwischen Karlsruhe und Stuttgart und der Wahl zum Jugendgemeinderat erklärte Walter, wie die Lokalzeitung mit Fotos, Videos und Kurztexten ein junges Publikum anspricht. »Wir bekommen sehr klare und differenzierte Kommentare und Antworten auf unsere Berichte«, sagte Walter. Die Auseinandersetzung mit den Jugendlichen käme wiederum dem Printprodukt zugute: »Wir sind über diese Interaktion auf viele spannende Themen gekommen, die unsere Zeitung aufnehmen konnte«, so Walter.
360-Grad-Videos: Euronews
Auf 360-Grad-Videos setzt hingegen Euronews. Die Nachrichtenagentur hat im vergangenen Jahr mit Hilfe eines von Google finanzierten Projektes die Video-Berichterstattung mit 360-Grad-Kameras entwickelt, erklärte Thomas Seymat. Neben Synergie-Effekten in der Redaktion und einer Implementierung der neuen Technik ging es bei dem Projekt auch um die Schulung der Redakteurinnen, Grafiker, Videojournalisten und Kameraleute.
Als besonders erfolgreich schilderte Seymat die 360-Grad-Berichterstattung zur Wahl in Frankreich. Gemeinsam mit Lokaljournalisten der regionalen Zeitungen und Radiosender besuchten die Euronews-Redakteure Menschen in ganz Frankreich, um sie zu fragen, was sie von der aktuellen Politik und den bevorstehenden Wahlen denken. »Wir haben hier wunderbare und sehr emotionale Geschichten aus der ganzen Republik zusammengetragen«, sagte Seymat.
Blogger und Gemeinschaft: Mucbook
Auf Gemeinschaft und Kollaboration setzt das Münchner Projekt »Mucbook«, wie Betreiber Marco Eisenack erklärte. Mit einem Online-Stadtmagazin, einer Print-Zeitschrift, Mitgliedschaften und einem VIP-Programm richtet sich das Projekt gezielt an Münchner Bürgerinnen und Bürger. Die Webseite verbindet redaktionelle Texte mit gesponsorten Inhalten – und hat sich inzwischen dem Betreiber zufolge als Netzwerk der Kreativwirtschaft etabliert. Das Projekt finanziert sich über viele verschiedene Standbeine – unter anderem Blogger-Events und dem halbjährlich erscheinenden Magazin.
Live-Streaming im Radio: Jam FM
Den direkten Kontakt zu seinen Hörern sucht auch der Berliner Radio-Sender Jam FM. Mit Livestreaming begleitet der Sender Veranstaltungen. »Wir möchten unsere Hörerinnen soweit wie möglich mitbestimmen lassen«, erklärte Daniel Zoll. Als Beispiel nannte er interaktive Spiele, bei denen die Nutzer die weitere Aktion über die Kommentarfunktion mitbestimmen können.
Aggregieren von Inhalten: Focus Online local
Vor allem auf die lokale Reichweite setzt Focus mit seinem neuen Dienst Focus Online local. Aktuell und dennoch lokal sollen sich die Nachrichten auf den lokalen Seiten der Burda-Tochter zeigen, wie Oliver Markert sagte. Über eine interaktive Karte können die Nutzer auf die Inhalte ihrer Region zurückgreifen.
Technisch setzt Focus auf eine spezielle Software, die die Inhalte von Kooperationspartnern und Anbietern wie etwa den Kommunen oder der Polizei in die Seite integriert. Auch Roboter kommen verstärkt zum Einsatz: Sie produzieren Wetternachrichten und sorgen für die Übertragung von Daten in das System.
Schließlich sollen auch Amateure zum Zuge kommen. Über die Software können sich sogenannte »friends« über ein Formular eigene Fotos oder Textbeiträge einsenden. Mit dem gesamten Projekt will das Burda-Portal die Marke Focus online zur wichtigsten Seite für lokale Nachrichten machen. »Unsere Strategie zielt auf Nachrichten, Nutzwert und Emotion«, sagte Markert.