"Wenn Freie bedroht oder beleidigt werden, stehen Sender und Verlage in der Pflicht, ihnen juristische Unterstützung zu leisten", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall am Donnerstag in Berlin.

Gutjahr hatte am Dienstag in seinem Blog geschrieben, er beende seine Zusammenarbeit mit dem BR. Dabei erhob er schwere Anschuldigungen vor allem gegen Intendant Ulrich Wilhelm. Er sei wegen seiner Berichterstattung Morddrohungen, Verleumdungen und einem "Dauerbeschuss" durch "Verschwörungstheoretiker, Neonazis, Reichsbürger" ausgesetzt gewesen, schrieb Gutjahr. Anstatt zu helfen, habe Wilhelm "weggeschaut". Zudem habe der Intendant gegenüber dem BR-Rundfunkrat erklärt, man habe Gutjahrs "Prozesskosten beglichen". Tatsächlich aber habe zunächst seine eigene Rechtsschutzversicherung die Kosten übernommen, erklärte der Journalist.

Der BR wies die Vorwürfe zurück. Die Geschäftsleitung und der Vorsitzende des Rundfunkrats des Senders hätten sich mehrfach und intensiv mit allen Facetten des Falls beschäftigt, erklärte der BR am Mittwoch in München. Gutjahr habe eine finanzielle Unterstützung für Prozesskosten erhalten.

Der Hass, der dem Journalisten seit drei Jahren im Netz entgegenschlage, sei "beschämend", die Drohungen seien "erschütternd".

Gutjahr sei bereits seit März 2019 nicht mehr für den BR tätig gewesen, betonte der Sender. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Aufhebungsvertrag in gegenseitigem Einvernehmen geschlossen worden, nachdem der Journalist eine Weiterbeschäftigung in einem "auf seinen Themenbereich zugeschnittenen Bereich" nicht habe annehmen wollen.

Gutjahr war in den Fokus von Verschwörungstheoretikern geraten, nachdem er sowohl von dem islamistischen Terroranschlag in Nizza am 14. Juli 2016 sowie von dem Attentat am Münchner Olympia-Einkaufszentrum acht Tage später aus nächster Nähe berichtet hatte. Der Journalist und seine Familie werden seitdem massiv angefeindet und bedroht. Gutjahr war als "fester freier" Reporter für den BR tätig.

DJV-Chef Überall kritisierte die Reaktion des BR als "reflexhaft und völlig unangemessen". Das Thema gehöre vielmehr auf die Agenda der Rundfunkräte aller öffentlich-rechtlichen Anstalten.

Beim WDR sieht sich der freie Journalist Danny Hollek wegen eines Tweets zum "Umweltsau"-Song Beleidigungen und Morddrohungen ausgesetzt.

Die satirische Umdichtung des Kinderlieds "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad", die WDR2 am Freitag bei Facebook veröffentlicht hatte, hatte am Wochenende zu öffentlichen Auseinandersetzungen geführt. In dem Lied sang ein Kinderchor über eine fiktive Oma, die unter anderem mit dem SUV zum Arzt fährt, Kreuzfahrten macht und sich täglich billiges Discounterfleisch brät.

Das Video hatte der Sender am Samstag wieder gelöscht. Intendant Tom Buhrow entschuldigte sich in einer Sondersendung bei WDR2 "ohne Wenn und Aber" und sagte, die Veröffentlichung sei ein Fehler gewesen. Der DJV kritisierte Buhrows Reaktion als "wenig hilfreich".

Grünen-Rundfunkrätin fordert mehr Solidarität mit freien Journalisten

Mehr Solidarität mit dem Berufsstand der Journalisten fordert die Rundfunkrätin der bayerischen Landtags-Grünen, Susanne Kurz. Freie und feste freie Journalisten "sorgen täglich für Informationen und Inhalte", sagte Kurz laut einer Mitteilung in München. "Sie stellen durch ihre Arbeit das Funktionieren unserer Demokratie sicher." In Zeiten von Hetze und Gewalt brauche es "ein funktionierendes, institutionalisierendes System, mit dem der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk seine Mitarbeiter schützt und unterstützt".

Dass Deutschland nur Rand 13 von 180 in der Rangliste der Pressefreiheit belegt, nannte Kurz "beschämend". "Wenn wir objektive und sauber recherchierte Informationen wollen, müssen wir diejenigen, die sie erbringen, besser vor Gewalt schützen", sagte die Landtagsabgeordnete. Die täglichen Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten, hervorgerufen durch einen "ironischen Tweet" oder einen Fernsehkommentar, zeigten, dass es derzeit nicht viel brauche, um den Zorn von Menschen auf sich zu lenken.

Es gehe um nicht weniger als um das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung, sagte Kurz, die zu den 50 Mitgliedern des BR-Rundfunkrats zählt.